FG Kassel 8 K 399/02

August 4, 2022

FG Kassel 8 K 399/02,

Urteil vom 24.03.2009

Tatbestand

Die Klägerin und die beklagte Behörde streiten im Wesentlichen über die Auslegung des gewerbesteuerlichen Sondertatbestands des § 18 Abs. 4 Umwandlungssteuergesetz –UmwStG–. Streitig ist, ob durch die Umwandlung einer Körperschaft in eine Personengesellschaft und die Veräußerung der Anteile an der Personengesellschaft Gewerbesteuer ausgelöst wird oder nicht. Dem Rechtsstreit liegt nachfolgender Sachverhalt zu Grunde:

An der S-KG, A, waren Herr B als Komplementär und Frau B als Kommanditistin beteiligt.

Die S-KG – im Folgenden kurz: KG – hatte mit Wirkung zum 01.01.1980 das bisher von ihr betriebene Handelsunternehmen, mit Ausnahme des Anlagevermögens und langfristiger Investitionskredite, auf die S-GmbH, A, übertragen und das zurückbehaltene Anlagevermögen mit Pacht- und Betriebsüberlassungsvertrag vom 02.01.1980 an diese verpachtet. Der Pacht- und Betriebsüberlassungsvertrag wurde in der Vergangenheit mehrfach geändert und ergänzt und nach Aktenlage letztmals mit Vereinbarung vom xx.xx.1997 neugefasst.

Alleiniger Gesellschafter der S-GmbH – im Folgenden kurz: GmbH – war Herr B.

Durch notariellen Einbringungsvertrag des Notars C vom …. (Urkundenrolle Nr. /1998) brachte der Gesellschafter B die von ihm gehaltene Beteiligung an der GmbH gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die KG ein und trat den Geschäftsanteil an der GmbH an die KG ab. Die Einbringung des von B gehaltenen Geschäftsanteils erfolgte zum Buchwert.

Ausweislich des Protokolls der Gesellschafterversammlung der KG vom xx.xx.1998 nahmen die Gesellschafter der KG – der Komplementär B und die Kommanditistin B – die S-Verwaltungs-GmbH als weitere persönlich haftende Gesellschafterin in die KG auf. Die S-Verwaltungs-GmbH leistete keine Einlage und war am Jahresergebnis der KG nicht beteiligt.

Der – bisherige – Komplementär B schied in dieser Funktion aus der KG aus und trat als Kommanditist mit einer festen Kapitaleinlage – durch Einbringung der Beteiligung an der GmbH – in die KG ein.

Durch Kauf- und Übertragungsvertrag, ebenfalls vom xx.xx.1998, veräußerte die Kommanditistin B ihre gesamte Gesellschaftsbeteiligung an der KG an B und schied zum xx.xx.1998 aus der KG aus.

Die Firma der KG wurde in S-GmbH & Co. KG geändert und der Gesellschaftsvertrag unter dem xx.xx.1998 neu gefasst. Gegenstand der Gesellschaft ist – weiterhin – der Handel mit , und sowie artverwandter Produkte, der Betrieb von sowie der Vertrieb einschließlich Montage und Wartungsdienst für .

Durch notarielle Urkunde des Notars Z vom xx.xx.1999 (Urkundenrolle Nr. xx/1999) wurde die GmbH als übertragender Rechtsträger auf die S-GmbH & Co. KG als übernehmender Rechtsträger verschmolzen. Die S-GmbH & Co. KG übernahm das gesamte Vermögen und sämtliche Verbindlichkeiten der GmbH gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten. In § 2 Abs. 4 des Verschmelzungsvertrags vom xx.xx.1999 heißt es:

„Die Vertragsparteien weisen klarstellend nochmals darauf hin, dass die Verschmelzung nicht zum 01.01.1999, sondern zum 31.12.1998 erfolgt.“

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Der Umwandlung lag die Verschmelzungsbilanz der S-GmbH & Co. KG zum 31.12.1998 zu Grunde. Die Eintragung der Verschmelzung ins Handelsregister des Amtsgerichts A erfolgte am xx.03.1999.

Mit Unternehmenskaufvertrag vom xx.11.1998 veräußerte der Gesellschafter B seine Beteiligung an der S-GmbH & Co. KG an die Firma X-GmbH & Co. KG, K, mit wirtschaftlicher Wirkung zum 31.12.1998 mit der Maßgabe, dass zunächst nur Gesellschaftsbeteiligungen in Höhe von 90 % abgetreten wurden und die verbleibenden 10 % an der S-GmbH & Co. KG treuhänderisch vom Verkäufer als Treuhänder für die Käuferin als Treugeberin nach Maßgabe eines gesondert abzuschließenden Treuhandvertrages gehalten werden.

In § 3 des Unternehmenskaufvertrages vom xx.11.1998 heißt es:

„Übergabestichtag im Sinne dieses Vertrages ist der 31.12.1998, 24.00 Uhr. Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass der Übergang nicht zum 01.01.1999, sondern zum 31.12.1998 erfolgt.“Der Kaufpreis für die Gesellschaftsbeteiligung des Verkäufers betrug DM.In § 1 des Vertrages hatten die Parteien ausgeführt, dass die Verschmelzung der GmbH mit der S-GmbH & Co. KG zum 31.12.1998 erfolgt.Wegen der weiteren Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen wird auf Bl. 1 – 63 der blauen Heftspange Bezug genommen.

Im März 2001 führte die Großbetriebsprüfungsstelle des Finanzamts D bei der S-GmbH & Co. KG für den Zeitraum 1996 bis 1998 eine steuerliche Außenprüfung durch.

Den Übernahmegewinn des B aus der Verschmelzung der GmbH auf die S-GmbH & Co. KG berechnete der Prüfer nach § 4 Abs. 4 und 5 UmwStG – unter Berücksichtigung der Prüfungsfeststellungen bei der GmbH – mit DM. Dieser Übernahmegewinn wurde nach Maßgabe von § 18 Abs. 2 UmwStG nicht der Gewerbesteuer unterworfen.

Den Gewinn aus der Veräußerung der Beteiligung des B an der S-GmbH & Co. KG an die Firma X-GmbH & Co. KG, K, ermittelte der Prüfer mit DM. Bei der Berechnung des gewerbesteuerpflichtigen Veräußerungsgewinns im Sinne des § 18 Abs. 4 UmwStG ging der Prüfer davon aus, dass sich die Gewerbesteuerpflicht nur auf das im Wege der Verschmelzung auf die Personengesellschaft übergegangene Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft erstrecken könne.

Den anteiligen gewerbesteuerpflichtigen Veräußerungsgewinn schätzte der Prüfer auf DM. Unter gewinnmindernder Berücksichtigung einer Gewerbesteuerrückstellung in Höhe von DM ermittelte er einen anteiligen gewerbesteuerpflichtigen Veräußerungsgewinn nach Gewerbesteuer in Höhe von DM.

Der Prüfer sah die Voraussetzungen des gewerbesteuerlichen Sondertatbestands des § 18 Abs. 4 UmwStG als erfüllt an, weil die Veräußerung der Beteiligung insbesondere aufgrund der zeitlichen Abfolge der Übertragungsvorgänge und der vertraglichen Vereinbarungen – wie vom Gesetz vorausgesetzt – nach der Verschmelzung der GmbH auf die GmbH & Co. KG erfolgt sei.

