Fehler bei der Beschlussfassung im Gesellschaftsrecht die zur Anfechtbarkeit führen

November 1, 2025

Fehler bei der Beschlussfassung im Gesellschaftsrecht die zur Anfechtbarkeit führen

Im deutschen Gesellschaftsrecht, insbesondere bei der GmbH und AG, sind Gesellschafter- oder Hauptversammlungsbeschlüsse die zentralen Willensentscheidungen der Eigentümer. Fehler in diesem Prozess können dazu führen, dass ein Beschluss anfechtbar ist. Im Gegensatz zu nichtigen Beschlüssen, die von vornherein als unwirksam gelten, ist ein anfechtbarer Beschluss zunächst wirksam und verliert seine Gültigkeit erst durch eine erfolgreiche Anfechtungsklage innerhalb einer meist kurzen Frist (oft ein Monat). Die Unterscheidung zwischen Anfechtbarkeit und Nichtigkeit ist dabei von großer praktischer Relevanz.

Die Gründe für eine Anfechtbarkeit lassen sich in der Regel in formelle (Verfahrens-) Fehler und inhaltliche (materielle) Fehler unterteilen.

Formelle Fehler (Verfahrensmängel)

Formelle Fehler betreffen die Vorbereitung, Einberufung, Durchführung und Dokumentation der Gesellschafter- oder Hauptversammlung. Sie führen zur Anfechtbarkeit, wenn sie gegen zwingendes Gesetz oder die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages (Satzung) verstoßen und kausal für den Beschluss sind. Zu den typischen formellen Mängeln zählen:

Fehler bei der Einberufung:

Die Einladung muss in der Regel form- und fristgerecht erfolgen und alle Gesellschafter (oder Aktionäre) müssen ordnungsgemäß geladen werden.

Unterschreitung der Ladungsfrist:

Wenn die gesetzliche oder satzungsmäßige Frist für die Einladung nicht eingehalten wird.

Nichteinladung teilnahmeberechtigter Personen:

Die Nichtladung eines oder mehrerer Gesellschafter, die teilnahme- und stimmberechtigt sind, ist ein klassischer und schwerwiegender Mangel.

Einberufung durch Unzuständige:

Wenn die Versammlung von Personen einberufen wird, die dazu nach Gesetz oder Satzung nicht befugt sind (dies kann unter Umständen auch zur Nichtigkeit führen, je nach Schwere).

Mängel in der Tagesordnung:

Die Gesellschafter müssen vorab ausreichend über die zur Beschlussfassung stehenden Gegenstände informiert werden.

Fehlende oder unzureichende Tagesordnung:

Wenn die Beschlussgegenstände in der Einladung nicht oder nicht hinreichend klar angekündigt wurden, sodass eine informierte Entscheidung nicht möglich war.

„Spontane“ Beschlussfassung:

Die Beschlussfassung über Punkte, die nicht auf der ordnungsgemäß mitgeteilten Tagesordnung standen, ist in der Regel anfechtbar, es sei denn, die Satzung lässt dies zu und alle Gesellschafter sind anwesend und stimmen zu.

Fehler bei der Durchführung der Versammlung:

Unzulässiger Versammlungsort:

Wenn die Versammlung an einem Ort abgehalten wird, der gegen die Satzung verstößt oder für die Gesellschafter unzumutbar ist und deren Teilnahme faktisch behindert.

Fehler bei der Beschlussfassung im Gesellschaftsrecht die zur Anfechtbarkeit führen

Fehler bei der Beschlussfähigkeit:

Wenn entgegen den satzungsmäßigen oder gesetzlichen Vorschriften über die Beschlussfähigkeit (Quorum) abgestimmt wird.

Verstoß gegen Rede- oder Fragerechte:

Eine unzulässige Einschränkung der Rechte der Gesellschafter, sich zu äußern oder Fragen zu stellen, die für die Entscheidungsfindung relevant sind.

Fehler bei der Stimmrechtsausübung:

Beispielsweise eine falsche Stimmauszählung, die Anwendung eines falschen Mehrheitserfordernisses oder die fehlerhafte Behandlung von Stimmverboten oder Stimmbindungen.

Inhaltliche Fehler (Materielle Mängel)

Inhaltliche Fehler beziehen sich auf den Inhalt des gefassten Beschlusses selbst und führen dann zur Anfechtbarkeit, wenn dieser gegen höherrangiges Recht oder grundlegende Prinzipien des Gesellschaftsrechts verstößt:

Verstoß gegen die Gesellschafterliche Treuepflicht:

Dies ist der zentrale Auffangtatbestand für inhaltliche Mängel, insbesondere im GmbH-Recht. Die Treuepflicht verlangt, dass die Gesellschafter ihre Rechte so ausüben, dass sie nicht die Gesellschaft oder Mitgesellschafter schädigen oder ungerechtfertigt bevorzugen. Ein Verstoß liegt vor, wenn:

Sondervorteile erstrebt werden: Ein Beschluss dient primär dazu, einem oder einzelnen Gesellschaftern einen ungerechtfertigten Vorteil auf Kosten der Gesellschaft oder der anderen Gesellschafter zu verschaffen (z.B. überhöhte Vergütung, ungerechtfertigte Sonderrechte).

Übervorteilung der Minderheit:

Ein Mehrheitsgesellschafter nutzt seine Macht, um der Minderheit willkürlich oder treuwidrig Nachteile aufzuerlegen, die nicht im Unternehmensinteresse liegen oder die zumutbare Lastenverteilung überschreiten.

Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz:

Gesellschafter, die sich in vergleichbarer Lage befinden, müssen auch gleich behandelt werden. Ein Beschluss, der ohne sachlichen Grund bestimmte Gesellschafter diskriminiert oder ungleich behandelt, ist anfechtbar.

Verstoß gegen den Gesellschaftszweck:

Beschlüsse, die offenkundig dem in der Satzung festgelegten Gesellschaftszweck zuwiderlaufen und das Unternehmensinteresse substanziell verletzen, können anfechtbar sein.

Verstoß gegen gesetzliche Stimmverbote:

Wenn ein Gesellschafter in einer Angelegenheit abstimmt, in der er aufgrund eines gesetzlichen Stimmverbotes (z.B. weil der Beschluss die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm selbst oder die Entlastung seiner Geschäftsführung betrifft) nicht stimmberechtigt war, und dieses Votum kausal für die Mehrheit war.

Abgrenzung und Konsequenz

Es ist entscheidend, dass nicht jeder formelle Fehler zur Anfechtbarkeit führt. Vielmehr muss der Mangel erheblich und kausal für den Beschluss sein, d.h., es ist davon auszugehen, dass der Beschluss bei ordnungsgemäßem Verfahren anders ausgefallen wäre.

Eine erfolgreiche Anfechtungsklage führt dazu, dass der Beschluss rückwirkend unwirksam wird. Wegen der kurzen Anfechtungsfrist ist rasches Handeln für den betroffenen Gesellschafter unerlässlich, um die Bestandskraft des fehlerhaften Beschlusses zu verhindern.

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