FG Düsseldorf 4 K 3151/19 Erb
Urteil vom 30.06.2021
Rechtmäßigkeit Erbschaftsteuerfestsetzung
abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen § 163 I 1 AO
Kernaussage:
Das Finanzgericht Düsseldorf entschied, dass die Erbschaftsteuer für einen Erben, der aufgrund eines langjährigen Erbstreits erst Jahre nach dem Tod des Erblassers
von seinem Erbe erfuhr und keine Vermögenswerte aus dem Nachlass erhalten hat, aus Billigkeitsgründen auf 0 € festzusetzen ist.
Sachverhalt:
Der Kläger wurde testamentarisch zu 1/3 zum Erben eingesetzt.
Die Mutter und die Schwester des Erblassers beantragten jedoch einen Erbschein als gesetzliche Erbinnen,
der ihnen aufgrund des zunächst unbekannten Testaments auch erteilt wurde.
Erst Jahre später wurde dieser Erbschein eingezogen und ein neuer Erbschein zugunsten des Klägers und der beiden anderen Erben erteilt.
Zu diesem Zeitpunkt war der Nachlass jedoch bereits aufgebraucht.
Der Kläger hatte zwar Kenntnis von dem Testament, jedoch nicht von der Mittellosigkeit der anderen Erben.
Das Finanzamt setzte gegen den Kläger Erbschaftsteuer fest, da er zum Zeitpunkt des Erbfalls Erbe geworden war.
Der Kläger beantragte die Festsetzung der Erbschaftsteuer auf 0 €, da er aus dem Nachlass nichts erhalten habe.
Entscheidung des Finanzgerichts:
Das Finanzgericht gab dem Kläger im Wesentlichen Recht.
Es entschied, dass die Erbschaftsteuer zwar grundsätzlich zu Recht festgesetzt worden sei, jedoch aus Billigkeitsgründen auf 0 € festzusetzen sei.
Begründung:
Stichtagsprinzip: Grundsätzlich ist für die Erbschaftsteuer der Zeitpunkt des Todes des Erblassers maßgeblich (Stichtagsprinzip). Nachträgliche Ereignisse, wie der spätere Verbrauch des Nachlasses, werden hierbei nicht berücksichtigt.
Ausnahme: In Ausnahmefällen kann von diesem Prinzip abgewichen werden, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Besteuerung den Erben übermäßig belastet und seine Vermögensverhältnisse so grundlegend beeinträchtigt, dass sie eine erdrosselnde Wirkung haben.
Härtefall: Im vorliegenden Fall lag ein solcher Härtefall vor. Der Kläger hatte aufgrund des langjährigen Erbstreits keine Möglichkeit, auf den Nachlass zuzugreifen. Er war daher durch die Erbschaftsteuer übermäßig belastet, da er keine Vermögenswerte aus dem Nachlass erhalten hatte.
Sicherungsmaßnahmen: Das Finanzgericht wies darauf hin, dass der Kläger zwar Sicherungsmaßnahmen hätte beantragen können, dies jedoch keinen Einfluss auf die Entscheidung habe. Angesichts der verworrenen Erbrechtslage sei ungewiss gewesen, ob diese Maßnahmen erfolgreich gewesen wären. Zudem sei das Nachlassgericht verpflichtet gewesen, von Amts wegen tätig zu werden.
Pflichtteilsanspruch: Auch der als Nachlassgegenstand berücksichtigte Pflichtteilsanspruch änderte nichts an der Entscheidung. Der Kläger hatte erst nach dem Verbrauch des Nachlasses von diesem Anspruch erfahren.
Spruchreife: Die Sache war spruchreif, da das Ermessen des Finanzamts aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der verfassungsrechtlichen Bindungen derart reduziert war, dass sich die Festsetzung der Erbschaftsteuer auf 0 € als einzig zutreffende Entscheidung darstellte.
Fazit:
Das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf zeigt, dass das Stichtagsprinzip im Erbschaftsteuerrecht nicht absolut gilt.
In Ausnahmefällen kann es zu unbilligen Ergebnissen führen, die durch eine abweichende Steuerfestsetzung korrigiert werden müssen.
Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Erbe aufgrund von Umständen, die er nicht zu vertreten hat, keine Vermögenswerte aus dem Nachlass erhält.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.