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Für diese zeitliche Abfolge – so der Prüfer – spreche insbesondere die in § 1 des Unternehmenskaufvertrags vom xx.11.1998 getroffene Vereinbarung, wonach dem Erwerber insbesondere zugesichert worden sei, dass die Personengesellschaft nach der Verschmelzung mit der GmbH mit einer voll eingezahlten Hafteinlage in Höhe von DM ausgestattet sei. Weiter spreche dafür, dass die an der Verschmelzung als auch an der Veräußerung gleichermaßen beteiligten Vertragsparteien das steuerliche Übernahmeergebnis aus dem Umwandlungs- bzw. Verschmelzungsvorgang noch dem veräußernden Gesellschafter der aufnehmenden Personengesellschaft zugerechnet hätten.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berechnung der Besteuerungsgrundlagen und der Begründung des Prüfers wird auf die Textziffern 21 – 26 und 29 – 33 des Betriebsprüfungsberichts vom .2001 (Bl. 15 – 16 und 17 – 19 Sonderband Bp) verwiesen.

Aufgrund eines Rechtsbehelfsverfahrens, das die GmbH wegen Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 1996 bis 1998 beim Finanzamt D geführt hatte, wurde unter dem .2002 (für interne Zwecke) ein geänderter Betriebsprüfungsbericht erstellt. Danach wurde der Übernahmegewinn des B mit DM und der Veräußerungsgewinn mit DM ermittelt.

Die Textziffern 29 – 33 (Gewerbesteuer) wurden nicht geändert. Die Einzelheiten folgen aus Bl. 25 – 29 Sonderband Bp.

Der Veranlagungsteilbezirk der beklagten Behörde folgte den Feststellungen der Betriebsprüfung und erließ unter dem . .2001 erstmalig einen Gewerbesteuermessbescheid für 1998, in dem der vom Prüfer festgestellte (anteilige gewerbesteuerpflichtige) Veräußerungsgewinn in Höhe von DM der Besteuerung zu Grunde gelegt wurde.

Den am . .1999 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung –AO– erlassenen Feststellungsbescheid änderte der Beklagte mit Bescheid vom .2001 nach § 164 Abs. 2 AO aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüfung dahin ab, dass Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von DM festgestellt wurden.

Gegen den Gewerbesteuermessbescheid für 1998 vom .2001 erhoben die steuerlichen Berater der Klägerin mit Schreiben vom .2001 und gegen den geänderten Feststellungsbescheid für 1998 vom .2001 mit Schreiben vom . 2001 Einspruch.

Mit einspruchsbegründendem Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom .2001 begehrte dieser die ersatzlose Aufhebung des Gewerbesteuermessbescheids für 1998. In Bezug auf den geänderten Feststellungsbescheid begehrte er, den Übernahmegewinn um die bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns angesetzte Gewerbesteuer zu mindern und für den verbleibenden Übernahmegewinn die Tarifermäßigung nach § 32 c des Einkommensteuergesetzes –EStG– zu gewähren.

Insbesondere wurde vorgetragen, bei der Verschmelzung der GmbH auf die GmbH & Co. KG sei auf den steuerlichen Übertragungsstichtag abzustellen. Dieser sei nach § 2 Abs. 1 UmwStG der Stichtag der Bilanz, der dem Vermögensübergang zu Grunde liege, also der 31.12.1998. Die Veräußerung der Beteiligung sei vor der steuerlichen Übertragung des Vermögens der GmbH erfolgt. Die Argumente der Betriebsprüfung gingen fehl, weil die kapitalmäßige Ausstattung der GmbH & Co. KG nur beschrieben, nicht zugesichert worden sei. Zudem sei die steuerliche Zurechnung des Umwandlungsergebnisses an B nicht zu beanstanden, weil es sich um den letzten Geschäftsvorfall im Veranlagungszeitraum 1998 handele.

Im Übrigen sei die als Missbrauchsvorschrift konzipierte Regelung des § 18 Abs. 4 UmwStG einschränkend auszulegen.

Mit Einspruchsentscheidung vom .2002 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Das Finanzamt vertrat insbesondere die Ansicht, dass die Veräußerung der Beteiligung nach der Verschmelzung erfolgt sei.

Handelsrechtlicher Verschmelzungsstichtag sei der 31.12.1998, 24.00 Uhr, denn die Vertragsparteien hätten in § 2 Abs. 4 des Verschmelzungsvertrags klarstellend darauf hingewiesen, dass die Verschmelzung nicht zum 01.01.1999, sondern zum 31.12.1998 erfolge. Nach § 17 Abs. 2 Umwandlungsgesetz müsse die Schlussbilanz zwingend davor aufgestellt worden sein.

Der steuerliche Übertragungszeitpunkt sei identisch mit dem Zeitpunkt der Bilanzaufstellung; er liege vor dem handelsrechtlichen Umwandlungsstichtag. Unter Berücksichtigung der sogenannten juristischen Sekunde müsse daher der 31.12.1998, 23.59 Uhr als steuerlicher Umwandlungsstichtag angesehen werden.

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Die Veräußerung des Mitunternehmeranteils sei nach § 3 des Unternehmenskaufvertrags vom .11.1998 am 31.12.1998, 24.00 Uhr, also nach der Umwandlung erfolgt.

Mit der rechtzeitig erhobenen Klage begehrte die Klägerin ausweislich der Klageschrift vom .2002 (zunächst) die ersatzlose Aufhebung des Gewerbesteuermessbescheids 1998, hilfsweise den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb 1998 dahingehend zu ändern, dass die Gewerbesteuerrückstellung 1998 zu Lasten des laufenden Gewinns berücksichtigt werde und hilfsweise auf den Veräußerungsgewinn die Ermäßigung nach § 32 c EStG zu gewähren sei.

Im Wesentlichen trägt die Klägerin vor:

Entgegen der Vorschrift des § 18 Abs. 4 UmwStG, sei die Veräußerung der Beteiligung vor – nicht nach – der Umwandlung erfolgt. Denn für die Bemessung eines Zeitraums, innerhalb dessen Vorgänge steuerlich erfasst werden sollen, sei auf den Abschluss des obligatorischen Vertrages, nicht auf das dingliche Vollzugsgeschäft abzustellen. Dies folge aus einem Vergleich mit der Vorschrift des § 23 Abs. 1 EStG. Es sei völlig unstreitig, dass es für die Bemessung der sogenannten Spekulationsfrist bei privaten Veräußerungsgeschäften auf das obligatorische Rechtsgeschäft ankomme.

Aber auch wenn man – so der Prozessbevollmächtigte weiter – auf das dingliche Vollzugsgeschäft abstellen würde, seien die Voraussetzungen des § 18 Abs. 4 UmwStG nicht erfüllt. Die Ansicht des Finanzamts, wonach der handelsrechtliche Umwandlungsstichtag aufgrund der in § 2 Abs. 4 des Verschmelzungsvertrags vom .02.1999 gewählten Formulierung vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag liege und deshalb die Veräußerung der Beteiligung erst nach dem Vermögensübergang erfolgt sei, treffe nicht zu. Denn auf die handelsrechtliche Beurteilung komme es nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 22.09.1999 II R 33/97 (GmbHR 1999, 1312 ff. – Bundessteuerblatt – BStBl – II 2000, 2 ff.) nicht an.

Dies ergebe sich eindeutig aus § 2 Abs. 1 UmwStG, nach dem das Einkommen, das Vermögen und der Gewerbeertrag so zu ermitteln seien, als ob das Vermögen der Körperschaft mit Ablauf des Stichtags der Bilanz, die dem Vermögensübergang zu Grunde liegt, ganz oder teilweise auf die Übernehmerin übergegangen wäre (steuerlicher Übertragungsstichtag). Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 UmwStG gelte für alle Verschmelzungsvorgänge. Stichtag der Verschmelzungsbilanz sei der 31.12.1998, 24.00 Uhr, nicht – wie das Finanzamt meint – 23.59 Uhr.

