Geltendmachung abgetretener Ersatzansprüche gegen Ex-Geschäftsführer durch GmbH iL

Januar 9, 2025

Geltendmachung abgetretener Ersatzansprüche gegen Ex-Geschäftsführer durch GmbH iL

BGH II ZR 72/22

Urteil vom 17.10.2023

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Eine GmbH in Liquidation darf abgetretene Ansprüche auf Ersatz verbotener Zahlungen nach § 64 S. 1 GmbHG aF im eigenen Namen geltend machen, wenn dies dem Gläubigerinteresse dient.

Die Abtretung solcher Ansprüche ist jedoch unwirksam, soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist und die Gesellschaft keine gleichwertige Gegenleistung erhält.

Sachverhalt:

Die Klägerin, eine GmbH in Liquidation, verklagte ihren ehemaligen Geschäftsführer auf Ersatz von 474 Zahlungen, die während ihrer Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung geleistet wurden.

Die Klage wurde durch einen Gesellschafter finanziert, dem die Klägerin die Forderungen sicherungshalber abgetreten und ihn zur Einziehung ermächtigt hatte.

Das Landgericht verurteilte den Geschäftsführer zur Zahlung von 505.722,86 EUR.

Das Berufungsgericht wies die Klage als unzulässig ab, da die Klägerin die Ansprüche abgetreten habe und die Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft nicht vorlägen.

Geltendmachung abgetretener Ersatzansprüche gegen Ex-Geschäftsführer durch GmbH iL

Entscheidung des BGH:

Der BGH hob das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zurück.

Die Klage sei zulässig, da die Klägerin ein schutzwürdiges Interesse an der Geltendmachung der abgetretenen Ansprüche habe.

Begründung:

  • Gewillkürte Prozessstandschaft: Grundsätzlich darf jemand ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend machen, wenn er hierfür ein eigenes schutzwürdiges Interesse hat.
  • Schutzwürdiges Interesse der GmbH in Liquidation: Obwohl vermögenslosen Gesellschaften in der Regel das schutzwürdige Interesse an der Geltendmachung abgetretener Forderungen fehlt, ist dies bei Ansprüchen aus § 64 S. 1 GmbHG aF anders. Diese dienen dazu, das Gesellschaftsvermögen zu erhöhen und damit die Gläubiger zu befriedigen.
  • Gläubigerinteresse: Die Geltendmachung der Ansprüche liegt im Interesse der Gesellschaftsgläubiger, da dadurch Vollstreckungsmasse geschaffen wird. Die Abtretung der Ansprüche an den Prozessfinanzierer steht dem nicht entgegen, da diesem nur 50% des Reinerlöses zustehen.
  • Rechtsmissbrauch: Das Berufungsgericht verkannte, dass der Geschäftsführer bei Ersatz einer verbotswidrigen Zahlung an die Stelle des Gesellschaftsgläubigers tritt und dessen Anspruch gegen die Gesellschaft geltend machen kann. Eine Bereicherung der Gesellschafter wird dadurch vermieden.
  • Unwirksamkeit der Abtretung: Die Abtretung der Ersatzansprüche an den Sicherungszessionar ist unwirksam, soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist und die Gesellschaft keine gleichwertige Gegenleistung erhält. Dies folgt aus einer analogen Anwendung von § 9b I 1 GmbHG, der den Gläubigerschutz bezweckt.

Geltendmachung abgetretener Ersatzansprüche gegen Ex-Geschäftsführer durch GmbH iL

Hinweise für das weitere Verfahren:

Das Berufungsgericht muss klären, ob und in welchem Umfang die Klägerin noch Schulden hat, da die Abtretung der Ersatzansprüche insoweit unwirksam wäre.

Die Pfändbarkeit des Anspruchs aus § 64 S. 1 GmbHG aF steht der Annahme eines Abtretungsverbots nicht entgegen,

da die Gesellschaft im Fall der Pfändung eine gleichwertige Gegenleistung in Form der Befreiung von einer Verbindlichkeit erhält.

Fazit:

Das Urteil stärkt die Rechte von Gläubigern einer GmbH in Liquidation.

Es stellt klar, dass die Gesellschaft auch nach Abtretung von Ansprüchen aus § 64 S. 1 GmbHG aF ein schutzwürdiges Interesse an deren Geltendmachung hat, wenn dies dem Gläubigerinteresse dient.

Die Abtretung solcher Ansprüche ist jedoch nur wirksam, wenn die Gesellschaft eine gleichwertige Gegenleistung erhält.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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