Genehmigungsverfahren bei der Ausschlagung einer Erbschaft

Juni 6, 2025

Genehmigungsverfahren bei der Ausschlagung einer Erbschaft

Guten Tag! Als Notar und Rechtsanwalt Krau möchte ich Ihnen heute ein komplexes juristisches Thema näherbringen: das Genehmigungsverfahren bei der Ausschlagung einer Erbschaft. Vielleicht fragen Sie sich, was das überhaupt ist und warum es Sie betreffen könnte. Kurz gesagt: Wenn ein minderjähriges Kind oder eine Person unter Betreuung eine Erbschaft ausschlagen soll, ist dafür in vielen Fällen die Genehmigung eines Gerichts nötig. Das Gericht prüft dabei, ob diese Entscheidung wirklich im besten Interesse der betroffenen Person ist.

In diesem Blogbeitrag erkläre ich Ihnen Schritt für Schritt, wie dieses Verfahren abläuft und welche wichtigen Punkte Sie beachten sollten.


Wer entscheidet über die Genehmigung?

Für die Genehmigung einer Erbausschlagung ist das Amtsgericht zuständig, genauer gesagt, die Abteilung für Familienangelegenheiten (wenn es um Kinder geht) oder die Abteilung für Betreuungsangelegenheiten (wenn es um Betreute geht). Innerhalb dieser Abteilungen ist in der Regel der Rechtspfleger die erste Ansprechperson. Das ist ein speziell ausgebildeter Gerichtsmitarbeiter, der viele richterliche Aufgaben übernehmen darf.

Die Frage, welches Gericht genau zuständig ist, hängt davon ab, wo das Kind oder der Betreute seinen Wohnsitz hat. Wenn es um ein Kind geht, für das die Eltern handeln, können auch europäische Regeln eine Rolle spielen.


Wie kommt das Verfahren ins Rollen?

Das Gericht wird in der Regel nicht von selbst aktiv. Meistens wird das Verfahren angestoßen, indem der gesetzliche Vertreter – also die Eltern, der Vormund oder der Betreuer – einen Antrag stellt.

Sollte das Nachlassgericht, das sich mit der Erbschaft befasst, erfahren, dass eine genehmigungspflichtige Ausschlagung vorliegt, ist es sogar verpflichtet, das Familien- oder Betreuungsgericht darüber zu informieren. So kann das Genehmigungsverfahren eingeleitet werden.

Wichtig zu wissen: Die gerichtliche Genehmigung kann sowohl vor als auch nach der eigentlichen Erbausschlagung erfolgen. Wenn die Ausschlagung bereits erklärt wurde, aber die Genehmigung noch aussteht, ist die Ausschlagung „schwebend unwirksam“. Das bedeutet, sie wird erst dann gültig, wenn das Gericht die Genehmigung erteilt und diese Entscheidung rechtskräftig wird.


Wer ist am Verfahren beteiligt?

An einem solchen Verfahren sind immer die hauptsächlich Betroffenen dabei:

  • Im Fall eines Kindes sind das das Kind selbst und seine Sorgeberechtigten (Eltern, Vormund oder Ergänzungspfleger).
  • Im Fall einer Betreuung sind es der Betreute und sein Betreuer.

Wenn das Kind oder der Betreute selbst nicht in der Lage ist, am Verfahren teilzunehmen – beispielsweise, weil sie noch zu jung sind oder aufgrund ihrer Situation – werden sie von ihren gesetzlichen Vertretern vertreten. Manchmal kann das Gericht auch einen sogenannten Verfahrenspfleger bestellen. Das ist eine unabhängige Person, die die Interessen des Kindes oder Betreuten im Verfahren vertritt.


Wie ermittelt das Gericht den Sachverhalt?

Das Gericht hat die Aufgabe, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären. Das bedeutet, es muss aktiv alle notwendigen Informationen zusammentragen, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können. Es reicht nicht aus, sich nur auf die Aussagen der Beteiligten zu verlassen.

Das Gericht wird zum Beispiel:

  • Mit dem Betreuten sprechen, um dessen Wünsche zu erfahren.
  • Das Kind persönlich anhören, es sei denn, es geht ausschließlich um Vermögensfragen und eine schriftliche Anhörung ist ausreichend.
  • Die Eltern des Kindes schriftlich anhören, sofern sie das Sorgerecht haben.
  • Oft die Nachlassakte einsehen, um sich ein Bild vom Erbe zu machen.
  • Gegebenenfalls auch das Grundbuch prüfen, wenn Immobilien zum Nachlass gehören.
  • Auch andere Familienmitglieder des Verstorbenen, die eventuell schon die Erbschaft ausgeschlagen haben, können als Informationsquelle dienen.

