Kernaussage:
Das Finanzgericht Schleswig-Holstein entschied in seinem Urteil vom 31. Mai 2007, dass die erbschaftsteuerliche Begünstigung
des § 15 Abs. 1a ErbStG nicht für ehemalige Adoptivkinder gilt.
Demnach kann ein ehemaliges Adoptivkind nicht die Steuerklasse I und den damit verbundenen höheren Freibetrag in Anspruch nehmen,
wenn das Adoptionsverhältnis vor dem Erbfall aufgehoben wurde.
Sachverhalt:
Der Kläger wurde im Jahr 1950 von den Eheleuten A an Kindes statt angenommen. 1959 wurde diese Adoption wieder aufgehoben.
Im Jahr 1995 setzten sich die Eheleute A in einem gemeinsamen Testament gegenseitig als Erben ein und bestimmten den Kläger zum Erben des zuletzt Versterbenden.
Nach dem Tod von Frau A im Jahr 2004 beantragte der Testamentsvollstrecker für den Kläger die Anwendung der Steuerklasse I
und des entsprechenden Freibetrags nach § 15 Abs. 1a ErbStG.
Das Finanzamt setzte jedoch die Erbschaftsteuer unter Anwendung der Steuerklasse III fest.
Streitpunkt:
Der Kläger argumentierte, dass § 15 Abs. 1a ErbStG auch ehemalige Adoptivkinder begünstige, da der Wortlaut der Vorschrift nicht eindeutig sei.
Er sah sich durch die Aufhebung der Adoption in seinen Rechten verletzt und forderte die Anwendung der Steuerklasse I.
Entscheidung des Finanzgerichts:
Das Finanzgericht wies die Klage ab und bestätigte die Entscheidung des Finanzamts.
Zur Begründung führte das Gericht aus, dass § 15 Abs. 1a ErbStG nach seinem Wortlaut, seiner Entstehungsgeschichte
und dem Sinn und Zweck der Regelung nur das Verhältnis des Adoptivkindes zu seinen leiblichen Eltern und Verwandten erfasst.
Die Vorschrift solle sicherstellen, dass Adoptivkinder erbschaftsteuerlich nicht schlechter gestellt werden als leibliche Kinder.
Eine Ausdehnung der Begünstigung auf ehemalige Adoptivverhältnisse sei weder vom Wortlaut noch von der Entstehungsgeschichte der Norm gedeckt.
Begründung im Detail:
Wortlaut: Der Wortlaut des § 15 Abs. 1a ErbStG ist zwar nicht eindeutig, lässt aber nach Auffassung des Gerichts mehrere Deutungen zu. Die vom Kläger vertretene Auslegung, dass die Vorschrift auch ehemalige Adoptionsverhältnisse erfasst, wird vom Gericht jedoch abgelehnt.
Entstehungsgeschichte: Die Entstehungsgeschichte der Norm spreche gegen die Auslegung des Klägers. § 15 Abs. 1a ErbStG sei im Jahr 1980 im Zuge der Reform des Adoptionsrechts eingeführt worden, um die erbschaftsteuerliche Behandlung von Adoptivkindern an die neuen zivilrechtlichen Regelungen anzupassen. Ziel der Regelung sei es gewesen, die bisherige Begünstigung von Adoptivkindern im Verhältnis zu ihren leiblichen Eltern und Verwandten beizubehalten. Eine Ausdehnung der Begünstigung auf ehemalige Adoptivverhältnisse sei nicht beabsichtigt gewesen.
Sinn und Zweck: Der Sinn und Zweck des § 15 Abs. 1a ErbStG bestehe darin, die erbschaftsteuerliche Benachteiligung von Adoptivkindern zu verhindern. Diesem Zweck werde durch die vom Kläger vertretene Auslegung nicht gedient. Im Gegenteil: Eine Ausdehnung der Begünstigung auf ehemalige Adoptivverhältnisse würde zu einer Ungleichbehandlung von Adoptivkindern und leiblichen Kindern führen.
Systematische Erwägungen: Auch systematische Erwägungen sprächen gegen die Auslegung des Klägers. Das Erbschaftsteuerrecht differenziere die Steuerbelastung nach dem Verwandtschaftsgrad. Ausnahmen von diesem Grundsatz, wie sie in § 15 Abs. 1a ErbStG vorgesehen sind, seien eng auszulegen. Eine Ausdehnung der Begünstigung auf ehemalige Adoptivverhältnisse würde diese Systematik durchbrechen.
Verfassungsrechtliche Bedenken: Das Gericht sah in seiner Auslegung des § 15 Abs. 1a ErbStG keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere liege kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vor. Die Ungleichbehandlung von Adoptivkindern und ehemaligen Adoptivkindern sei durch sachliche Gründe gerechtfertigt.
Fazit:
Das Urteil des Finanzgerichts Schleswig-Holstein verdeutlicht, dass die erbschaftsteuerliche Begünstigung des § 15 Abs. 1a ErbStG eng auszulegen ist
und nur für das Verhältnis des Adoptivkindes zu seinen leiblichen Eltern und Verwandten gilt.
Ehemalige Adoptivkinder können die Begünstigung nicht in Anspruch nehmen.
Die Entscheidung des Gerichts ist nachvollziehbar und entspricht dem Willen des Gesetzgebers.
Schleswig-Holst FG 3 K 114/06
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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