Das Vermögen der GmbH sei am 31.12.1998, 24.00 Uhr auf den übernehmenden Rechtsträger übergegangen. Danach müsste die ebenfalls zum 31.12.1998, 24.00 Uhr erfolgte Veräußerung der Beteiligung vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag liegen, denn die Veräußerung stelle den letzten laufenden Geschäftsvorfall des Kalenderjahres 1998 dar.

Auch nach der neueren Rechtsprechung des BFH in BFH/NV 2008, 1550 sei auf den Zeitpunkt der steuerlichen Schlussbilanz abzustellen.

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Zudem sei die vom Finanzamt in der Einspruchsentscheidung geäußerte Rechtsauffassung abwegig. Für die These des Finanzamts, die Schlussbilanz müsse vor dem handelsrechtlichen Übertragungsstichtag aufgestellt werden, fehle die Rechtsgrundlage. Der BFH habe im Urteil vom 22.09.1999 selbst ausgeführt, dass der handelsrechtliche Umwandlungsstichtag meist mit dem Stichtag der Schlussbilanz identisch sei.

Abgesehen davon, dass die zeitlichen Voraussetzungen des § 18 Abs. 4 UmwStG nicht erfüllt seien, müsse diese Vorschrift nach ihrem Sinn und Zweck über ihren Wortlaut hinaus eingeschränkt angewandt werden. Sie stelle einen Missbrauchstatbestand dar, der lediglich den Fall erfassen solle, dass eine Kapitalgesellschaft, bei deren Liquidation der entstehende Liquidationsgewinn der Gewerbesteuer unterliege, zum Zwecke der Steuerersparnis vor der Liquidation in eine Personengesellschaft umgewandelt und auf diese Weise der Liquidationsgewinn von der Gewerbesteuer freigestellt werde.

Wenn die Ansicht des Finanzamts zutreffend sein sollte, dass der anteilige Veräußerungsgewinn der Gewerbesteuer unterliege, wäre die Gewerbesteuer zu Lasten des laufenden Ergebnisses der Klägerin für 1998 zurückzustellen und nicht als fiktive Veräußerungskosten zu berücksichtigen.

Die Klägerin sei ferner der Auffassung, dass trotz der Regelung in § 32 c Satz 2 EStG die Tarifermäßigung nach dieser Vorschrift zu gewähren sei, damit eine Doppelbelastung gewerblicher Einkünfte mit Einkommensteuer und Gewerbesteuer teilweise vermieden werde.

Nachdem der Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom .2003 den geänderten Feststellungsbescheid für 1998 vom .2003 zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hat, beantragte er mit Schriftsatz vom .2008 „unter Ergänzung des bereits gestellten Klageantrags“ den Veräußerungsgewinn 1998 um weitere DM ( EUR) zu mindern.

Zur Begründung wird vorgetragen, die Y-Bank, A, habe der KG im August 1995 ein Investitionsdarlehen über DM gewährt. Dieses Darlehen sei auf die KG und die GmbH aufgeteilt worden. Zur Absicherung des Darlehens seien unter anderem Ansprüche aus einer mit der Versicherungs-AG, , abgeschlossenen Kapitallebensversicherung abgetreten worden. Versicherungsnehmer sei die Klägerin, versicherte Person der damalige Komplementär der Klägerin, B, gewesen, der die Versicherungsbeiträge gezahlt habe. Die gesamte Versicherungsleistung sei bei Fälligkeit im August 2007 an die Klägerin ausgezahlt und zur Rückzahlung der fälligen Darlehen verwandt worden.

Den mit Schriftsatz vom .2007 bei der beklagten Behörde gestellten Antrag auf Änderung des Feststellungsbescheids 1998 habe diese – nach weiterer Sachverhaltsaufklärung – an das Finanzamt K weitergeleitet. Das Finanzamt K habe mit Bescheid vom .2008 den Antrag auf Änderung des Feststellungsbescheids 1998 abgelehnt, weil die Voraussetzungen des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht erfüllt seien. Auf den rein vorsorglich eingelegten Einspruch habe das Finanzamt K bislang nicht reagiert.

In Bezug auf die begehrte Minderung des Veräußerungsgewinns hat der Prozessbevollmächtigte zunächst vorgetragen, dass es sich nicht um eine Klageänderung, sondern lediglich um eine betragsmäßige Klageerweiterung handele. Seit dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 22.10.1989 GrS 2/87, BStBl II 1990, 327 ff. sei völlig unbestritten, dass eine Anfechtungsklage gegen einen Einkommensteuerbescheid auch nach Ablauf der Klagefrist betragsmäßig erweitert werden könnte. Es bestünde nicht der geringste Anlass für die Annahme, dass diese Grundsätze nicht auch auf Klagen gegen Feststellungsbescheide zu übertragen seien.

Der Berichterstatter hat den Sach- und Rechtsstand mit den Beteiligten am 04.12.2008 erörtert. Danach ist die rechnerische Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen unstreitig. Wegen der Einzelheiten des Erörterungstermins wird auf das Protokoll vom 04.12.2008, Bl. 144 – 151 der Akte Bezug genommen.

Der Prozessbevollmächtigte hat die im Erörterungstermin geäußerte Anregung des Gerichts aufgegriffen und, unter Darlegung der Rechtsauffassung der Klägerin, dem Finanzamt mit Schriftsatz vom .2008 einen Einigungsvorschlag unterbreitet.

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In diesem Schreiben wurde unter anderem ausgeführt, es spreche aus der Sicht der Klägerin vieles dafür, dass die Veräußerung der Beteiligung an die Klägerin vor der Verschmelzung der GmbH auf die Klägerin erfolgt sei. Daraus ergäben sich völlig andere steuerliche Auswirkungen als die Vorliegenden.

Deshalb wurde angekündigt, den bisherigen Klageantrag, der auf Aufhebung des Gewerbesteuermessbescheids gerichtet sei, dahin umzustellen, dass die Feststellung eines Gewerbeverlustes in Höhe von DM beantragt werde.

Gehe man – so der Prozessbevollmächtigte weiter – demgegenüber davon aus, dass Veräußerung und Verschmelzung zum absolut gleichen Zeitpunkt erfolgt seien, spreche nichts dafür, den Fall der gleichzeitigen Veräußerung und Verschmelzung mit dem Fall der Veräußerung nach der Verschmelzung genauso zu behandeln. Wenn der Gesetzgeber dies hätte regeln wollen, hätte er § 18 Abs. 4 UmwStG anders fassen und dies ausdrücklich regeln müssen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom .2008, Bl. 156 – 167 der Akte Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,1. den Gewerbesteuermessbescheid 1998 dahingehend zu ändern, dass der Gewerbesteuermessbescheid auf Null DM festgesetzt wird und2. den Feststellungsbescheid 1998 dahingehend zu ändern, dass der Veräußerungsgewinn 1998 um DM ( EUR) gemindert wird,3. hilfsweise, den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb 1998 dahingehend zu ändern, dass die Gewerbesteuerrückstellung 1998 zu Lasten des laufenden Gewinns berücksichtigt wird,4. hilfsweise, auf den Veräußerungsgewinn die Ermäßigungen nach § 32 c EStG zu gewähren.Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Nachdem das Finanzamt zunächst zur Begründung des Klageabweisungsantrags im Wesentlichen auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung verwiesen und Zweifel an der Übertragbarkeit des BFH-Urteils vom 22.09.1999 auf den Streitfall geäußert hatte, weil im Urteilsfall die Umwandlung einer Körperschaft auf eine andere Körperschaft gerade ohne Veräußerung eines Mitunternehmeranteils stattgefunden hatte, wird der Klageerweiterungsantrag der Klägerin vom 18.04.2008 für unzulässig erachtet.

