GbR Anwendbarkeit und Wirksamkeit einer Fortsetzungsklausel im Gesellschaftsvertrag
BGH II ZR 3/06
Kernaussage:
Der BGH hat entschieden, dass eine Fortsetzungsklausel in einem Gesellschaftsvertrag auch dann anwendbar ist, wenn mehrere Gesellschafter oder „Altgesellschafter“ kündigen.
Sie ist grundsätzlich auch wirksam, wenn die Mehrheit der Gesellschafter kündigt, und stellt keine unzulässige Beschränkung des Kündigungsrechts dar.
Sachverhalt:
Die Kläger und die Beklagten waren Gesellschafter einer GbR, die als Rechtsanwalts- und Notarsozietät betrieben wurde.
Der Gesellschaftsvertrag enthielt eine Fortsetzungsklausel, nach der die Gesellschaft im Falle der Kündigung eines Gesellschafters unter den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt wird.
Nach Meinungsverschiedenheiten kündigten die Beklagten und drei weitere Gesellschafter den Sozietätsvertrag.
Die Kläger beriefen sich auf die Fortsetzungsklausel und machten geltend, dass die Gesellschaft fortbestehe.
Die Beklagten meinten dagegen, die Gesellschaft sei aufgelöst.
Der BGH stellte fest, dass die Fortsetzungsklausel im Gesellschaftsvertrag eine allgemeine Fortsetzungsklausel sei,
die nicht nur bei Kündigung eines einzelnen Gesellschafters, sondern auch bei Kündigung mehrerer Gesellschafter oder „Altgesellschafter“ Anwendung finde.
Die Klausel sei auch dann wirksam, wenn die Mehrheit der Gesellschafter kündige.
Sie stelle keine unzulässige Beschränkung des Kündigungsrechts dar, da sie nicht zu schwerwiegenden Nachteilen für die kündigenden Gesellschafter führe.
Abfindungsregelung:
Der BGH wies darauf hin, dass die Abfindungsregelung im Gesellschaftsvertrag die ausscheidenden Gesellschafter unangemessen benachteiligen könne.
In diesem Fall könne die Abfindungsregelung unwirksam sein, die Fortsetzungsklausel selbst bleibe aber grundsätzlich wirksam.
Treuepflicht:
Den Klägern sei es auch unter dem Gesichtspunkt der gesellschafterlichen Treuepflicht nicht verwehrt, sich auf die Fortsetzungsklausel zu berufen.
Ein treuwidriges Verhalten der Kläger habe das Berufungsgericht zu Recht verneint.
Zusammenfassung der wichtigsten Punkte:
Praxisrelevanz:
Die Entscheidung des BGH ist von großer Bedeutung für die Praxis von Gesellschaftsverträgen in der GbR.
Sie zeigt, dass Fortsetzungsklauseln weitreichende Wirkungen haben und auch bei Kündigung der Mehrheit der Gesellschafter zur Anwendung kommen können.
Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG), das am 1. Januar 2024 in Kraft getreten ist, hat die Rechtsfolgen des Todes eines GbR-Gesellschafters erheblich verändert.
Vor dem MoPeG war gemäß § 727 Abs. 1 BGB a.F. die Auflösung der GbR im Falle des Todes eines Gesellschafters der gesetzliche Regelfall.
Eine Fortsetzung der Gesellschaft durch die verbleibenden Gesellschafter war nur möglich, wenn eine entsprechende Fortsetzungsklausel im Gesellschaftsvertrag vereinbart wurde.
Solche Klauseln waren grundsätzlich wirksam und stellten sicher, dass die GbR trotz des Ausscheidens eines Gesellschafters fortbestehen konnte.
Durch das MoPeG hat sich die gesetzliche Ausgangslage grundlegend geändert.
Gemäß § 723 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. führt der Tod eines Gesellschafters nunmehr nicht mehr zur Auflösung der GbR,
sondern lediglich zu dessen Ausscheiden aus der im Übrigen fortbestehenden Gesellschaft.
Die Fortsetzung der GbR ist somit der neue gesetzliche Regelfall.
Aufgrund dieser neuen Rechtslage ist eine ausdrückliche Fortsetzungsklausel im Gesellschaftsvertrag grundsätzlich nicht mehr erforderlich,
um die Fortführung der GbR nach dem Tod eines Gesellschafters zu gewährleisten.
Das Gesetz sieht die Fortsetzung nunmehr automatisch vor.
Allerdings bleibt es den Gesellschaftern unbenommen, im Gesellschaftsvertrag abweichende Regelungen zu treffen (§ 708 BGB n.F.).
So können sie beispielsweise weiterhin vorsehen, dass die GbR im Todesfall eines Gesellschafters aufgelöst werden soll
oder dass die Erben des verstorbenen Gesellschafters unter bestimmten Voraussetzungen in die Gesellschaft eintreten sollen (Nachfolgeklausel).
Für bestehende GbR besteht übergangsweise bis zum 31. Dezember 2024 die Möglichkeit, durch eine entsprechende Erklärung gegenüber den anderen Gesellschaftern zu bestimmen, dass die
Rechtslage vor dem MoPeG weiterhin Anwendung finden soll (Art. 229 § 23 EGBGB n.F.). Andernfalls gilt ab dem 1. Januar 2025 die neue Rechtslage des MoPeG.
Durch das MoPeG ist die Fortsetzung der GbR nach dem Tod eines Gesellschafters zum gesetzlichen Regelfall geworden.
Eine ausdrückliche Fortsetzungsklausel im Gesellschaftsvertrag ist daher grundsätzlich nicht mehr notwendig.
Allerdings können die Gesellschafter weiterhin abweichende Regelungen im Gesellschaftsvertrag treffen, um die Rechtsfolgen des Todes eines Gesellschafters individuell zu gestalten.
Bestehende GbR sollten prüfen, ob ihre gesellschaftsvertraglichen Regelungen an die neue Rechtslage angepasst werden sollen.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.