Folgen des Erbfalls für Vertretungsverhältnisse
RA und Notar Krau
Manchmal geben Menschen anderen eine Vollmacht. Das ist eine Erlaubnis, in ihrem Namen Geschäfte zu erledigen. Was passiert aber mit dieser Vollmacht, wenn jemand stirbt – entweder die Person, die die Vollmacht erteilt hat (der Vollmachtgeber), oder die Person, die die Vollmacht bekommen hat (der Bevollmächtigte)?
Was passiert, wenn der Bevollmächtigte stirbt?
Wenn die Person, die die Vollmacht erhalten hat (der Bevollmächtigte), stirbt, dann endet die Vollmacht normalerweise. Stellen Sie sich vor, Sie haben einem Freund eine Vollmacht gegeben, damit er für Sie ein Paket abholt. Wenn Ihr Freund stirbt, kann er das Paket natürlich nicht mehr abholen, und die Erlaubnis dazu erlischt.
Das liegt daran, dass die Vollmacht oft eng mit einem bestimmten „Auftrag“ oder „Geschäft“ verbunden ist. Diese Aufträge enden in der Regel, wenn die Person, die sie ausführen soll, stirbt.
Gibt es Ausnahmen? Ja, sehr selten. Wenn die Vollmacht ausnahmsweise nicht erlischt, dann könnten die Erben des verstorbenen Bevollmächtigten die Geschäfte in seinem Namen weiterführen. Das ist aber eher die Ausnahme als die Regel.
Was passiert, wenn der Vollmachtgeber stirbt?
Hier ist die Situation etwas anders: Stirbt die Person, die die Vollmacht erteilt hat (der Vollmachtgeber), dann endet die Vollmacht in der Regel nicht automatisch. Das ist für Laien oft überraschend.
Warum ist das so? Ganz einfach: Man möchte oft, dass bestimmte Dinge auch nach dem eigenen Tod weiterlaufen oder geregelt werden. Wenn Sie zum Beispiel Ihrem Anwalt eine Vollmacht gegeben haben, soll er auch nach Ihrem Tod Ihren Fall weiterführen können, um Ihre Erben zu schützen.
Hier sind einige wichtige Punkte dazu:
- Anwälte und Gerichtsverfahren: Eine Vollmacht für einen Anwalt, zum Beispiel für ein Gerichtsverfahren, bleibt auch nach dem Tod des Vollmachtgebers gültig. Der Anwalt kann dann weiterhin im Namen der Erben handeln.
- Betreuungs- und Vorsorgevollmachten: Diese Vollmachten sind dazu da, jemandem zu helfen, wenn er seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann (z.B. wegen Krankheit oder Alter). Ob solche Vollmachten über den Tod hinaus gelten, hängt davon ab, was genau in der Vollmacht steht. Wenn nichts Besonderes vermerkt ist, enden sie oft mit dem Tod des Vollmachtgebers, da der Grund für die Betreuung (die Hilfsbedürftigkeit der Person) ja entfällt.
- Vollmacht für persönliche Rechte: Wenn eine Vollmacht sich auf etwas sehr Persönliches bezieht, das mit dem Tod der Person endet (z.B. das Recht zu heiraten), dann erlischt diese Vollmacht mit dem Tod.
- Keine Vollmacht vorhanden: Wenn jemand ohne Vollmacht für eine Person handelt, die bereits verstorben ist, dann können die Erben diese Handlungen nachträglich nicht genehmigen. Man kann nicht für jemanden handeln, der nicht mehr da ist.
Folgen des Erbfalls für Vertretungsverhältnisse
Vollmacht und ein „Auftrag“: Warum ist das wichtig?
Es ist wichtig zu wissen, ob der Vollmacht eine Art „Auftrag“ zugrunde liegt. Ein Auftrag ist eine Vereinbarung, bei der jemand etwas für eine andere Person erledigen soll.
- Warum wichtig? Wenn ein solcher Auftrag besteht, haben die Erben des Vollmachtgebers später das Recht, vom Bevollmächtigten Auskunft darüber zu verlangen, was er zu Lebzeiten des Vollmachtgebers alles erledigt hat.
- Beispiel Ehepartner: Wenn ein Ehepartner dem anderen eine Kontovollmacht gibt, steckt dahinter oft kein formaler „Auftrag“ im rechtlichen Sinne. Es ist eher eine Sache des Vertrauens. Dann hätten die Erben in der Regel keine Auskunftsansprüche über die Geschäfte zu Lebzeiten.