Insbesondere – so das Finanzamt – sei die Höhe des festgestellten Veräußerungsgewinns bislang unstreitig gewesen. Die Klagebegründung ziele auf die Aufhebung des Gewerbesteuermessbescheids. Die Berücksichtigung einer Gewerbesteuerrückstellung beim laufenden Gewinn und die anderweitige Feststellung eines Ermäßigungsbetrags nach § 32 c EStG a. F. seien nur hilfsweise erfolgt.

Die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen setze sich aus mehreren eigenständigen Feststellungen und Komponenten zusammen. Für die nunmehr angegriffene Feststellung – Höhe des Veräußerungsgewinns – sei die Klagefrist abgelaufen. Bei fristgebundenen Klagen müssten für jeden Klageantrag die einschlägigen Sachentscheidungsvoraussetzungen vorliegen.

In der Sache selbst führt der Beklagte unter Bezugnahme auf den rechtlichen Hinweis der Berufsrichter des Senats in der Verfügung vom 19.01.2009 (Bl. 168 – 173 der Akte) weiter aus, dass die vom Gericht – bislang – angenommene absolut zeitgleiche Verschmelzung und Veräußerung des Mitunternehmeranteils am 31.12.1998, 24.00 Uhr bei isolierter Betrachtung des jeweiligen Vertragswerks folgerichtig sei und im Einklang mit der derzeit herrschenden BFH-Rechtsprechung stehe. Die vom Senat gefundene Zeitbestimmung führe aber in der Gesamtschau dazu, dass zwei Vermögensübergänge zwischen drei Rechtsträgern, die denknotwendig aufeinander folgen müssten, als zeitgleich erfolgt betrachtet würden.

Insbesondere unter Hinweis auf die umwandlungssteuerlichen Regelungen zur Ermittlung des Übernahmegewinns bzw. -verlusts (§ 4 Abs. 4 UmwStG) trägt das Finanzamt vor, bei Annahme der Gleichzeitigkeit von Verschmelzung und Veräußerung könnte keine Zurechnung und Ermittlung eines Übernahmegewinns erfolgen. Für Zwecke der Einkommensbesteuerung sei daher zwingend erforderlich, sich für eine Geschehensabfolge zu entscheiden. Auch gewerbesteuerrechtlich sei von Bedeutung, ob ein Übernahmegewinn oder -verlust entstehe, denn der Übernahmegewinn sei nach § 18 Abs. 2 UmwStG gewerbesteuerlich nicht zu erfassen, ein Übernahmeverlust nach der bis 31.12.1998 geltenden Rechtslage hingegen schon.

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Die Feststellung eines vortragsfähigen Gewerbeverlusts sei zwar nicht Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens. Doch könne die Auslegung des § 18 Abs. 4 UmwStG aus systematischen Erwägungen nicht losgelöst von der Auslegung des § 4 Abs. 4 UmwStG erfolgen, der, wolle man eine Besteuerungslücke vermeiden, zwingend die Annahme einer Geschehensabfolge voraussetze. Aus systematischen Erwägungen werde in Bezug auf § 4 Abs. 4 UmwStG eine teleologische Extension für zulässig und geboten erachtet. Erfordere aber § 4 Abs. 4 UmwStG einen Lückenschluss durch die Annahme einer Geschehensabfolge, dann sei es auch rechtssystematisch geboten, die im Rahmen der Auslegung des § 4 Abs. 4 UmwStG gefundene Geschehensabfolge der Auslegung des § 18 Abs. 4 UmwStG zu Grunde zu legen.

Bei der Auslegung des § 18 Abs. 4 UmwStG sei weiter zu berücksichtigen, dass das Tatbestandsmerkmal „nach“ bei rückwirkenden Umwandlungsvorgängen nach § 2 UmwStG keinen tatsächlichen Geschehensablauf erfasse, sondern einen infolge der Rückwirkung fingierten Geschehensablauf.

Wenn also schon der Gesetzgeber in § 2 UmwStG dem Steuerpflichtigen im Rahmen der dort gezogenen Grenzen die Bestimmung des Zeitpunkts der Umwandlung überlasse, dann sei es auch sachgerecht, bei vertraglicher Übereinstimmung der Zeitpunkte mehrerer Vermögensübergänge dem Steuerpflichtigen für die Bestimmung der Geschehensabfolge ein Wahlrecht einzuräumen und dem erkennbaren Willen der Beteiligten zu folgen. Im Streitfall bedeutet dies, dass von einer Veräußerung des Mitunternehmeranteils nach der Verschmelzung auszugehen sei, was zur Anwendbarkeit des § 18 Abs. 4 UmwStG führe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 26.03.2009 hat der Prozessbevollmächtigte klargestellt, dass sich der Antrag auf Minderung des Veräußerungsgewinns nicht gegen das ursprünglich zuständige Finanzamt A, sondern gegen das Finanzamt K richtet.

Der erkennende Senat hat das Verfahren wegen Gewerbesteuermessbetrag 1998 und gesonderter und einheitlicher Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb 1998 getrennt in die Verfahren 8 K 399/02 wegen Gewerbesteuermessbetrag 1998, gesonderter und einheitlicher Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb 1998 – Feststellung des laufenden Gewinns und Tarifermäßigung und 8 K 802/09 wegen gesonderter und einheitlicher Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb 1998 – Feststellung des Veräußerungsgewinns.

Das Verfahren 8 K 802/09 ist mit Beschluss vom 27.03.2009 an das Finanzgericht Münster verwiesen worden.

Dem Senat haben fünf Bände Steuerakten vorgelegen (Gewerbesteuerakte Band I, Feststellungsakte Band V, Sonderband Bp, Bilanzheft 1998, blaue Heftspange mit zahlreichen Verträgen).

Gründe FG Kassel 8 K 399/02

Die Klage in der Gewerbesteuermessbetragssache, Klageantrag zu 1., ist in vollem Umfang begründet. Über die in der Feststellungssache – Feststellung des laufenden Gewinns und Tarifermäßigung – gestellten Hilfsanträge, Klageanträge zu 3. und 4., ist nicht zu entscheiden, denn die innerprozessuale Bedingung, an die die beiden Hilfsanträge geknüpft waren, nämlich der Misserfolg des Klageantrags zu 1., ist gerade nicht eingetreten. Über die Feststellungssache – Feststellung des Veräußerungsgewinns –, Klageantrag zu 2., wird aufgrund des bindenden Verweisungsbeschlusses des erkennenden Senats vom 27.03.2009 das Finanzgericht Münster zu entscheiden haben.

Im Einzelnen gilt Folgendes:

1. Die Klage in der Gewerbesteuermessbetragssache ist begründet. Der angefochtene Gewerbesteuermessbescheid für 1998 vom .2001 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des gewerbesteuerlichen Sondertatbestands des § 18 Abs. 4 UmwStG in der im Streitjahr gültigen Fassung sind – entgegen der Ansicht der beklagten Behörde – nicht erfüllt.

Wird eine Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft umgewandelt und innerhalb von fünf Jahren nach dem Vermögensübergang der Betrieb der Personengesellschaft aufgegeben oder veräußert, so unterliegt der Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn nach § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 in der Fassung des Gesetzes vom 28. Oktober 1994 (Bundesgesetzblatt – BGB l– I 1994, 3267) der Gewerbesteuer.

