Europäisches Nachlasszeugnis – Vindikationslegat nach französischem Recht – OLG Saarbrücken Beschluss 23.5.2019 – 5 W 25/19
Der Beschluss des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 23. Mai 2019 bezieht sich auf die Anwendbarkeit der Europäischen Erbrechtsverordnung (EuErbVO)
in Bezug auf das deutsche Grundbuchverfahren.
Die zentrale Frage war, ob das Grundbuchamt einem nachgewiesenen Vindikationslegat nach französischem Recht seine dingliche Wirkung absprechen darf.
Ein Vindikationslegat ist ein Vermächtnis, das dem Begünstigten einen unmittelbaren Anspruch auf einen bestimmten Gegenstand des Nachlasses gewährt,
ohne dass eine weitere Handlung (z.B. eine Auflassung) erforderlich wäre.
Das Gericht entschied, dass nach der EuErbVO, wie sie durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) ausgelegt wird, ein solches Vindikationslegat auch in Deutschland dingliche Wirkung entfaltet.
Dies bedeutet, dass das Grundbuchamt die dingliche Wirkung eines nach französischem Recht wirksamen Vindikationslegats nicht absprechen darf.
Insbesondere darf das Grundbuchamt keine Auflassung oder Eintragungsbewilligung mehr verlangen, wenn diese im ausländischen Erbstatut nicht vorgesehen ist.
Im konkreten Fall war der Erblasser in Frankreich wohnhaft, und das Europäische Nachlasszeugnis wies seiner Witwe einen Anteil am Nachlass zu,
der ein Nießbrauchsrecht an einer Immobilie in Deutschland umfasste.
Das Grundbuchamt hatte die Eintragung des Nießbrauchsrechts abgelehnt, da es die dingliche Wirkung dieses Rechts nicht anerkannte und eine Eintragungsbewilligung durch die Erben forderte.
Das Oberlandesgericht hob diese Entscheidung auf und wies das Grundbuchamt an, den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu prüfen.
Das Gericht stellte klar, dass ein Europäisches Nachlasszeugnis als ausreichender Nachweis für die Richtigkeit der im Grundbuch eingetragenen Rechte dient.
Allerdings behält das Grundbuchamt das Recht, die Richtigkeit eines solchen Nachlasszeugnisses zu prüfen, insbesondere wenn Zweifel bestehen.
Im vorliegenden Fall war das Nachlasszeugnis jedoch ausreichend, um die dinglichen Rechte der Antragstellerin zu belegen.
Im französischen Erbrecht ist das Vindikationslegat (legs à titre particulier) eine besondere Form des Vermächtnisses, die dem Vermächtnisnehmer (légataire) ein direktes Eigentumsrecht an dem vermachten Gegenstand verschafft.
Das bedeutet, dass der Vermächtnisnehmer im Moment des Todes des Erblassers (de cujus) Eigentümer der Sache wird, ohne dass es einer Übertragung durch den Erben bedarf.
Unterschiede zum deutschen Recht:
Im deutschen Recht gibt es kein direktes Gegenstück zum Vindikationslegat. Hier erwirbt zunächst der Erbe das gesamte Vermögen des Erblassers
und muss den vermachten Gegenstand dann an den Vermächtnisnehmer herausgeben.
Voraussetzungen:
Beispiel:
Wenn der Erblasser in seinem Testament verfügt: „Mein Neffe Pierre soll mein Haus in Nizza erhalten“, so erwirbt Pierre mit dem Tod des Erblassers direkt das Eigentum an dem Haus.
Europäische Erbrechtsverordnung:
Die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO) hat die Anerkennung des Vindikationslegats in Deutschland erleichtert.
Nach der EuErbVO hat ein Vindikationslegat, das nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaates wirksam errichtet wurde, auch in Deutschland unmittelbare dingliche Wirkung.
Grundbuch:
Probleme können sich in Deutschland jedoch bei der Eintragung des Vindikationslegats im Grundbuch ergeben.
Das deutsche Grundbuchrecht akzeptiert das Europäische Nachlasszeugnis bislang nur als Nachweis der Erbfolge, nicht aber als Nachweis der Stellung eines Vermächtnisnehmers.
Es ist daher fraglich, wie in der Praxis mit einem Vindikationslegat an einem Grundstück umzugehen ist.
Fazit:
Das Vindikationslegat nach französischem Recht ist eine effiziente Möglichkeit, einem Vermächtnisnehmer direkt das Eigentum an einem bestimmten Gegenstand zu verschaffen.
In Deutschland ist die Anerkennung des Vindikationslegats durch die EuErbVO zwar erleichtert worden, es bestehen aber weiterhin Schwierigkeiten bei der Eintragung im Grundbuch.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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