RA und Notar Krau
Die Beteiligte zu 3) legte Beschwerde gegen einen Beschluss des Amtsgerichts ein,
mit dem die Tatsachen für die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins an die Beteiligten zu 1) und 2) festgestellt wurden.
Die Erblasserin hatte ein notarielles Testament errichtet, in dem sie die Beteiligten zu 1) und 2) als Erben einsetzte.
Nach dem Tod der Erblasserin fand sich ein handschriftliches Schriftstück mit der Überschrift „Zusatzvermächtnis“, in dem die Beteiligte zu 3) einen erheblichen Vermögenswert erhalten sollte.
Dieses Schriftstück war nicht unterschrieben.
Die Beteiligte zu 3) machte geltend, dass das „Zusatzvermächtnis“ zusammen mit einem weiteren handschriftlichen Schriftstück, das mit
„Euer Tante M“
unterzeichnet war, ein formwirksames Testament bilde.
Formwirksamkeit Testament auf mehreren Blättern
Entscheidung des OLG Hamm:
Das OLG Hamm wies die Beschwerde zurück.
Begründung:
- Zulässigkeit der Beschwerde:
Das OLG äußerte Bedenken hinsichtlich der Wahrung der Beschwerdefrist.
Die Beteiligte zu 3) beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Das OLG ließ die Frage der Fristwahrung offen, da die Beschwerde in der Sache unbegründet war.
- Formwirksamkeit des „Zusatzvermächtnisses“:
Das OLG entschied, dass das „Zusatzvermächtnis“ keine formwirksame Ergänzung oder Änderung des notariellen Testaments darstellt.
Begründung:
- Unterschriftserfordernis: Gemäß § 2247 BGB bedarf ein eigenhändiges Testament der Unterschrift des Erblassers.
- Ergänzungen und Änderungen: Ergänzungen oder Änderungen eines Testaments, die sich auf einem besonderen Blatt befinden, bedürfen einer erneuten Unterschrift.
- Keine Ausnahme vom Unterschriftserfordernis: Das „Zusatzvermächtnis“ enthielt keine bloßen Klarstellungen oder Berichtigungen, sondern eine erhebliche Änderung der Erbeinsetzung. Daher war eine Unterschrift erforderlich.
- Kein Zusammenhang mit dem unterzeichneten Schriftstück:
Formwirksamkeit Testament auf mehreren Blättern
Das OLG entschied, dass das „Zusatzvermächtnis“ auch nicht zusammen mit dem mit
„Euer Tante M“
unterzeichneten Schriftstück ein formwirksames Testament bildet.
Begründung:
- Innerer Zusammenhang erforderlich: Besteht ein Testament aus mehreren Blättern, genügt eine Unterschrift auf dem letzten Blatt nur, wenn die Zusammengehörigkeit der Blätter erkennbar ist (z.B. durch Nummerierung, fortlaufenden Text).
- Kein innerer Zusammenhang: Im vorliegenden Fall fehlte der erforderliche innere Zusammenhang zwischen dem „Zusatzvermächtnis“ und dem unterzeichneten Schriftstück.
- Gleiche Schreibmaterialien nicht ausreichend: Die Verwendung derselben Schreibmaterialien reichte angesichts der unterschiedlichen Form der Schreiben nicht aus, um einen inneren Zusammenhang anzunehmen.
- Keine Auslegung des letzten Willens:
Das formnichtige „Zusatzvermächtnis“ konnte nicht zur Auslegung des letzten Willens der Erblasserin herangezogen werden.
Ergebnis:
Die Beschwerde wurde zurückgewiesen, da das „Zusatzvermächtnis“ keine formwirksame Ergänzung des notariellen Testaments darstellte.
Leitsatz:
Besteht ein Testament aus einzelnen losen Blättern, die in keinem inneren Zusammenhang stehen, und ist nur ein Blatt unterschrieben,
so stellt nur dieses ein wirksames Testament dar, während die nicht unterschriebenen Blätter keine gültigen Testamente sind.