Fiskuserbrecht und Europäische Erbrechtsverordnung
Wenn der Staat erbt: Was passiert mit Ihrem Nachlass?
Stellen Sie sich vor, jemand verstirbt, ohne nahe Angehörige zu hinterlassen, oder alle Erben lehnen das Erbe ab. Was passiert dann? In solchen Fällen springt der Staat als eine Art „Noterbe“ ein. Doch keine Sorge, das ist kein Freifahrtschein für den Staat, sich einfach alles unter den Nagel zu reißen. Als Kanzlei RA und Notar Krau erklären wir Ihnen heute, was es bedeutet, wenn der Staat erbt und welche Besonderheiten dabei zu beachten sind.
Ein wichtiger Punkt ist oft die Lebensversicherung. Wenn im Vertrag pauschal „die Erben“ als Begünstigte genannt sind und der Staat mit anderen Erben gemeinsam erbt, dann geht das Geld aus der Lebensversicherung allein an die anderen Erben. Der Staat geht hier leer aus. Ist der Staat allerdings der einzige Erbe, dann steht ihm auch die Auszahlung der Lebensversicherung zu.
Was ist, wenn der Verstorbene Anteile an einer offenen Handelsgesellschaft (oHG) oder Kommanditgesellschaft (KG) besaß? In vielen Gesellschaftsverträgen steht, dass die Gesellschaft mit den Erben fortgeführt wird. Doch keine Sorge: Wenn der Staat als Erbe ins Spiel kommt, wird diese Klausel normalerweise nicht so ausgelegt, dass die Gesellschaft mit dem Staat weitergeführt werden soll. Es ist nicht gewünscht, dass der Staat plötzlich zum Geschäftspartner wird.
Man kann die Beteiligung des Staates an einem solchen Unternehmen auch nicht einfach ablehnen, nur weil der Staat das Erbe nicht ausschlagen kann. Das liegt daran, dass der Staat keine unbegrenzte Haftung befürchten muss. Ähnlich wie jeder andere Erbe kann der Staat seine Beteiligung an Bedingungen knüpfen. Er kann zum Beispiel verlangen, die Stellung eines Kommanditisten zu erhalten – das bedeutet, seine Haftung ist auf eine bestimmte Einlage begrenzt – und seinen Gewinnanteil behalten. Das Gleiche gilt übrigens auch für die Beteiligung an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR).
Wenn der Staat erbt, spricht man von einer „Fiskuserbschaft“. Die Abwicklung übernehmen dann spezielle Behörden. In Bayern ist das beispielsweise das Landesamt für Finanzen, in Hessen die Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main. Wird der Bund zum Erben, ist die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben zuständig.
Seit dem 17. August 2015 gelten neue Regeln durch die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO). Sie bestimmt, welches Recht im Erbfall angewendet wird. Ausschlaggebend ist nicht mehr, wo der Verstorbene die Staatsangehörigkeit hatte, sondern wo er seinen „gewöhnlichen Aufenthaltsort“ hatte – also der Ort, an dem er zuletzt seinen Lebensmittelpunkt hatte.
Das bedeutet: Der deutsche Staat erbt nur noch, wenn der Verstorbene zum Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort in Deutschland hatte. Eine Ausnahme gibt es, wenn ein deutscher Staatsangehöriger ausdrücklich deutsches Recht für seine Nachfolge gewählt hat.
Gerade bei Vermögen im Ausland kann es kompliziert werden: Hier hat oft das Land Vorrang, in dem sich das Vermögen befindet, wenn dessen Gesetze einen Zugriff der Gläubiger auf den Nachlass sicherstellen. Der „Aneignungsstaat“ setzt sich dann gegenüber dem „Erbenstaat“ durch.
Haben Sie Fragen zu Ihrem Erbe oder möchten Sie sicherstellen, dass Ihr Nachlass in die richtigen Hände gelangt? Sprechen Sie uns gerne an!
Ihr RA und Notar Krau