Durch das Jahressteuergesetz vom 20. Dezember 1996 (BGBl I 1996, 2049) wurde § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 um einen Satz 2 ergänzt, nachdem mit Wirkung ab 1. Januar 1997 (vgl. § 27 Abs. 2 a UmwStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1997; jetzt § 27 Abs. 4 a UmwStG) Entsprechendes für den Fall gilt, dass ein Teilbetrieb oder ein Anteil an der Personengesellschaft aufgegeben oder veräußert wird. Durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402) wurde in § 18 Abs. 4 Satz 1 UmwStG der Begriff des Vermögensübergangs durch denjenigen der Umwandlung ersetzt.

a.) Zunächst ist davon auszugehen, dass die Vorschrift des § 18 Abs. 4 UmwStG 1995, die auf § 24 Abs. 2 des UmwStG vom 14. August 1969 (Umwandlungssteuergesetz 1969, BGBl I 1969, 1163) und § 25 Abs. 2 und 3 des UmwStG vom 6. September 1976 (Umwandlungssteuergesetz 1977, BGBl I 1976, 2641) zurückgeht (BFH, Urteil vom 11. Dezember 2001 VIII R 23/01, BFHE 197, 425 ff., BStBl II 2004, 474 ff., 477 unter II. 1. b) der Gründe), damit im Zusammenhang steht, dass einerseits der Gesetzgeber mit dem Umwandlungssteuergesetz 1995 das Ziel einer möglichst steuerneutralen Umwandlung der Körperschaft in eine Personengesellschaft verfolgte und hierbei durch das Recht zur Buchwertfortführung (§§ 3, 4) sowie die Freistellung des Übernahmegewinns (§ 18 Abs. 2 i. V. m. § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 2) von jeglicher gewerbesteuerlicher Belastung der Umwandlung absah, andererseits jedoch den Grundsatz unberührt ließ, nach dem Gewinne aus Betriebsveräußerung und -aufgabe zwar bei der Kapitalgesellschaft (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG), nicht jedoch bei der Personengesellschaft der Gewerbesteuer unterliegen (BFH, Urteil vom 11. Dezember 2001, a. a. O., unter II. 1. b) bb) der Gründe unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des BFH).

Hierauf aufbauend will § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 – strukturell gleich den entsprechenden Bestimmungen des Umwandlungssteuergesetzes 1969 und 1977 – als spezialgesetzlicher Ausnahmetatbestand – d. h. innerhalb seiner tatbestandlichen, also auch zeitlichen Grenzen – verhindern, dass die Gewerbesteuerpflicht der Kapitalgesellschaft dadurch unterlaufen wird, dass der Betrieb erst nach vollzogener Umwandlung von der Personengesellschaft veräußert oder aufgegeben wird und der hierbei erzielte Gewinn entsprechend den dargelegten allgemeinen Grundsätzen nicht mehr der Gewerbesteuer unterfiele (BFH, Urteil vom 11. Dezember 2001, a. a. O.; bestätigt: BFH, Urteil vom 20. November 2006 VIII R 45/05, BFH/NV 2007, 793 ff.; Widmann in Widmann/ Mayer, Umwandlungsrecht, Band 5, Stand: 10/2008, § 18 UmwStG Randnr. 138; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, Umwandlungsgesetz/Umwandlungssteuergesetz, 4. Auflage 2006, § 18 Randnr. 30 mit weiteren Nachweisen). Deshalb wird die Regelung in § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 überwiegend als Missbrauchsvorschrift qualifiziert (vgl. z. B. Klingberg in Blümich, EStG, KStG, GewStG, Band 5, Stand: 6/2008, § 18 UmwStG 2006, Randnr. 7 und 34), die der allgemeinen Missbrauchsvorschrift des § 42 der Abgabenordnung –AO– als lex specialis vorgeht (so: Widmann, a. a. O., § 18 UmwStG, Randnr. 239 mit weiteren Nachweisen).

b.) Der gewerbesteuerliche Sondertatbestand des § 18 Abs. 4 Satz 1 und 2 UmwStG 1995 setzt unter anderem voraus, dass ein Anteil einer Personengesellschaft innerhalb von fünf Jahren nach deren Umwandlung – der Ersetzung des Wortes „Vermögensübergang“ durch das Wort „Umwandlung“ durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 kommt nur klarstellende Bedeutung zu (Widmann, a. a. O., § 18 UmwStG, Randnr. 144; grundlegend: BFH, Urteil vom 11. Dezember 2001, a. a. O., 476 unter 1. der Gründe) – veräußert worden ist.

Die vorgenannte Fünf-Jahres-Frist beginnt mit dem steuerlichen Übertragungsstichtag (grundlegend: BFH, Urteil vom 22. September 1999 II R 33/97, BFHE 189, 533 ff., BStBl II 2000, 2 ff.; Widmann, a. a. O., § 18 UmwStG, Randnr. 213). Dieser bestimmt sich nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995. Danach sind das Einkommen und das Vermögen der übertragenden Körperschaft sowie der Übernehmerin so zu ermitteln, als ob das Vermögen der Körperschaft mit Ablauf des Stichtags der Bilanz, die dem Vermögensübergang zu Grunde liegt, ganz oder teilweise auf die Übernehmerin übergegangen wäre.

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Dieser Stichtag darf höchstens acht Monate vor der Anmeldung des Vermögensübergangs zur Eintragung in das Handelsregister liegen (§ 17 Abs. 2 Satz 4 Umwandlungsgesetz –UmwG– 1995). Dies gilt auch für die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen bei der Gewerbesteuer (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UmwStG 1995, BFH, Urteil vom 21. Dezember 2005 I R 66/05, BFHE 213, 1 ff., BStBl II 2006, 469, 470 unter 3. a) der Gründe).

Bei der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG handelt es sich um eine gesetzliche Fiktion, nach der unabhängig von dem Zeitpunkt des zivilrechtlichen Vermögensübergangs auf den übernehmenden Rechtsträger (Zeitpunkt der Eintragung der Rechtsänderung in das Handelsregister) grundsätzlich der Stichtag der der Umwandlung zu Grunde liegenden Bilanz der steuerlich maßgebliche Übertragungsstichtag sein soll. Dieser Zeitpunkt für den fiktiven Vermögensübergang kann nicht durch die am Umwandlungsvorgang Beteiligten bestimmt werden.

Sie haben zwar die Möglichkeit, den Umwandlungsstichtag, das heißt den Zeitpunkt, von dem an die Handlungen des übertragenden Rechtsträgers als für Rechnung des übernehmenden Rechtsträgers vorgenommen gelten, sowie den hiermit meist identischen Stichtag der Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers zu vereinbaren. An die sich aus der Bestimmung dieses Stichtags ergebende steuerrechtliche Konsequenz hinsichtlich des Zeitpunkts des fiktiven Vermögensübergangs auf den übernehmenden Rechtsträger nach § 2 Abs. 1 UmwStG sind die Beteiligten jedoch gebunden (BFH, Urteil vom 22. September 1999, a. a. O., unter II. 1. a) der Gründe).

Unter der Formulierung „ mit Ablauf des Stichtags der Bilanz“ ist nach gefestigter Ansicht in Rechtsprechung und Literatur der letzte, noch dem Stichtag zuzuordnende Zeitpunkt dieses Tages zu verstehen (grundlegend: BFH, Urteil vom 22. September 1999, a. a. O., unter II. 1. b) der Gründe; im Ergebnis ebenso: BFH, Urteil vom 24. April 2008 IV R 69/05, BFH/NV 2008, 1550 ff., 1551 unter II. 1. a) der Gründe mit weiteren Nachweisen aus der Literatur). Auf den handelsrechtlichen Umwandlungsstichtag kommt es – hierauf hat der Prozessbevollmächtigte zu Recht hingewiesen – nicht an.

