Fortführung Steuervorteile aus Sanierungsmaßnahmen an Denkmalobjekten durch Erben

Juni 14, 2025

Fortführung Steuervorteile aus Sanierungsmaßnahmen an Denkmalobjekten durch Erben

RA und Notar Krau

Dieses Urteil des Finanzgerichts Sachsen-Anhalt vom 24. Juli 2024 (Az. 1 K 903/21) behandelt eine wichtige Frage im deutschen Steuerrecht: Können Erben die Steuervorteile aus Sanierungsmaßnahmen an Denkmalobjekten, die der Erblasser begonnen hat, weiterführen?


Was war der Fall?

Der Kläger erbte zusammen mit seiner Mutter und Schwester Anteile an einem Haus, das seine Eltern saniert und selbst bewohnt hatten. Für die Sanierung hatten die Eltern die Möglichkeit genutzt, bestimmte Ausgaben als Sonderausgaben von der Steuer abzusetzen, gemäß § 10f Einkommensteuergesetz (EStG). Diese Regelung erlaubt es Eigentümern von denkmalgeschützten Gebäuden, Sanierungskosten über einen Zeitraum von zehn Jahren steuerlich geltend zu machen.

Der Vater des Klägers verstarb 2017, noch bevor der zehnjährige Abzugszeitraum für die Sanierungskosten abgelaufen war. Später wurde der Kläger Alleineigentümer des Hauses und nutzte es weiterhin zu Wohnzwecken. Er wollte die restlichen, vom Vater noch nicht abgesetzten Beträge nun selbst von seiner Einkommensteuer abziehen. Das Finanzamt lehnte dies ab. Daraufhin klagte der Erbe.


Worum ging es rechtlich?

Kern der Auseinandersetzung war die Frage, ob der Erbe die noch nicht ausgeschöpften Steuerabzüge seines Vaters fortführen kann. Der Kläger argumentierte, dass er als sogenannter Gesamtrechtsnachfolger in die „Fußstapfen“ seines Vaters trete. Er verwies auf § 11d der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV), eine Regelung, die in manchen Fällen erlaubt, Abschreibungen (Absetzung für Abnutzung – AfA) von einem verstorbenen Eigentümer fortzusetzen.

Das Finanzgericht Sachsen-Anhalt musste entscheiden, ob diese „Fußstapfen-Theorie“ auch für die Sonderausgaben nach § 10f EStG gilt.

Fortführung Steuervorteile aus Sanierungsmaßnahmen an Denkmalobjekten durch Erben


Was hat das Gericht entschieden?

Das Gericht wies die Klage des Erben ab und gab dem Finanzamt recht. Es stellte klar, dass die noch nicht abgezogenen Beträge des verstorbenen Vaters nicht auf den Erben übergehen.

Hier die wesentlichen Begründungen des Gerichts:

  • Einkommensteuer ist Personensteuer: Die Einkommensteuer knüpft an die individuelle Leistungsfähigkeit einer Person an. Jede Person wird für sich besteuert. Der Tod beendet die persönliche Steuerpflicht für den Erblasser. Erbe und Erblasser sind rechtlich getrennte Personen.
  • Keine Übertragbarkeit von Sonderausgaben: Steuerliche Vorteile wie der Abzug von Sonderausgaben nach § 10f EStG sind höchstpersönlich. Sie sind an die Person gebunden, die die Kosten ursprünglich getragen hat. Der Erbe hat diese Kosten nicht selbst gehabt. Das Steuerrecht sieht grundsätzlich nicht vor, dass solche „Drittaufwendungen“ von anderen Personen geltend gemacht werden können.
  • „Fußstapfen-Theorie“ nicht anwendbar: Die vom Kläger genannte Regelung des § 11d EStDV, die die „Fußstapfen-Theorie“ begründet, bezieht sich auf Abschreibungen (AfA) und nicht auf Sonderausgaben. Das Gericht betonte, dass § 10f EStG keine Abschreibungsnorm ist. Eine vergleichbare Anwendung dieser Regelung auf Sonderausgaben kommt nicht infrage, da es sich bei § 11d EStDV um eine Ausnahmeregelung handelt, die nicht einfach auf andere Fälle übertragen werden kann.
  • Bindung an frühere BFH-Rechtsprechung: Das Gericht verwies auf eine wichtige Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) aus dem Jahr 2007 (Großer Senat, Az. GrS 2/04). Dort wurde bereits entschieden, dass nicht genutzte Verlustvorträge eines Erblassers nicht auf den Erben übergehen, da auch diese höchstpersönlich sind. Das Gericht sah diese Grundsätze auch für die Sonderausgaben nach § 10f EStG als anwendbar an.

Was bedeutet das Urteil?

Dieses Urteil ist wichtig für Erben von Immobilien mit Steuervorteilen. Es bedeutet, dass:

  • Wenn eine Person stirbt, bevor sie alle Steuervergünstigungen für Sanierungen an einem Denkmalobjekt nach § 10f EStG vollständig genutzt hat, diese nicht auf die Erben übergehen.
  • Erben können die noch nicht abgesetzten Beträge des Erblassers nicht mehr von ihrer eigenen Einkommensteuer abziehen, auch wenn sie das Objekt selbst bewohnen.
  • Die „Fußstapfen-Theorie“ gilt nicht allgemein im Steuerrecht, sondern ist auf bestimmte Abschreibungsfälle beschränkt.

Das Gericht hat die Revision zugelassen. Das bedeutet, dass der Fall noch vor dem Bundesfinanzhof (BFH) verhandelt werden kann. Da es in der Fachliteratur unterschiedliche Meinungen zu diesem Thema gibt, ist eine Klärung durch das höchste deutsche Finanzgericht wünschenswert.


Was könnte die Konsequenz für die Zukunft sein?

Sollte das Urteil des Finanzgerichts Sachsen-Anhalt auch vom Bundesfinanzhof bestätigt werden, hätten Erben von denkmalgeschützten Immobilien, bei denen der ursprüngliche Eigentümer verstorben ist, einen steuerlichen Nachteil. Es unterstreicht die Bedeutung der persönlichen Steuerpflicht und die Schwierigkeit, bestimmte Steuervorteile über den Tod hinaus zu übertragen.

Haben Sie Fragen zu anderen Aspekten des Erbrechts oder Steuerrechts?

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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