Wann wird die Genehmigung erteilt? Die gerichtliche Entscheidung

Das Gericht trifft seine Entscheidung nach freier Überzeugung. Der wichtigste Maßstab ist dabei immer das Wohl des Kindes beziehungsweise die Wünsche des Betreuten.

Dabei werden alle Vor- und Nachteile sorgfältig abgewogen, nicht nur finanzielle, sondern auch persönliche Aspekte.

  • Überschuldete Erbschaft: Wenn die Erbschaft offensichtlich überschuldet ist, also mehr Schulden als Vermögenswerte vorhanden sind, wird das Gericht die Ausschlagung in der Regel genehmigen. Es soll vermieden werden, dass das Kind oder der Betreute durch das Erbe in finanzielle Schwierigkeiten gerät. Wenn bereits nahe Verwandte die Erbschaft wegen Überschuldung ausgeschlagen haben, spricht das oft für eine Genehmigung.
  • Werthaltige Erbschaft: Bei einer Erbschaft, die Vermögen enthält, wird die Genehmigung der Ausschlagung seltener erteilt. Das Gericht prüft aber auch hier die Gesamtumstände. Es kann zum Beispiel eine Genehmigung erfolgen, wenn:
    • Trotz vorhandener Vermögenswerte ein Risiko für spätere Schulden besteht und das Kind nur geringfügig beteiligt wäre.
    • Das Kind kurz vor der Volljährigkeit steht und eine tiefe Entfremdung zum Verstorbenen darlegen kann.
    • Die Annahme der Erbschaft für das Kind oder den Betreuten aus persönlichen Gründen unzumutbar wäre (z.B. bei psychischer Belastung durch die Umstände des Todes).
  • Wünsche des Betreuten: Bei einem Betreuten spielen dessen Wünsche eine große Rolle. Auch eine werthaltige Erbschaft kann ausgeschlagen werden, wenn der Betreute aus persönlichen Gründen kein Interesse daran hat, sie anzunehmen.

Die Entscheidung des Gerichts wird in Form eines Beschlusses bekannt gegeben. Dieser Beschluss wird aber erst dann rechtskräftig und damit wirksam, wenn die Frist für einen Widerspruch abgelaufen ist oder alle Beteiligten auf einen solchen verzichtet haben. Das Gericht stellt dafür ein Rechtskraftzeugnis aus.

Genehmigungsverfahren bei der Ausschlagung einer Erbschaft


Was ist neu seit dem 1. Januar 2023?

Seit dem 1. Januar 2023 gibt es eine wichtige Neuerung, die das Verfahren vereinfacht:

Die Ausschlagung wird nun automatisch wirksam, sobald der gerichtliche Genehmigungsbeschluss rechtskräftig ist. Der gesetzliche Vertreter muss die Genehmigung also nicht mehr selbst dem Nachlassgericht mitteilen. Stattdessen übermittelt das Familien- oder Betreuungsgericht die Genehmigung direkt an das zuständige Nachlassgericht. Das ist eine große Erleichterung und vermeidet Fehler, die früher häufiger passiert sind.

Sollte der Minderjährige während des Genehmigungsverfahrens volljährig werden, geht die Verantwortung für die Genehmigung auf ihn selbst über. Er muss dann die ursprünglich durch seine gesetzlichen Vertreter erklärte Ausschlagung noch einmal bestätigen.


Welche Möglichkeiten gibt es, die Entscheidung anzufechten?

Wenn Sie mit der Entscheidung des Gerichts nicht einverstanden sind, gibt es die Möglichkeit der Beschwerde.

  • Bei Verweigerung der Genehmigung: Wenn die familiengerichtliche Genehmigung verweigert wird, können sowohl das Kind (vertreten durch seine Eltern, den Verfahrensbeistand oder Ergänzungspfleger) als auch die Eltern selbst Beschwerde einlegen.
  • Bei Erteilung der Genehmigung: Auch gegen die Erteilung der Genehmigung können der gesetzliche Vertreter, der Verfahrensbeistand und das Kind Beschwerde einlegen. Dies ist besonders wichtig, da die Ausschlagung mit der Rechtskraft der Genehmigung automatisch wirksam wird und somit kein weiterer Akt des Handelns notwendig ist.

Wenn das Gericht bei seiner Entscheidung seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts verletzt hat, kann die Angelegenheit zur erneuten Prüfung an das Amtsgericht zurückverwiesen werden. In solchen Fällen fallen dann auch keine Gerichtskosten an.


Ich hoffe, dieser Überblick hat Ihnen geholfen, das komplexe Thema der Genehmigungsverfahren bei Erbschaftsausschlagungen besser zu verstehen. Wenn Sie Fragen zu Ihrem speziellen Fall haben, stehe ich Ihnen als RA und Notar Krau gerne beratend zur Seite.

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