Im Streitfall ist als steuerlicher Übertragungsstichtag der 31.12.1998, 24.00 Uhr anzusehen. Der Verschmelzung der GmbH als übertragender Rechtsträger auf die GmbH & Co. KG als übernehmender Rechtsträger lag die Verschmelzungsbilanz „zum 31.12.1998“ zu Grunde. Der letzte noch diesem Stichtag zuzuordnende Zeitpunkt ist der 31.12.1998, 24.00 Uhr. Die Eintragung der Verschmelzung ins Handelsregister erfolgte – unstreitig – im Laufe des Monats März 1999, so dass der oben näher beschriebene Rückbeziehungszeitraum von acht Monaten eingehalten worden ist. Es kommt hinzu, dass die GmbH und die GmbH & Co. KG in § 2 Abs. 4 des Verschmelzungsvertrages – klarstellend – darauf hingewiesen hatten, dass die Verschmelzung zum 31.12.1998, nicht zum 01.01.1999 erfolgt.

Der Anteil an der Personengesellschaft, der GmbH & Co. KG, wurde durch den Gesellschafter B an die Erwerberin jedenfalls nicht nach dem 31.12.1998, 24.00 Uhr veräußert. Dieser Veräußerung lag der Unternehmenskaufvertrag vom .11.1998 zu Grunde, wonach zunächst 90 % der Gesellschaftsbeteiligung des B an der GmbH & Co. KG an die Erwerberin abgetreten werden sollte, und zwar mit wirtschaftlicher Wirkung zum 31.12.1998. Da die Vertragspartner in § 3 des Unternehmenskaufvertrages ausdrücklich den „Übergabestichtag“ im Sinne des Unternehmenskaufvertrages mit dem „31.12.1998, 24.00 Uhr“ umschrieben haben, und der Übergang ausdrücklich zum 31.12.1998, nicht zum 01.01.1999 erfolgen sollte, ist die Veräußerung der Beteiligung – auch wenn einzelne der vertraglichen Formulierungen diesen Schluss nicht nahelegen – jedenfalls nicht nach der Umwandlung (Verschmelzung) erfolgt.

Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 4 UmwStG sind nicht erfüllt.

c.) Eine Auslegung des § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 verhilft der vom Finanzamt vertretenen Rechtsansicht nicht zum Erfolg.

Bei der Gesetzesauslegung ist nach der herrschenden Meinung auf den objektivierten Willen des Gesetzgebers abzustellen, so wie er sich aus dem Wortlaut der Bestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist (Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, Band I, Stand: 3/2009, § 4 AO Textziffer 231 ff. mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesfinanzhofs). Ziel der Auslegung ist die Ermittlung des heute maßgeblichen, also normativen Gesetzessinns. Da jede Textauslegung notwendigerweise von dem Wortlaut ausgehen muss, muss der im Wege der Auslegung zu ermittelnde Gesetzessinn im Wortlaut des Gesetzes seinen Niederschlag gefunden haben. Entscheidend ist der erkennbare Sinn des Gesetzes.

Das verlangt das aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Gebot der Normenklarheit (Drüen, a. a. O., Textziffer 234, 237 mit weiteren Nachweisen).

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Die Auslegungskriterien – insbesondere grammatische, teleologische, historische und logisch-systematische Gesichtspunkte – schließen einander nicht aus, sondern ergänzen sich gegenseitig; die Kriterien bzw. die Begründungen, die zu verschiedenen Deutungen des Gesetzestextes führen, sind gegeneinander abzuwägen (Drüen, a. a. O., Textziffer 253, 254 mit weiteren Nachweisen). Auch wenn Zweckargumenten große Überzeugungskraft beigemessen wird (zur Charakterisierung der Auslegungskriterien: Drüen, a. a. O., Textziffer 253 f., 276), berechtigt eine auf den Zweck der Rechtsnorm gestützte Auslegung nicht zur Preisgabe des Gesetzeswortlauts (BFH, Urteile vom 16. Oktober 1991 I R 115/87, BFHE 165, 552 ff., BStBl II 1992, 199 ff., 201 unter 5. der Gründe; vom 13. Oktober 1994 VII R 37/94, BFHE 176, 193 ff., BStBl II 1995, 10, 13 unter 3. c) der Gründe). Über den möglichen Wortsinn des Gesetzes ist keine Auslegung, sondern nur noch Rechtsfortbildung möglich (Drüen, a. a. O., Textziffer 276, 342 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

Im Streitfall spricht der Wortlaut des § 18 Abs. 4 UmwStG 1995, wonach die Veräußerung der Beteiligung nach der Umwandlung erfolgt sein muss, um die Gewerbesteuerpflicht des Veräußerungsvorgangs auszulösen, gegen die vom Finanzamt vertretene Rechtsansicht. Mit der Formulierung nach beschreibt der Gesetzgeber eine Reihenfolge, ein Nacheinander von Umwandlung und Veräußerung, damit eine zeitliche Abfolge und gerade nicht ein zeitliches Zusammenfallen beider Vorgänge.

Demgegenüber spricht der Zweck der Vorschrift für die Ansicht des Finanzamts, denn mit diesem gesetzlichen Ausnahmetatbestand sollte – wie oben dargelegt – verhindert werden, dass die Gewerbesteuerpflicht einer Kapitalgesellschaft dadurch unterlaufen wird, dass der Betrieb/die Beteiligung erst nach vollzogener Umwandlung von der Personengesellschaft aufgegeben oder veräußert wird und der hierbei erzielte Gewinn nicht (mehr) der Gewerbesteuer unterfällt.

Aus historischen Gesichtspunkten lässt sich schließen, dass der Gesetzgeber bei Normierung des § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 auf eine dem Zweck der Vorschrift entsprechende eindeutige Umschreibung des Tatbestands – insb. der zeitlichen Grenzen – angewiesen war.

Geht nämlich § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 auf die Vorgängervorschriften des § 24 Abs. 2 UmwStG 1969 sowie § 25 Abs. 2 und 3 UmwStG 1977 zurück und knüpft erkennbar – trotz Änderungen der tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen – an den Zielen an, einerseits die Umwandlung einer Körperschaft in eine Personengesellschaft möglichst steuerneutral zu gestalten, andererseits den Grundsatz unberührt zu lassen, nach dem Gewinne aus Betriebsveräußerung oder -aufgabe zwar bei der Kapitalgesellschaft, nicht jedoch bei der Personengesellschaft der Gewerbesteuer unterliegen (BFH, Urteil vom 11. Dezember 2001 VIII R 23/01, unter II. 1. b) der Gründe mit weiteren Nachweisen), so war eine klare Abgrenzung dieser einander ausschließenden Ziele – Steuerneutralität der Umwandlung, Steuerpflicht der Betriebsveräußerung einer Kapitalgesellschaft, Steuerfreiheit der Betriebsveräußerung einer Personengesellschaft – erforderlich.

Logisch-systematische Gesichtspunkte, insbesondere die umwandlungsteuerlichen Regelungen zur Ermittlung des Übernahmegewinns bzw. Übernahmeverlusts des § 4 Abs. 4 UmwStG 1995, lassen keine eindeutige Auslegung des § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 zu.

Zunächst ist davon auszugehen, dass sich die Regelungen des § 4 Abs. 4 UmwStG 1995 und des § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 auf andere Rechtsverhältnisse beziehen. Während § 4 Abs. 4 UmwStG 1995 Gewinnauswirkungen im Verhältnis übertragender Rechtsträger/übernehmender Rechtsträger – im Streitfall GmbH/GmbH & Co. KG – behandelt, trifft § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 Regelungen im Verhältnis Veräußerer (= übernehmender Rechtsträger)/Erwerber. Ferner löst § 4 Abs. 4 UmwStG 1995 einkommensteuerrechtliche bzw. körperschaftsteuerrechtliche, § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 hingegen gewerbesteuerrechtliche Rechtsfolgen aus.

