Fernunterrichtsgesetz – Nichtigkeit Vertrag und Rückzahlung

Oktober 29, 2025

Fernunterrichtsgesetz – Nichtigkeit Vertrag und Rückzahlung

Datum: 08.08.2025
Gericht: Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper: 21. Zivilsenat
Entscheidungsart: Hinweisbeschluss
Aktenzeichen: 21 U 13/25

Zusammenfassung: OLG Köln, 21 U 13/25 vom 08.08.2025

Worum geht es?

Das Oberlandesgericht Köln hat in diesem Verfahren über die Berufung (die „zweite Instanz“) der Beklagten entschieden, die sich gegen ein Urteil des Landgerichts (LG) Köln wehrte. Das Landgericht hatte die Beklagte zuvor dazu verurteilt, dem Kläger Geld zurückzuzahlen, weil der Vertrag zwischen den beiden Parteien als nichtig angesehen wurde.

Die Entscheidung des OLG Köln

Das OLG Köln, genauer der 21. Zivilsenat, hat die Parteien mit einem sogenannten Hinweisbeschluss darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Das bedeutet:

Das OLG hält das Urteil des Landgerichts für richtig und sieht keine Chance für die Beklagte, in der Berufung zu gewinnen. Eine mündliche Verhandlung ist aus Sicht des Gerichts nicht nötig.

Die wichtigsten Argumente des Gerichts (Warum wird das Urteil bestätigt?)

Das Gericht stützt sich auf die folgenden Hauptpunkte, um die Nichtigkeit des Vertrages zu bestätigen:

Anwendung des Fernunterrichtsgesetzes (FernUSG)

Der Vertrag wurde wegen eines Verstoßes gegen das Fernunterrichtsgesetz (FernUSG) für nichtig erklärt.

Fernunterrichtsgesetz – Nichtigkeit Vertrag und Rückzahlung

Nichtigkeit des Vertrages:

Das LG Köln hatte die Nichtigkeit nach §7 und §12 FernUSG festgestellt. Das OLG schließt sich dieser Ansicht an.

Geltungsbereich:

Das OLG bestätigt, dass das FernUSG nicht nur für Verbraucher (Privatpersonen), sondern auch für Unternehmer gilt. Es ist unerheblich, ob der Vertrag zu gewerblichen oder beruflichen Zwecken abgeschlossen wurde. Es reicht, dass es ein Vertrag über Fernunterricht ist.

Definition von „Fernunterricht“ (Räumliche Trennung)

Das FernUSG gilt, wenn Lehrender und Lernender räumlich getrennt sind.

Online-Unterricht ist Fernunterricht:

Die Beklagte meinte, es liege keine räumliche Trennung vor. Das OLG ist jedoch der Meinung, dass Online-Unterricht, bei dem sich Lehrender und Lernender an verschiedenen Orten aufhalten, das Merkmal der räumlichen Trennung erfüllt.

Kein „asynchroner“ Unterricht nötig:

Es ist nicht notwendig, dass der Unterricht überwiegend asynchron (also zeitversetzt, z. B. durch vorproduzierte Videos ohne direkte Interaktion) erfolgt. Auch Live-Videokonferenzen, bei denen man sich an verschiedenen Orten aufhält, fallen unter das Gesetz.

Gesetzzweck:

Der Zweck des Gesetzes ist der Schutz vor unseriösen Angeboten. Das Gericht argumentiert, dass dieser Schutz gerade bei Online-Unterricht wichtig ist, da dieser mit geringem Aufwand verbreitet werden kann und bei reinen Online-Angeboten die soziale Kontrolle geringer ist als bei Präsenzveranstaltungen.

Überwachung des Lernerfolgs

Damit das FernUSG greift, muss auch die Überwachung des Lernerfolgs (im Sinne von §1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG) geschuldet sein.

Weite Auslegung:

Dieses Merkmal wird weit ausgelegt. Es reicht aus, wenn der Teilnehmer die Möglichkeit hat, in einer begleitenden Veranstaltung oder Kommunikation (z. B. Messenger-Gruppe, Videokonferenzen) mündliche Fragen zu stellen und so eine individuelle Kontrolle seines Lernerfolgs zu erhalten. Eine einzige Lernkontrolle genügt.

Im konkreten Fall:

Das Gericht sah diese Möglichkeit der individuellen Lernkontrolle in der Leistungsbeschreibung des Programms gegeben (z. B. durch die Möglichkeit, eine „zweite Meinung“ einzuholen, durch gezielte Fragen in Live-Coachings).

Rückzahlungsanspruch und Wertersatz

Wird ein Vertrag für nichtig erklärt, muss das Geleistete grundsätzlich zurückgegeben werden (Rückzahlungsanspruch des Klägers). Die Beklagte argumentierte, dass der Kläger zumindest einen Wertersatz für die erbrachten Dienste leisten müsse.

Beweislast der Beklagten:

Das Gericht stellt klar, dass die Beklagte beweisen muss, dass dem Kläger durch ihre Dienste tatsächlich ein Wert (eine Ersparnis) entstanden ist.

Pauschaler Verweis genügt nicht:

Die bloße Aussage, der Wert des Coachings entspreche der vertraglich vereinbarten Vergütung, reicht nicht aus.

Keine Ersparnis dargetan:

Die Beklagte hat nicht konkret aufgezeigt, dass der Kläger durch die Dienste konkrete Aufwendungen in Höhe der Klageforderung oder sonstiger Höhe erspart hat (z. B. dass er sonst jemand anderen für dieselbe Leistung hätte bezahlen müssen).

Ergebnis und Nächste Schritte

Das OLG ist einstimmig der Ansicht, dass die Berufung der Beklagten keine Aussicht auf Erfolg hat. Es bietet der Beklagten an, die Berufung freiwillig zurückzunehmen, was in der Regel zu geringeren Gerichtskosten führt.

RA und Notar Krau

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