FG Münster 9 K 3871/10 K

Dezember 1, 2024

FG Münster 9 K 3871/10 K

Gerichtsbeschluss vom 26.07.2011

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Die Klägerin, eine aufgelöste englische Limited, streitet mit dem Finanzamt um die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns aus einem Grundstücksverkauf in Deutschland.

Die Limited wurde 2009 aufgelöst („dissolved“) und im englischen Handelsregister gelöscht.

Der Prozessvertreter der Klägerin reichte eine von X, dem ehemaligen „director“ der Limited, unterzeichnete Prozessvollmacht ein.

Das Finanzgericht Münster hatte im vorhergehenden Verfahren zur Aussetzung der Vollziehung (AdV) Zweifel an der Wirksamkeit der Vollmacht geäußert,

da die Limited aufgelöst war und X möglicherweise nicht mehr vertretungsberechtigt war.

FG Münster 9 K 3871/10 K

Problem:

Das Finanzgericht musste entscheiden, ob die Klage der aufgelösten Limited zulässig ist, insbesondere ob der Prozessvertreter wirksam bevollmächtigt wurde.

Es stellte sich die Frage, ob eine aufgelöste englische Limited in Deutschland noch prozessfähig ist und wer sie in diesem Fall vertreten kann.

Lösung:

Das Finanzgericht wies die Klage als unzulässig ab, da der Prozessvertreter seine Bevollmächtigung nicht nachweisen konnte.

Begründung:

  • Auflösung der Limited: Die Klägerin war nach englischem Recht aufgelöst und existierte rechtlich nicht mehr.
  • Fortbestand als „Restgesellschaft“: Trotzdem war die Klägerin in Deutschland für steuerliche Zwecke als fortbestehend anzusehen, da sie noch steuerrechtliche Pflichten zu erfüllen hatte.

FG Münster 9 K 3871/10 K

  • Vertretungsberechtigung: Nach Auffassung des Gerichts war die aufgelöste Limited nicht mehr durch ihre bisherigen Organe („directors“) vertretungsberechtigt. Die von X erteilte Prozessvollmacht war daher unwirksam.
  • Keine Bestellung eines Nachtragsliquidators: Es war weder ein Nachtragsliquidator noch ein Pfleger für die aufgelöste Limited bestellt worden.
  • Keine Prozessvollmacht: Die vom Prozessvertreter vorgelegte Vollmacht vom 21.7.2009, die vor der Auflösung der Limited erteilt worden war, war ebenfalls nicht geeignet, die Bevollmächtigung nachzuweisen, da sie die Klägerin nicht als Vollmachtgeberin bezeichnete.
  • Kein Prozesspfleger: Die Bestellung eines Prozesspflegers kam nicht in Betracht, da die Klägerin selbst die Klage erhoben hatte.

Kosten:

Die Kosten des Verfahrens wurden X als ehemaligem „director“ der Klägerin auferlegt, da er die unwirksame Vollmacht erteilt und damit das Verfahren veranlasst hatte.

Revision:

Das Finanzgericht ließ die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zu, da die Frage der Handlungsfähigkeit und

Vertretung einer aufgelösten englischen Limited in einem deutschen finanzgerichtlichen Verfahren klärungsbedürftig ist.

FG Münster 9 K 3871/10 K

Fazit:

Der Beschluss verdeutlicht die (prozess-)rechtlichen Probleme, die sich im Zusammenhang mit aufgelösten ausländischen Gesellschaften stellen können.

Es zeigt sich, dass die Vertretungsbefugnis nach Auflösung einer Gesellschaft sorgfältig geprüft werden muss, um die Wirksamkeit von Prozesshandlungen sicherzustellen.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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