Während der Übernahmegewinn als Teil des laufenden Gewinns des übernehmenden Rechtsträgers zu erfassen ist (Widmann in Widmann/ Mayer, a. a. O., Band 4, § 4 UmwStG Randnr. 581), handelt es sich bei § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 demgegenüber um die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns; für Veräußerungsgewinne gelten im Steuerrecht in aller Regel besondere Vorschriften, denn Veräußerungsgewinne sind – im Unterschied zu laufenden Gewinnen – nach Maßgabe einschlägiger gesetzlicher Regelungen relativ oft tarifbegünstigt oder sogar steuerbefreit. Es kommt hinzu, dass nach § 18 Abs. 2 UmwStG 1995 ein Übernahmegewinn oder -verlust gewerbesteuerrechtlich gerade nicht zu erfassen ist, während der Veräußerungsgewinn nach § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 unter den oben näher beschriebenen Voraussetzungen Gewerbesteuer auslöst. Danach nimmt § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 – entgegen der Ansicht des Finanzamts – eine von § 4 Abs. 4 UmwStG 1995 losgelöste Stellung ein, die nicht ohne Weiteres mit systematischen Argumenten zu einer „Regelungseinheit“ mit dem Ziel der Vermeidung einer Besteuerungslücke verknüpft werden kann.

Unter Abwägung der Auslegungskriterien bzw. der Begründungen ist der erkennende Senat davon überzeugt, dass § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 dahin auszulegen ist, dass die Vorschrift gewerbesteuerrechtlich nur eine Veräußerung der Beteiligung nach Umwandlung, nicht aber auch das zeitliche Zusammenfallen beider Vorgänge erfasst. Der Gesetzgeber hat die zeitlichen Voraussetzungen des Tatbestands sprachlich eindeutig geregelt.

Auch wenn der Gesetzgeber eine gewerbesteuerfreie Veräußerung einer Beteiligung durch Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft vermeiden wollte, rechtfertigt dieser Zweck nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht eine über den eindeutigen Wortlaut hinausgehende Auslegung. Hätte der Gesetzgeber die zeitgleiche Umwandlung einer Körperschaft in eine Personengesellschaft/ Veräußerung der Beteiligung an der Personengesellschaft im Rahmen des § 18 Abs. 4 UmwStG mit der Veräußerung nach Umwandlung gewerbesteuerlich gleich behandeln wollen, hätte er mit sprachlich einfachen Mitteln, nämlich unter Hinzufügung der Formulierung „gleichzeitig oder …“ auch diesen Fall abstrakt generell regeln können.

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Diese Regelung hat er – in Kenntnis der oben unter Hinweis auf die Vorgängervorschriften einander ausschließenden gesetzgeberischen Ziele – gerade nicht getroffen. Die systematischen Erwägungen des Finanzamts überzeugen auch deshalb nicht, weil sie – wie sich eindeutig aus dem Vortrag der beklagten Behörde ergibt – dazu dienen, im Wege der sogenannten teleologischen Extension über den möglichen Wortsinn der Norm hinaus eine Besteuerungslücke zu schließen, die – wie oben dargelegt – nicht mit Mitteln der Auslegung, sondern allenfalls unter den Voraussetzungen einer Rechtsfortbildung möglich ist.

d.) Eine Rechtsfortbildung hält der erkennende Senat für nicht geboten. Die Rechtsfortbildung unterscheidet sich von der Auslegung dadurch, dass sie über den möglichen Wortsinn des Gesetzes hinausgeht und dazu dient, vorhandene Lücken des Gesetzes auszufüllen. Zur ergänzenden Rechtsfortbildung sind die Gerichte gleichermaßen befugt und verpflichtet (Bundesverfassungsgericht – BVerfG –, Beschluss des Ersten Senats vom 12. März 1985 1 BvR 571/81 u. a., BStBl II 1985, 475 ff., 480 unter 2. der Gründe mit weiteren Nachweisen). Dabei ist das Gesetz nach seinen eigenen Grundgedanken fortzuentwickeln und folgerichtig Zu-Ende-zu-Denken (BFH, Urteil vom 14. Oktober 2003 VIII R 38/02, BFHE 203, 477 ff., BStBl II 2004, 115 ff., 117 unter 3. c) der Gründe mit weiteren Nachweisen; Drüen, a. a. O., Textziffer 356 mit weiteren Nachweisen).

Eine Lückenausfüllung ist jedoch nicht unbeschränkt, sondern nur im Rahmen der verfassungsrechtlichen Grenzen zulässig. Im Steuerrecht besteht die Besonderheit, dass nach herrschender Meinung im Wege der Rechtsfortbildung über den möglichen Wortsinn des Gesetzes hinaus keine Steuertatbestände ausgeweitet und keine neuen Steuertatbestände geschaffen werden dürfen.

Denn das Steuerrecht ist Teil der Eingriffsverwaltung, das nach dem rechtstaatlich gebotenen Gesetzesvorbehalt einer normierten Ermächtigungsgrundlage bedarf, die die Belastung des Steuerpflichtigen mit einer steuerlichen Abgabe ausdrücklich vorsieht (teilweise mit anderen Begründungen: BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 24. Januar 1962 1 BvR 232/60, BVerfGE 13, 318 ff., 328 unter 3. der Gründe; BVerfG, Beschluss vom 20. Mai 1988 1 BvR 273/88, Betriebsberater 1988, 1716 unter 1. b) der Gründe, BVerfG, Beschluss vom 14. August 1996 2 BvR 2088/93, NJW 1996, 3146 unter 2. a) der Gründe; BFH, Urteil vom 21. Juli 1999 I R 141/97, BStBl II 1999, 832 ff., 834 unter II. 1. b) der Gründe; Neumann in Beermann/Gosch, AO/FGO, Band I, Stand: 12/2008, § 4 AO Randnr. 37 ff., 43; Sunder-Plassmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Band X, Stand: 12/2008, § 1 FGO Randnr. 60; Drüen, a. a. O., Textziffer 360 mit weiteren Nachweisen).

Im Streitfall folgt der erkennende Senat dieser Ansicht. Der Gesetzgeber hat in § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 durch die Formulierung „innerhalb von fünf Jahren nach der Umwandlung“ klar und eindeutig eine zeitliche Reihenfolge der Umwandlung und der Veräußerung normiert, so dass der Fall einer gleichzeitigen Umwandlung und Veräußerung gerade nicht vom Gesetz erfasst wird. Eine Gleichbehandlung des vorliegenden Falles mit den gesetzlich normierten würde eine unzulässige Ausweitung des gewerbesteuerrechtlichen Sondertatbestands des § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 zur Folge haben, die die Klägerin – ohne gesetzliche Grundlage – steuerlich belasten würde.

Die Gegenmeinung, die eine über den möglichen Wortsinn des Gesetzes hinaus eine steuerbegründende oder –verschärfende Rechtsfortbildung für zulässig erachtet (Nachweise bei Drüen, a. a. O., Textziffer 361), insbesondere das BFH-Urteil vom 20. Oktober 1983 IV R 175/79 (BFHE 139, 561 ff., BStBl II 1984, 221 ff., 224 unter 5. b) der Gründe), überzeugt nicht. In der vorgenannten Entscheidung hatte der IV. Senat des Bundesfinanzhofs die Auffassung vertreten, dass das Gebot der Rechtssicherheit in Einzelfällen eine Lückenausfüllung durch steuerverschärfende Analogie nicht ausschließe.

