Gemeinschaftliches Testament Einsetzung Schlusserbe

Juni 21, 2016

Gemeinschaftliches Testament Einsetzung Schlusserbe

OLG Hamm 15 W 142/15

Schlusserbeinsetzung ,

Pflichtteilsstrafklausel

RA und Notar Krau

Das Oberlandesgericht Hamm (OLG Hamm) hat in einem Beschluss vom 11.09.2015 entschieden, dass die Formulierung

„Nach dem Tod des Letztversterbenden soll die gesetzliche Erbfolge eintreten.“

in einem gemeinschaftlichen Testament nicht automatisch bedeutet, dass die gemeinsamen Kinder als Schlusserben eingesetzt werden.

Auch eine zusätzliche Pflichtteilsstrafklausel ändere daran nichts.

Der Fall:

Ein Ehepaar hatte 1987 ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten.

Für den Tod des Letztversterbenden verfügten sie:

„Nach dem Tod des Letztversterbenden soll die gesetzliche Erbfolge eintreten.“

Zusätzlich enthielt das Testament eine Pflichtteilsstrafklausel.

Nach dem Tod des Ehemannes errichtete die Ehefrau 2013 ein neues Testament, in dem sie unter anderem eine Testamentsvollstreckung anordnete.

Nach ihrem Tod bestellte das Nachlassgericht einen Testamentsvollstrecker.

Eine der beiden Töchter des Ehepaares legte Beschwerde gegen die Ernennung des Testamentsvollstreckers ein, da sie der Meinung war,

dass sie und ihre Schwester durch das gemeinschaftliche Testament als Schlusserben eingesetzt worden seien und die Testamentsvollstreckung ihre Rechte beeinträchtige.

Die Entscheidung des OLG Hamm:

Gemeinschaftliches Testament Einsetzung Schlusserbe

Das OLG Hamm wies die Beschwerde zurück.

Die Richter stellten fest, dass sich aus dem gemeinschaftlichen Testament keine Schlusserbeneinsetzung der Töchter ableiten lasse.

Weder die Formulierung

„Nach dem Tod des Letztversterbenden soll die gesetzliche Erbfolge eintreten.“

noch die Pflichtteilsstrafklausel seien hierfür ausreichend.

Begründung:

  • Wortlaut: Der Wortlaut des Testaments lasse verschiedene Interpretationen zu. Die Formulierung „soll eintreten“ könne sowohl als zwingende Anordnung als auch als bloße Feststellung des gesetzlichen Erbrechts verstanden werden.
  • Auslegung: Eine Auslegung des Testaments im Sinne einer Schlusserbeneinsetzung sei nach den Feststellungen des Gerichts ausgeschlossen. Zwar könne eine Pflichtteilsstrafklausel ein Indiz für eine Schlusserbeneinsetzung sein, reiche hierfür aber allein nicht aus.
  • Umstände des Einzelfalls: Im vorliegenden Fall sprächen die Umstände gegen eine Schlusserbeneinsetzung. Der Ehemann, der das Testament formuliert hatte, war aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit mit rechtlichen Grundlagen vertraut. Es sei daher davon auszugehen, dass er eine Schlusserbeneinsetzung klarer formuliert hätte, wenn dies sein Wille gewesen wäre. Der Verweis auf die gesetzliche Erbfolge wirke im Vergleich zur eindeutigen Formulierung der wechselseitigen Erbeinsetzung zurückgenommen und distanziert. Zudem seien die Töchter im Testament nicht erwähnt worden.
  • Kein Anlass für Verweis auf gesetzliche Erbfolge: Es habe keinen ersichtlichen Grund gegeben, bei einer gewollten Schlusserbeneinsetzung der Töchter auf die gesetzliche Erbfolge zu verweisen, anstatt die Töchter direkt als Erben einzusetzen. Ein Verweis auf die gesetzliche Erbfolge hätte die Möglichkeit eröffnet, dass durch Adoption oder Wiederheirat weitere Personen in den Kreis der Erben hätten aufgenommen werden können.

Fazit:

Das OLG Hamm stellt klar, dass die Formulierung

„Nach dem Tod des Letztversterbenden soll die gesetzliche Erbfolge eintreten.“

in einem gemeinschaftlichen Testament nicht automatisch zu einer Schlusserbeneinsetzung führt.

Auch eine Pflichtteilsstrafklausel reicht hierfür allein nicht aus.

Ob eine Schlusserbeneinsetzung vorliegt, muss im Einzelfall durch Auslegung des Testaments unter Berücksichtigung aller Umstände ermittelt werden.

Hinweis:

Dieses Urteil verdeutlicht, wie wichtig eine klare und eindeutige Formulierung im Testament ist, um spätere Auslegungsschwierigkeiten und Streitigkeiten zu vermeiden.

Bei der Erstellung eines Testaments sollte daher anwaltliche Beratung in Anspruch genommen werden.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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