- Beispiel Familienmitglieder/Fremde: Bei anderen Familienmitgliedern (z.B. Kindern) oder sogar Fremden, die größere Vermögenswerte verwalten sollen, wird eher ein „Auftrag“ angenommen. Dann haben die Erben auch Auskunftsrechte.
Vollmachten, die über den Tod hinausgehen
Es gibt zwei besondere Arten von Vollmachten, die genau dafür gedacht sind, auch nach dem Tod des Vollmachtgebers zu wirken:
- Transmortale Vollmacht: Diese Vollmacht wird zu Lebzeiten erteilt und bleibt auch nach dem Tod des Vollmachtgebers gültig.
- Postmortale Vollmacht: Diese Vollmacht wird ebenfalls zu Lebzeiten erteilt, wirkt aber erst, wenn der Vollmachtgeber verstorben ist.
Was bewirken diese Vollmachten? Sie ermöglichen es dem Bevollmächtigten, nach dem Tod des Vollmachtgebers weiterhin Geschäfte im Namen der Erben zu tätigen. Das erleichtert die Abwicklung des Nachlasses, da der Bevollmächtigte sofort handeln kann, ohne auf einen Erbschein oder ähnliches warten zu müssen.
- Widerruf: Die Erben können diese Vollmachten aber widerrufen, also unwirksam machen.
- Banken: Eine Bank muss den Anweisungen eines Bevollmächtigten mit einer solchen Vollmacht folgen, auch wenn es Erben gibt.
- Interessen der Erben: Der Bevollmächtigte muss immer die Interessen der Erben berücksichtigen. Wenn die Erben feststehen, sollte er im Zweifelsfall mit ihnen Rücksprache halten.
Wichtig bei Alleinerben: Wenn der Bevollmächtigte gleichzeitig der Alleinerbe ist, kann es im Grundbuchamt manchmal Probleme geben. Manche Gerichte meinen, dass die Vollmacht dann „erlischt“, weil die gleiche Person nun der Erbe und der Bevollmächtigte ist. Andere Gerichte sehen das lockerer, um die Nachlassabwicklung nicht unnötig zu erschweren. Im Idealfall sollte die Vollmacht auch dann gelten.
- Kontovollmacht: Eine über den Tod hinausgehende Kontovollmacht berechtigt den Bevollmächtigten normalerweise nicht dazu, das Konto einfach auf sich selbst umschreiben zu lassen. Sie dient eher dazu, Geld abzuheben oder Überweisungen zu tätigen.
Andere Arten von Vertretungen
- Handlungsvollmacht und Prokura: Das sind spezielle Vollmachten im Geschäftsleben. Die Prokura (eine sehr weitreichende Vollmacht für Kaufleute) erlischt ausdrücklich nicht mit dem Tod des Geschäftsinhabers. Das ist im Gesetz so festgelegt.
- Verfügungsmacht und Treuhand: Ähnlich wie bei der Vollmacht hängt es davon ab, was vereinbart wurde, ob diese Befugnisse mit dem Tod enden oder weiterbestehen. Ein Treuhänder, der Vermögen für jemand anderen verwaltet, muss dieses Vermögen nach dem Tod normalerweise an die Erben zurückgeben.
- Gesetzlicher Vertreter (z.B. Betreuer) und Ämter: Personen, die aufgrund eines Gesetzes oder eines Amtes handeln (z.B. ein gerichtlicher Betreuer, ein Insolvenzverwalter oder ein Testamentsvollstrecker), sind sehr eng an ihre Person gebunden. Ihr Amt endet daher mit ihrem eigenen Tod. Die Aufgaben gehen nicht auf ihre Erben über. Der Tod der betreuten Person oder des Schuldners führt aber nicht zwangsläufig zum Ende des Amtes; der Verwalter handelt dann im Rahmen der Erben.
Folgen des Erbfalls für Vertretungsverhältnisse
Zusammenfassend lässt sich sagen: Ob eine Vollmacht mit dem Tod endet, hängt stark davon ab, wer stirbt und welche Art von Vollmacht vorliegt. Während der Tod des Bevollmächtigten die Vollmacht meistens beendet, bleibt die Vollmacht beim Tod des Vollmachtgebers oft bestehen, um die Abwicklung der Angelegenheiten zu erleichtern – insbesondere, wenn dies ausdrücklich so gewünscht wurde.
Gibt es noch etwas, das Sie zum Thema Vollmachten und Tod wissen möchten?