Genehmigungserfordernisse bei der Veräußerung eines erbengemeinschaftlichen Grundstücks
Gerne fasse ich den Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 20.09.2013 (Az. 15 W 251/13) zusammen.
Dieser Beschluss betrifft die Veräußerung eines Grundstücks, das einem Elternteil und dessen minderjährigem Kind in einer Erbengemeinschaft gehört, und klärt, welche Genehmigungen des Familiengerichts notwendig sind.
Ein Elternteil (Beteiligte zu 1) und seine minderjährige Tochter (Beteiligte zu 2) sind gemeinsam Eigentümer (in einer Erbengemeinschaft) eines Grundstücks. Sie verkaufen das Grundstück an einen Käufer.
Zur Sicherung des Kaufpreises und der Eigentumsübertragung wurden im notariellen Kaufvertrag unter anderem folgende Punkte geregelt:
Verkauf und Auflassung (Übertragung des Eigentums).
Eintragung einer Auflassungsvormerkung (Sicherung des Käufers).
Mitwirkung bei der Bestellung von Finanzierungsgrundpfandrechten (z. B. einer Grundschuld) durch den Käufer, um den Kaufpreis zu finanzieren. Dazu wurde der Käufer bevollmächtigt, eine Grundschuld eintragen zu lassen.
Das Familiengericht hatte die Erklärungen der Mutter für ihre minderjährige Tochter im Kaufvertrag bereits genehmigt.
Später bestellte der Käufer eine Grundschuld zur Finanzierung. Das Grundbuchamt (die Behörde, die für die Eintragung von Eigentum, Grundschulden etc. zuständig ist) lehnte die Eintragung der Auflassungsvormerkung und der Grundschuld zunächst ab.
Das Grundbuchamt forderte in seiner Zwischenverfügung zwei zusätzliche Dinge, bevor es die Eintragungen vornehmen würde:
Das Grundbuchamt meinte, der Kaufvertrag enthalte eine Erbauseinandersetzung (die formelle Aufteilung des Erbes). In diesem Fall wäre die Mutter von der Vertretung ihrer Tochter ausgeschlossen ($ 1795 Abs. 2, 181 BGB), da es zu einem Interessenskonflikt zwischen Mutter und Kind kommen könnte. Daher müsse ein Ergänzungspfleger (ein unabhängiger gesetzlicher Vertreter für diesen Teil des Geschäfts) bestellt werden, dessen Genehmigung ebenfalls vorliegen müsse.
Das Familiengericht müsse die Grundschuldbestellung gesondert genehmigen, obwohl die Mitwirkung daran schon Teil des genehmigten Kaufvertrages war.
Das OLG Hamm gab der Beschwerde der Beteiligten teilweise statt und klärte die Rechtslage in zwei wichtigen Punkten (den sogenannten Leitsätzen):
Das OLG Hamm stellte klar, dass die Veräußerung (der Verkauf) des Grundstücks keine Erbauseinandersetzung darstellt.
Die Mutter und die Tochter haben lediglich das Grundstück verkauft.
Der Erlös aus dem Verkauf tritt automatisch an die Stelle des Grundstücks. Das Geld gehört nun der Erbengemeinschaft.
Die formelle Aufteilung des Erbes (Erbauseinandersetzung) ist damit noch nicht erfolgt, sie muss erst später mit dem Geld durchgeführt werden.
Daher gab es keinen Interessenkonflikt zwischen Mutter und Kind hinsichtlich des Verkaufs selbst, der einen Ergänzungspfleger notwendig gemacht hätte.
Die Mutter durfte ihre Tochter beim reinen Verkaufsvertrag vertreten. Die familiengerichtliche Genehmigung für den Verkauf reichte aus. Die Forderung nach einem Ergänzungspfleger war unbegründet.
Das OLG bestätigte die Forderung des Grundbuchamts, dass für die Bestellung der Grundschuld eine zusätzliche, gesonderte familiengerichtliche Genehmigung notwendig ist.
Die Bestellung einer Grundschuld gilt als eine Verfügung über ein Recht an einem Grundstück ($ 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und ist daher genehmigungspflichtig.
Nach herrschender Meinung muss jede genehmigungspflichtige Verfügung einzeln familiengerichtlich genehmigt werden.
Die Tatsache, dass die Mutter im bereits genehmigten Kaufvertrag die Vollmacht zur Bestellung der Grundschuld erteilt hatte, ersetzt nicht die Genehmigung der Grundschuldbestellung selbst.
Das OLG begründet dies mit dem Interesse an Rechtssicherheit. Die genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfte müssen klar abgegrenzt werden und dürfen nicht von einer „wertenden“ (wirtschaftlichen oder sonstigen) Betrachtung abhängen, ob das Kindesinteresse schon anderweitig gewahrt sei.
Auch wenn die Vollmacht im Kaufvertrag bereits genehmigt war, muss die später erfolgte Grundschuldbestellung selbst noch einmal vom Familiengericht genehmigt werden.
Wenn ein Elternteil und sein minderjähriges Kind gemeinsam ein Grundstück aus einem Erbe verkaufen:
Kein Ergänzungspfleger nötig: Solange nur das Grundstück verkauft wird und keine konkrete Aufteilung des Erbes (Erbauseinandersetzung) vereinbart wird, darf der Elternteil das Kind gesetzlich vertreten.
Zwei Genehmigungen, wenn eine Grundschuld bestellt wird: Es sind zwei familiengerichtliche Genehmigungen notwendig: eine für den Kaufvertrag (Verkauf) und eine separate für die Grundschuldbestellung (Belastung des Grundstücks), auch wenn die Mitwirkung an der Grundschuldbestellung bereits im genehmigten Kaufvertrag vorgesehen war.
Dieser Beschluss sorgt also für Klarheit und größere Sicherheit zum Schutz minderjähriger Kinder bei Immobiliengeschäften, indem er die Anforderungen an die Genehmigungspflicht präzisiert.
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