Garagenrecht an einem benachbarten Grundstück
Bundesgerichtshof Urt. v. 09.01.1981, Az.: V ZR 58/79
RA und Notar Krau
Dieses Dokument fasst einen Gerichtsfall des Bundesgerichtshofs (BGH) zusammen, der sich mit dem Recht zur Nutzung einer Garage auf einem Nachbargrundstück befasst.
Die beteiligten Parteien und der Hintergrund des Falls
Es geht um zwei benachbarte Grundstücke in Berlin, deren Eigentümer in Streit geraten sind. Die Kläger, Eheleute H., sind die aktuellen Eigentümer des Vordergrundstücks.
Die Beklagten,Eheleute P., sind Eigentümer des rückwärtigen Grundstücks und nutzen eine Garage auf dem Grundstück der Kläger.
Ursprünglich gehörten beide Grundstücke Hermann W. Er verkaufte 1969 einen Teil an die Beklagten und den anderen Teil an Kaufmann H. Die Beklagten erhielten von H das Recht, eine Garage auf seinem Grundstück zu bauen und zu nutzen, was durch eine sogenannte Grunddienstbarkeit im Grundbuch gesichert werden sollte.
Die Teilung der Grundstücke wurde 1970 von der Baubehörde genehmigt. Diese Genehmigung enthielt eine Auflage: Auf dem Vordergrundstück müsse dauerhaft ein Garagenstellplatz oder eine Garagenbaufläche sowie die Zufahrt dafür öffentlich-rechtlich (durch eine Baulast) und privatrechtlich (durch eine Grunddienstbarkeit) gesichert werden. Daraufhin gab H eine Verpflichtungserklärung für eine Baulast ab, die auch im Baulastenverzeichnis eingetragen wurde. Im Jahr 1978 wurde dann auch die Grunddienstbarkeit für die Garagennutzung im Grundbuch eingetragen.
Später verkaufte der Insolvenzverwalter von H dessen Grundstück an die Kläger. Die Kläger verlangten die Räumung und Herausgabe der Garage von den Beklagten. Das Landgericht wies die Klage ab, da die Kläger zu diesem Zeitpunkt noch nicht Eigentümer waren. Später, nachdem die Grunddienstbarkeit eingetragen und die Kläger als Eigentümer im Grundbuch standen, verlangten sie zusätzlich die Löschung dieses Garagenrechts.
Was ist eine Grunddienstbarkeit und eine Baulast?
Die Entscheidung des BGH
Der BGH musste zwei Hauptfragen klären: den Anspruch auf Löschung der Grunddienstbarkeit und den Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Garage.
1. Anspruch auf Löschung der Grunddienstbarkeit (Garagenrecht)
Das Kammergericht (Berufungsgericht) hatte den Löschungsanspruch abgewiesen, weil es meinte, die Kläger seien als Rechtsnachfolger von H aufgrund der Teilungsgenehmigung verpflichtet, das Garagenrecht zu dulden. Der BGH sah das anders und hob das Urteil des Kammergerichts in diesem Punkt auf.
Der BGH stellte klar, dass die Grunddienstbarkeit erst mit ihrer Eintragung im Grundbuch 1978 wirksam wurde, also nach der Vormerkung zugunsten der Kläger (die einen späteren Eigentumserwerb sichert). Verfügungen, die nach einer Vormerkung getroffen werden und den gesicherten Anspruch beeinträchtigen, können aufgehoben werden.
Entscheidend war für den BGH, dass die Auflage in der Teilungsgenehmigung, eine Grunddienstbarkeit zu bestellen, unzulässig war. Die Baubehörde kann zwar öffentlich-rechtliche Verpflichtungen (wie eine Baulast) zur Bedingung einer Genehmigung machen, aber sie kann nicht direkt in privatrechtliche Vereinbarungen zwischen Grundstückseigentümern eingreifen oder deren Abschluss vorschreiben. Eine Teilungsgenehmigung ist ein sogenannter „gestaltender Verwaltungsakt“ und kann nicht mit Bedingungen verbunden werden, die den Inhalt privatrechtlicher Beziehungen beeinflussen.
Da die Auflage unzulässig war, konnten die Beklagten daraus keinen direkten Anspruch gegen die Kläger auf Bestellung der Grunddienstbarkeit ableiten. Die Baubehörde selbst könnte auch von der Durchsetzung dieser unzulässigen Auflage absehen.
Allerdings gab der BGH dem Kammergericht auf, zu prüfen, ob den Klägern beim Kauf des Grundstücks bekannt war, dass Heilscher bereits ein Garagenrecht bewilligt hatte und dass sie die entsprechenden Belastungen zugunsten der Beklagten übernommen hatten. Falls ja, wäre die spätere Eintragung der Grunddienstbarkeit nicht „vormerkungswidrig“, und den Klägern stünde kein Löschungsanspruch zu.
2. Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Garage
Hinsichtlich des Anspruchs auf Räumung und Herausgabe der Garage wies der BGH die Revision der Kläger zurück. Das bedeutet, er bestätigte die Entscheidung des Kammergerichts, das die Klage auf Räumung abgewiesen hatte.
Der BGH begründete dies mit dem Grundsatz des „Rechtsmissbrauchs“ (§ 242 BGB, bekannt als „Treu und Glauben“). Auch wenn die privatrechtlichen Folgen einer Baulast gesetzlich nicht explizit geregelt sind und sie in erster Linie ein öffentlich-rechtliches Ziel verfolgt, hat die Baulast hier eine wichtige Bedeutung. Die Baulast wurde vom Rechtsvorgänger der Kläger (H) übernommen, um den Beklagten zu ermöglichen, ihrer öffentlich-rechtlichen Pflicht zur Schaffung eines Stellplatzes nachzukommen.
Solange diese Baulast besteht und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Baubehörde sie nicht durchsetzen oder auf sie verzichten wird, sind auch die Kläger als Rechtsnachfolger daran gebunden. Wenn die Kläger die Räumung der Garage verlangen, verstoßen sie nicht nur gegen ihre Verpflichtung aus der Baulast gegenüber der Behörde, sondern zwingen die Beklagten auch in eine baurechtswidrige Lage, da diese dann ihren Stellplatzpflichten nicht nachkommen könnten. Das Gericht stellte fest, dass es rechtsmissbräuchlich ist, die Räumung zu verlangen, wenn man gleichzeitig durch eine Baulast zur Duldung der Garage verpflichtet ist. Diese Abwehrmöglichkeit schafft kein neues „dingliches Nutzungsrecht“, sondern ist eine Verteidigung gegen ein missbräuchliches Verlangen.
Zusammenfassend
Der BGH urteilte, dass eine behördliche Auflage zur Bestellung einer Grunddienstbarkeit unzulässig ist, weil sie direkt in privatrechtliche Beziehungen eingreift. Daher muss das Berufungsgericht prüfen, ob die Kläger beim Kauf des Grundstücks von der vereinbarten Garagennutzung wussten und sie akzeptiert haben. Hinsichtlich der Räumung der Garage wies der BGH die Klage jedoch ab, da das Verlangen der Kläger aufgrund der bestehenden Baulast und des Prinzips des Rechtsmissbrauchs unzulässig war. Die Baulast bindet die Kläger als Rechtsnachfolger und verpflichtet sie zur Duldung der Garage.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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