Geltendmachung Pflichtteil bei Pflichtteilsstrafklausel

August 24, 2017

Geltendmachung Pflichtteil bei Pflichtteilsstrafklausel

OLG Frankfurt am Main 20 W 49/09

RA und Notar Krau

Eheleute setzten sich in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig als Erben ein und ordneten eine Pflichtteilsstrafklausel an,

wonach ein Kind, das nach dem Tod des Erstversterbenden seinen Pflichtteil verlangt, auch nach dem Tod des Letztversterbenden nur den Pflichtteil erhalten soll.

Nach dem Tod des ersten Ehepartners machten alle drei Kinder ihren Pflichtteil geltend und erhielten dafür von der überlebenden Ehefrau eine Abfindung.

Nach dem Tod der Ehefrau beantragten die Enkelkinder die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Erben ausweist.

Eine Tochter der Erblasserin legte dagegen Beschwerde ein und machte geltend, dass sie und ihre Geschwister Erben seien.

Kernaussage des Beschlusses:

Geltendmachung Pflichtteil bei Pflichtteilsstrafklausel

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main wies die weitere Beschwerde der Tochter zurück.

Die Pflichtteilsstrafklausel greift, da alle drei Kinder ihren Pflichtteil geltend gemacht haben.

Da das Testament keine Schlusserbenbestimmung enthält, tritt die gesetzliche Erbfolge ein,

jedoch unter Ausschluss der Kinder, die ihren Pflichtteil geltend gemacht haben. Erben sind daher die Enkelkinder.

Begründung des Gerichts:

  • Auslegung des Testaments:
    • Das Testament ist so auszulegen, dass die Eheleute sich gegenseitig zu Erben einsetzen und die Kinder nach dem Tod des Letztversterbenden erben sollen.
    • Die Pflichtteilsstrafklausel soll verhindern, dass die Kinder ihren Pflichtteil bereits nach dem Tod des Erstversterbenden geltend machen.
  • Geltendmachung des Pflichtteils:
    • Die Geltendmachung des Pflichtteils durch alle drei Kinder führt dazu, dass die Pflichtteilsstrafklausel greift.
    • Die Tatsache, dass die Geltendmachung im Einvernehmen mit der überlebenden Ehefrau erfolgte und steuerliche Vorteile brachte, ist irrelevant.
    • Der Wortlaut der Klausel „Sollte eines der Kinder auf Auszahlung seines Pflichtteils bestehen“ bezieht sich auf den Fall, dass der Pflichtteil tatsächlich ausgezahlt wird.
  • Gesetzliche Erbfolge:
    • Da das Testament keine Schlusserbenbestimmung enthält, tritt die gesetzliche Erbfolge ein.
    • Die Kinder sind jedoch aufgrund der Pflichtteilsstrafklausel von der Erbfolge ausgeschlossen.
    • Erben sind daher die Enkelkinder.
  • Hypothetischer Wille der Erblasser:
    • Das Gericht hat den hypothetischen Willen der Erblasser ermittelt, d.h. den Willen, den sie vermutlich gehabt hätten, wenn sie die tatsächlichen Verhältnisse bei der Testamentserrichtung gekannt hätten.
    • Es ist davon auszugehen, dass die Erblasser in diesem Fall nicht die gesetzliche Erbfolge zweiter Ordnung gewollt hätten.
    • Sie wollten auch nicht, dass der Staat erbt.
    • Daher ist die Auslegung des Landgerichts, dass die Enkelkinder erben sollen, rechtlich nicht zu beanstanden.

Geltendmachung Pflichtteil bei Pflichtteilsstrafklausel

Fazit:

Der Beschluss verdeutlicht die Bedeutung von Pflichtteilsstrafklauseln in gemeinschaftlichen Testamenten.

Die Geltendmachung des Pflichtteils durch ein Kind kann dazu führen, dass es von der Erbfolge ausgeschlossen wird.

Bei der Auslegung solcher Klauseln ist der hypothetische Wille der Erblasser zu ermitteln.

Zusätzliche Informationen:

  • Der Beschluss hat Bedeutung für die Praxis, da er die Auslegung von Pflichtteilsstrafklauseln in gemeinschaftlichen Testamenten konkretisiert.
  • Erblasser sollten bei der Verwendung von Pflichtteilsstrafklauseln die möglichen Folgen bedenken.
  • Erben sollten sich bei der Geltendmachung des Pflichtteils über die Auswirkungen auf ihre Erbenstellung informieren.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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