Gerichtliche Aufklärungspflicht bezüglich Testierfähigkeit – Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss 2.10.2002 – 1Z BR 68/02

Mai 6, 2020

Gerichtliche Aufklärungspflicht bezüglich Testierfähigkeit – Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss 2.10.2002 – 1Z BR 68/02

RA und Notar Krau

Der Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 02. Oktober 2002 behandelt zwei zentrale Fragen:

die gerichtliche Aufklärungspflicht bei Zweifeln an der Testierfähigkeit und Eigenhändigkeit des Testaments

sowie die Sittenwidrigkeit einer letztwilligen Verfügung zugunsten einer Person mit Vorsorgevollmacht.

Sachverhalt und Hintergrund:

Der Erblasser, der am 22. Juli 1999 verstarb, setzte in einem eigenhändigen Testament vom 19. März 1992 seinen Bruder als Alleinerben ein.

Dieser verstarb jedoch vor ihm, am 4. Februar 1999.

Ein weiteres Testament vom 15. Februar 1999 bestimmte die Beteiligte zu 1 (B1) zur Alleinerbin.

Zwischen B1 und dem Erblasser bestand eine 30-jährige Bekanntschaft, und nach dem Tod des Bruders des Erblassers unterstützte B1 diesen weiter.

Am 9. Februar 1999 erteilte der Erblasser B1 eine umfassende Vollmacht, die am 25. Februar 1999 erweitert und über den Tod hinaus gültig gemacht wurde.

Gerichtliche Aufklärungspflicht bezüglich Testierfähigkeit – Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss 2.10.2002 – 1Z BR 68/02

Verfahren:

B1 beantragte einen Erbschein aufgrund des Testaments vom 15. Februar 1999, während die Beteiligten zu 2 bis 10 (gesetzliche Erben) die Echtheit und Testierfähigkeit des Erblassers anzweifelten und das Testament wegen angeblichen Drucks durch B1 anfochten.

Die Beteiligte zu 11 machte Ansprüche aus einem angeblich nicht auffindbaren Testament von 1998 geltend.

Das Amtsgericht erhob Beweise durch Zeugenvernehmung, Beteiligtenanhörung und Sachverständigengutachten.

Die Handschriftenvergleichung bestätigte die Echtheit des Testaments, jedoch mit dem Hinweis, dass das Datum möglicherweise nicht stimmte.

Die urkundentechnische Untersuchung konnte den genauen Zeitpunkt der Testamentserrichtung nicht feststellen.

Ein psychiatrisches Gutachten bescheinigte die Testierfähigkeit des Erblassers für den relevanten Zeitraum.

Entscheidungen der Vorinstanzen:

Das Amtsgericht kündigte an, B1 einen Erbschein zu erteilen.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2 wies das Landgericht zurück, ebenso die Erstattung der außergerichtlichen Kosten durch B1.

Gerichtliche Aufklärungspflicht bezüglich Testierfähigkeit – Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss 2.10.2002 – 1Z BR 68/02

Gegen diese Entscheidung legte B2 weitere Beschwerde ein und beantragte Prozesskostenhilfe.

Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts:

Die weitere Beschwerde der B2 wurde als zulässig, aber unbegründet zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Feststellungen hinsichtlich der Echtheit und des Errichtungszeitpunkts des Testaments wurden als ausreichend und rechtsfehlerfrei beurteilt.

Auch die Beurteilung der Testierfähigkeit des Erblassers war rechtlich nicht zu beanstanden, da umfassende medizinische und zeugenschaftliche Erhebungen keine geistige Einschränkung nahelegten.

Zur Sittenwidrigkeit der Erbeinsetzung:

Das Gericht verneinte eine Analogie zu § 14 HeimG, der Zuwendungen an Betreuer untersagt.

Die Testierfreiheit gem. Art. 14 Abs. 1 GG wurde betont.

Die Behauptung, B1 habe den Erblasser unter Druck gesetzt, fand in der Beweisaufnahme keine Bestätigung.

Somit war das Testament auch nicht gem. § 138 BGB wegen Sittenwidrigkeit unwirksam.

Die Entscheidung, dass B1 als Alleinerbin aufgrund des Testaments vom 15. Februar 1999 anerkannt wurde, hielt einer rechtlichen Überprüfung stand.

Der Antrag der B2 auf Prozesskostenhilfe wurde abgelehnt, da die weitere Beschwerde keine Aussicht auf Erfolg hatte.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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