Fehlerhafte Widerrufsbelehrung im Fernabsatz
Das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 08. April 2025 (Az.: 6 U 126/24) befasst sich mit den Rechtsfolgen des Widerrufs eines im Fernabsatz geschlossenen Kaufvertrags über ein Elektroauto.
Kernpunkte des Urteils sind die Wirksamkeit des Widerrufs aufgrund einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung und die daraus resultierenden Ansprüche und Gegenansprüche der Parteien.
Der Kläger kaufte im Juni 2022 über den Onlineshop der Beklagten ein Elektroauto zum Preis von 64.970,00 €.
Die Widerrufsbelehrung in den Vertragsunterlagen enthielt nach Ansicht des Klägers mehrere Mängel.
Unter anderem fehlte die Telefonnummer des Unternehmens, obwohl eine Telefaxnummer angegeben war, die nicht funktionierte.
Zudem wurde der Begriff des Verbrauchers verwendet, ohne ihn zu erläutern, und es fehlten Angaben zu den Kosten der Rücksendung.
Im Dezember 2023 widerrief der Kläger den Kaufvertrag.
Die Beklagte wies den Widerruf zurück und verweigerte im April 2024 die Rücknahme des Fahrzeugs.
Der Kläger klagte daraufhin auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs, Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten und Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten.
Die Beklagte erhob hilfsweise Widerklage auf Feststellung von Wertersatzansprüchen für den Wertverlust des Fahrzeugs.
Das Landgericht wies die Klage ab.
Es war der Ansicht, dass der Widerruf verspätet erklärt worden sei, da die Widerrufsbelehrung nicht fehlerhaft gewesen sei.
Das Oberlandesgericht änderte das Urteil des Landgerichts ab und gab der Berufung des Klägers überwiegend statt.
Das OLG Stuttgart kam zu dem Ergebnis, dass der Widerruf des Klägers wirksam war, da die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprach.
Die Belehrung war fehlerhaft, weil sie den Verbraucher nicht klar und verständlich über das Bestehen seines Widerrufsrechts informierte,
sondern die Beurteilung der Voraussetzungen dem Verbraucher überließ.
Zudem enthielt die Belehrung eine unzutreffende Information über die Kostentragung bei der Rücksendung.
Da der Kläger nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wurde, begann die Widerrufsfrist nicht zu laufen, und der Widerruf erfolgte somit rechtzeitig.
Aufgrund des wirksamen Widerrufs hat der Kläger gemäß § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 64.970,00 € Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs.
Der Anspruch auf Zinsen besteht ab Rechtshängigkeit.
Das Gericht stellte zudem fest, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs im Annahmeverzug befindet, da der Kläger das Fahrzeug ordnungsgemäß zur Rückgabe angeboten hatte.
Der Anspruch auf Erstattung der Kosten für die nachgerüstete Anhängerkupplung wurde mangels Nachweis eines direkten Zusammenhangs mit dem widerrufenen Kaufvertrag abgewiesen.
Ebenso wurde der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten mangels schlüssigen Vortrags zum Verzug der Beklagten abgelehnt.
Die hilfsweise Widerklage der Beklagten auf Feststellung von Wertersatzansprüchen gemäß § 357a BGB für den Wertverlust des Fahrzeugs wurde abgewiesen.
Nach Ansicht des OLG Stuttgart besteht ein Anspruch auf Wertersatz gemäß § 357a Abs. 1 Nr. 2 BGB nur dann, wenn der Unternehmer den Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht unterrichtet hat.
Da dies im vorliegenden Fall nicht geschehen war, entfällt der Wertersatzanspruch.
Allerdings gab das OLG Stuttgart der hilfsweise geltend gemachten Feststellungsklage der Beklagten auf Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 BGB teilweise statt.
Es stellte fest, dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten alle Schäden zu ersetzen, die aus der Nutzung des Fahrzeugs in der Zeit vom 29. Dezember 2023
(dem Tag des Widerrufs) bis zum 18. März 2025 (Schluss der mündlichen Verhandlung) entstanden sind.
Die fortgesetzte Nutzung des Fahrzeugs nach dem Widerruf stellt eine Pflichtverletzung des Klägers aus dem Rückgewährschuldverhältnis dar.
§ 361 Abs. 1 BGB schließt einen solchen Schadensersatzanspruch des Unternehmers nicht aus.
Das Urteil des Landgerichts Heilbronn wurde abgeändert.
Die Beklagte wurde zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs verurteilt.
Der Annahmeverzug der Beklagten wurde festgestellt.
Auf die Hilfswiderklage wurde festgestellt, dass der Kläger zum Schadensersatz für die Nutzung des Fahrzeugs nach dem Widerruf bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung verpflichtet ist.
Im Übrigen wurden Klage und Hilfswiderklage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits wurden entsprechend dem Obsiegen und Unterliegen der Parteien verteilt.
Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde zugelassen.
Das Urteil des OLG Stuttgart unterstreicht die strengen Anforderungen an die Widerrufsbelehrung im Fernabsatz.
Eine fehlerhafte Belehrung führt dazu, dass die Widerrufsfrist nicht beginnt und der Verbraucher sein Widerrufsrecht auch nach längerer Zeit
noch ausüben kann, ohne Wertersatz für den zwischenzeitlichen Wertverlust leisten zu müssen.
Gleichzeitig betont das Urteil die Pflichten des Verbrauchers im Rückabwicklungsverhältnis, insbesondere die Pflicht zur Unterlassung der weiteren
Nutzung der Ware nach dem Widerruf, bei deren Verletzung Schadensersatzansprüche des Unternehmers entstehen können.
Die Zulassung der Revision durch das OLG Stuttgart zeigt die grundsätzliche Bedeutung der aufgeworfenen Rechtsfragen
und die Notwendigkeit einer einheitlichen Rechtsprechung durch den Bundesgerichtshof.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.