Fehler beim Rauchmeldertest – Stif­tung Waren­test zu Scha­dens­er­satz ver­ur­teilt

April 24, 2025

Fehler beim Rauchmeldertest – Stif­tung Waren­test zu Scha­dens­er­satz ver­ur­teilt

Urteil des LG Frankfurt vom 13. März 2025 (Teilgrund- und Teilurteil, Az. 2-03 O 430/21). 

RA und Notar Krau

Das Landgericht Frankfurt (LG) hat die Stiftung Warentest erstmals zu Schadensersatz verurteilt.

Grund dafür war ein als „unvertretbar“ eingestufter Test von Rauchwarnmeldern eines Herstellers, der späteren Klägerin, der mit der Note „mangelhaft“ bewertet worden war.

Dieser Fall könnte für die Stiftung Warentest weitreichende finanzielle Folgen haben und die Art und Weise ihrer Produkttests beeinflussen.

Im Testbericht von Ende 2020 hatte die Stiftung Warentest bemängelt, dass ein Rauchwarnmelder der Klägerin bei Testbränden zu spät ausgelöst habe.

Die Klägerin wehrte sich gegen diese Bewertung und zog vor Gericht, um den Testbericht verbieten zu lassen.

Zunächst scheiterte das Unternehmen vor dem Oberlandesgericht (OLG) Köln, da es die genauen Testbedingungen nicht kannte

und die Stiftung Warentest die entsprechenden Prüfberichte des beauftragten belgischen Instituts nicht herausgab.

Das OLG Köln sah die Beweispflicht für die Fehlerhaftigkeit der Tests bei der Klägerin, die diese ohne die Berichte nicht erbringen konnte (OLG Köln, Beschl. v. 09.03.2021, Az. 15 W 6/21).

Vor dem LG Frankfurt hatte die Klägerin im Hauptsacheverfahren jedoch Erfolg.

Anders als im einstweiligen Rechtsschutz, in dem es primär um eine schnelle vorläufige Regelung geht, greifen hier die Vorlagepflichten der Zivilprozessordnung.

Das Gericht forderte die Stiftung Warentest auf, die Prüfberichte vorzulegen.

Fehler beim Rauchmeldertest – Stif­tung Waren­test zu Scha­dens­er­satz ver­ur­teilt

Diese enthüllten schwerwiegende Mängel:

Das belgische Prüfinstitut hatte die maßgebliche DIN-Norm für Rauchwarnmelder nicht eingehalten, indem es Testfeuer mit unzureichender Rauchentwicklung durchführte.

Ein Sachverständiger bestätigte, dass die Melder unter diesen Bedingungen kaum auslösen konnten.

Das LG Frankfurt wertete das Testergebnis „mangelhaft“ daher als „schlicht unvertretbar“ und rechtswidrig, da es auf einer falschen Tatsachengrundlage beruhe und das Recht des Unternehmens am Gewerbebetrieb verletze.

Die Stiftung Warentest räumte die Fehlerhaftigkeit des Tests ein, nahm das Urteil „mangelhaft“ öffentlich zurück und entschuldigte sich bei der Klägerin.

Bezüglich der Unterlassungsansprüche erfolgte ein Anerkenntnisurteil.

Strittig blieb jedoch der von der Klägerin geforderte Schadensersatz in Höhe von über 7,7 Millionen Euro für entgangene Gewinne.

Das Unternehmen argumentierte, der Umsatz sei nach der negativen Veröffentlichung um 30 Prozent eingebrochen, was die breite Wirkung der Stiftung Warentest auf Kaufentscheidungen zeige.

Die Stiftung Warentest argumentierte, kein eigenes Verschulden zu tragen, da das beauftragte Prüfinstitut die Fehler begangen habe.

Das LG Frankfurt wies dies jedoch zurück und bejahte ein Verschulden der Stiftung aufgrund einer sogenannten Fiktionshaftung nach § 31 BGB.

Demnach muss sich die Stiftung das Verschulden des Prüfinstituts zurechnen lassen, da die Durchführung solcher Tests eine wesentliche Aufgabe der Stiftung sei,

die sie entweder selbst erfüllen oder nach ihren Weisungen durchführen lassen müsse.

Das Gericht betonte das „besondere Risikopotential“ negativer Testurteile für Unternehmen und die hohe Vertrauenswürdigkeit der Stiftung in der Bevölkerung.

Fehler beim Rauchmeldertest – Stif­tung Waren­test zu Scha­dens­er­satz ver­ur­teilt

Es sei unzumutbar, wenn Unternehmen bei fehlerhaften Tests schutzlos dastünden, da sie das im Hintergrund agierende Prüfinstitut nicht direkt haftbar machen könnten.

Das LG Frankfurt ließ auch das Argument der Stiftung Warentest, eine Haftung nach § 31 BGB ohne Exkulpationsmöglichkeit sei eine „unzumutbare Belastung“, nicht gelten.

Im vorliegenden Fall hätte die Stiftung die Fehler durch einfache Prüfung der Testprotokolle erkennen können.

Die Richter wiesen zudem darauf hin, dass die Stiftung Warentest als „hochprofessionelle Akteurin“ nicht mit einem Laien verglichen werden könne und die „Hoheit über das Geschehen“ bei der Testdurchführung gehabt habe.

Der Anwalt der Klägerin sprach von der „ersten erfolgreichen Schadensersatzklage wegen Warentest“ und sieht darin einen Präzedenzfall.

Die Stiftung Warentest kündigte Berufung gegen das Urteil an, da sie keine Pflichtverletzung ihrerseits sieht und befürchtet,

bei einer Haftung für Fehler von Prüfinstituten keine unabhängigen Tests mehr durchführen zu können.

Das OLG Frankfurt wird sich nun mit der Berufung beschäftigen und klären müssen, ob die Stiftung Warentest für das Verhalten ihrer beauftragten Prüfinstitute haftet.

Unabhängig davon wird das LG Frankfurt in einem zweiten Schritt über die Höhe des Schadensersatzes entscheiden müssen.

Der Ausgang dieses Verfahrens könnte die zukünftige Testpraxis der Stiftung Warentest und deren Verantwortung erheblich beeinflussen.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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