Ergebe sich einwandfrei, dass eine Lücke im Gesetz vorliege, und sei andererseits aus dem Gesetzeswortlaut oder den Gesetzesmaterialien eindeutig zu entnehmen, dass es Rechtsprinzipien gebe, nach denen diese Lücke zu schließen sei, so sei eine Lückenausfüllung auch zum Nachteil des Steuerpflichtigen möglich. Das Vertrauen der Bürger in die bestehende Gesetzeslage werde dadurch nicht in unzulässiger Weise berührt. Der „Wortsinn“ eines Gesetzes biete schon deswegen keine hinreichende Grundlage für den Vertrauensschutz, weil innerhalb des möglichen Wortsinns meistens mehrere Auslegungsmöglichkeiten in Betracht kämen. Entscheidender Anknüpfungspunkt für einen etwaigen Vertrauensschutz könne deshalb nur der im Gesetz zum Ausdruck gekommene Sinnzusammenhang – der gesetzgeberische Plan – sein.

Auch wenn der mögliche Wortsinn meistens mehrere Auslegungsmöglichkeiten des Gesetzes zulässt, ist nach der Überzeugung des erkennenden Senats nicht ersichtlich, aus welchen Gründen das noch viel weniger konkrete Kriterium „gesetzgeberischer Plan“ eine bessere Grundlage für einen Vertrauensschutz des Steuerpflichtigen sein soll als der Gesetzestext, zumal die Anforderungen, die an einen solchen gesetzgeberischen Plan zu stellen sind, nicht umschrieben und schon gar nicht bestimmt worden sind. Allein die zahlreichen Änderungen und Ergänzungen, die § 18 Abs. 4 UmwStG in den letzten Jahren erfahren hat (vgl. zur Rechtsentwicklung dieser Norm allein: Klingberg in Blümich, EStG, KStG, GewStG, Band 5, Stand: 6/2008, § 18 UmwStG 2006, Randnr. 7), lassen berechtigte Zweifel aufkommen, ob ein gesetzgeberischer Plan noch immer als für die Praxis der Rechtsanwendung entscheidender Anknüpfungspunkt zur Verfügung steht.

Wollte man dennoch das vorgenannte Kriterium zur Anwendung bringen, kommt hinzu, dass dem Gesetzeswortlaut und den Gesetzesmaterialien gerade nicht eindeutig zu entnehmen ist, nach welchem Rechtsprinzip die „Lücke“ in § 18 Abs. 4 UmwStG zu schließen ist, denn die Vorschrift verbindet – wie oben dargelegt – mehrere einander ausschließende Prinzipien, nämlich einerseits, eine Umwandlung einer Körperschaft in eine Personengesellschaft möglichst steuerneutral zu gestalten, andererseits den Grundsatz unberührt zu lassen, nach dem Gewinne aus Betriebsveräußerung oder -aufgabe zwar bei der Körperschaft, nicht jedoch bei der Personengesellschaft der Gewerbesteuer unterliegen. Eine Lückenausfüllung hätte eine „Verschiebung“ dieser Prinzipien zu Lasten des Steuerpflichtigen zur Folge, die durch den eindeutigen Gesetzestext nicht gerechtfertigt wäre.

Zudem ist in diesem Zusammenhang hervorzuheben, dass der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs in dem Urteil vom 11. Dezember 2001 VIII R 23/01 (a. a. O., 478) die Vorschrift des § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 – strukturell gleich den entsprechenden Bestimmungen der Umwandlungssteuergesetze 1969 und 1977 – als spezialgesetzlichen Ausnahmetatbestand charakterisiert hat. Geht man mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs davon aus, dass gesetzliche Ausnahmetatbestände eng auszulegen sind (so z. B.: BFH, Urteile vom 4. November 1986 VIII R 1/84, BFHE 148, 446 ff., BStBl II 1987, 259, 260 rechte Spalte unten; vom 6. Dezember 2001 V R 43/00, BFH/NV 2002, 736 ff., 738 unter 2. c) der Gründe; differenzierend: Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 5. Auflage 1983, Seite 337 ff.), ist hieraus zu folgern, dass sich dann eine Ausweitung eines Ausnahmetatbestands durch eine ergänzende Rechtsfortbildung von vornherein verbietet.

Wenn der Gesetzgeber, wie in § 18 Abs. 4 UmwStG 1995 geschehen, sich zur Bekämpfung von unerwünschten Gestaltungen einer Sondervorschrift bedient, dann wird insoweit die gesetzgeberische Wertung grundsätzlich abschließend konkretisiert und die Grenze der zulässigen Steuergestaltung präzise markiert. Unter diesen Voraussetzungen kann neben der Sondervorschrift die allgemeine Vorschrift des § 42 AO keine Anwendung finden, weil Gestaltungen, die außerhalb der Sondervorschrift liegen, nicht unangemessen im Sinne des § 42 AO sein können. Grundsätzlich trägt der Staat – der Gesetzgeber – nach dem Prinzip der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung das Risiko, dass nicht alle Sachverhalte tatbestandskonkretisierend umschrieben sind.

Bleiben insoweit Regelungslücken, so ist es Sache des Gesetzgebers, diese in der auch insoweit vorrangigen Spezialregelung zu schließen (Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, a. a. O., § 18 Randnr. 35 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

FG Kassel 8 K 399/02

Nach alledem war dem Klageantrag zu 1.) in vollem Umfang zu entsprechen. Die ursprünglich bestehende KG ist im November 1998 zu einer GmbH & Co. KG umgestaltet worden, die als gewerblich geprägte Personengesellschaft nach § 2 Abs. 2 GewStG dem Grunde nach der Gewerbesteuer unterliegt. Die in den Monaten November und Dezember 1998 erzielten Gewinne überschreiten jedoch nicht den Freibetrag, so dass der Gewerbesteuermessbetrag auf Null DM festzusetzen war.

2. Über die in der Feststellungssache – Feststellung des laufenden Gewinns und Tarifermäßigung – gestellten Hilfsanträge, Klageanträge zu 3.) und 4.), ist nicht zu entscheiden.

Die Begehren in der Gewerbesteuermessbetragssache und der zuvor beschriebenen Feststellungssache sind nicht im Sinne einer kumulativen Klagenhäufung gleichrangig geltend gemacht worden, denn der Hauptantrag, der Klageantrag zu 1.), ist auf Herabsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 1998 auf Null DM und – beim Feststellungsbescheid – nur hilfsweise auf die Feststellung des laufenden Gewinns und der Tarifermäßigung gerichtet, also nur für den Fall des Misserfolgs des Hauptantrags gestellt.

Auch bei dieser sogenannten eventuellen Klagenhäufung werden die Hilfsanträge zwar mit Einreichung der Klage rechtshängig, so dass sofort über sie verhandelt werden kann; hat jedoch der Hauptantrag – wie hier – Erfolg und tritt somit die innerprozessuale Bedingung, an die das Hilfsbegehren gebunden ist, nicht ein, so entfällt hiermit zugleich auch rückwirkend dessen Rechtshängigkeit mit der Folge, dass über die Hilfsanträge nicht mehr zu entscheiden ist (BFH, Urteil vom 23. Januar 2001 VIII R 30/99, BFH/NV 2001, 827 unter II. 1. der Gründe mit weiteren Nachweisen).

3. Über die Feststellungssache – Feststellung des Veräußerungsgewinns –, Klageantrag zu 2.), ist ebenfalls nicht zu entscheiden. Insoweit handelt es sich um eine neue Klage, die sich gegen das Finanzamt K richtet und die der erkennende Senat mit Beschluss vom 27.03.2009 an das insoweit zuständige Finanzgericht Münster verwiesen hat.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO; die Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren beruht auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 151 Abs. 1 und 3 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

5. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Ziffer 1 und 2 FGO.

FG Kassel 8 K 399/02

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