Gerichtliche Zuständigkeit für die Erklärung der Ausschlagung

Juni 5, 2025

Gerichtliche Zuständigkeit für die Erklärung der Ausschlagung

Wenn jemand stirbt, geht das Erbe automatisch auf die Erben über. Manchmal möchten Erben das Erbe aber nicht annehmen, zum Beispiel wegen Schulden des Verstorbenen. Das nennt man dann Erbschaftsausschlagung. Diese Ausschlagung muss vor Gericht erklärt werden. Hier geht es darum, welches Gericht dafür zuständig ist.

Was ist eine Erbschaftsausschlagung?

Die Ausschlagung ist eine Willenserklärung, also eine Absichtserklärung, die bestimmte formale Regeln einhalten muss und die jemand empfangen muss. Nur der Erbe selbst kann ausschlagen. Wenn der Erbe minderjährig oder betreut ist, übernehmen das gesetzliche Vertreter (z.B. Eltern oder Betreuer). Die Ausschlagung hat eine Frist und ist nicht beliebig übertragbar.

Wichtig ist: Die Ausschlagung muss gegenüber einem Nachlassgericht abgegeben werden. Es reicht nicht, sie nur einem anderen Erben oder einem Gläubiger mitzuteilen. Sobald die Erklärung beim Gericht angekommen ist, ist sie wirksam. Man kann sie dann nicht einfach zurücknehmen, sondern nur unter bestimmten Umständen anfechten.

Die Aufgaben des Nachlassgerichts bei einer Ausschlagung

Das Nachlassgericht entscheidet nicht darüber, ob die Ausschlagung gültig ist. Seine Aufgabe ist es vielmehr, die Erklärung entgegenzunehmen und bestimmte Schritte einzuleiten:

  • Es bestätigt demjenigen, der ausgeschlagen hat, den Empfang der Erklärung.
  • Falls das Gericht nicht zuständig ist, leitet es die Erklärung an das zuständige Gericht weiter.
  • Es bewahrt die Erklärung in der Nachlassakte auf.
  • Es händigt dem Erklärenden eine Kopie der Erklärung aus oder die Originalurkunde mit einem Vermerk über den Empfang.
  • Es informiert den nächstberufenen Erben über die Ausschlagung.
  • Es gewährt anderen Personen, die ein berechtigtes Interesse haben, Einsicht in die Erklärung.

Die Ausschlagung ist also auch eine Verfahrenshandlung. Das Gericht kann den Eingang der Erklärung bezeugen, aber nicht ihre Wirksamkeit bestätigen.

Welches Gericht ist sachlich zuständig?

Sachlich zuständig ist immer das Nachlassgericht, das ist eine Abteilung des Amtsgerichts. In Baden-Württemberg waren bis Ende 2017 auch Notariate zuständig.

Besonderheit bei Höfen: Wenn es um die Ausschlagung eines Hofes geht (z.B. nach der Höfeordnung), kann auch das Landwirtschaftsgericht zuständig sein. Dieses ist ebenfalls eine Abteilung des Amtsgerichts. Wenn ein Hof ausgeschlagen wird, bleibt für den restlichen Nachlass das normale Nachlassgericht zuständig. Auch wenn der gesamte Nachlass (einschließlich Hof) ausgeschlagen wird, ist das Nachlassgericht zuständig.

Wenn Nachlass- und Landwirtschaftsgericht verschiedene Abteilungen desselben Amtsgerichts sind, ist die Ausschlagung auch dann wirksam, wenn sie bei der falschen Abteilung eingereicht wurde. Sind es unterschiedliche Amtsgerichte, ist die Erklärung wirksam, wenn das unzuständige Gericht sie nicht sofort zurückgewiesen hat.

Gerichtliche Zuständigkeit für die Erklärung der Ausschlagung

Wer ist funktionell zuständig?

Innerhalb des Amtsgerichts ist der Rechtspfleger für die Entgegennahme der Ausschlagung zuständig. Wenn die Ausschlagung direkt beim Gericht erklärt wird, darf der Rechtspfleger auch die Beurkundung vornehmen. Ein Urkundsbeamter der Geschäftsstelle ist nicht zuständig; eine von ihm protokollierte Ausschlagung ist unwirksam.

Welches Nachlassgericht ist örtlich zuständig?

Die örtliche Zuständigkeit des Nachlassgerichts richtet sich nach dem gewöhnlichen Aufenthaltsort des Verstorbenen zum Zeitpunkt seines Todes. Hatte der Verstorbene keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, ist der letzte gewöhnliche Aufenthalt in Deutschland maßgeblich. Der „gewöhnliche Aufenthaltsort“ ist der Ort, an dem der Verstorbene seinen Lebensmittelpunkt hatte, nicht nur ein vorübergehender Aufenthaltsort.

Für Verstorbene ohne letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland kann das Amtsgericht Berlin-Schöneberg zuständig sein, aber nur, wenn auch eine internationale Zuständigkeit gegeben ist.

Die Erklärung wird beim Nachlassgericht aufbewahrt, da es wichtig ist, später nachweisen zu können, dass Form und Frist der Ausschlagung eingehalten wurden.

Zusätzliche Zuständigkeit: Gericht am Aufenthaltsort des Ausschlagenden

Seit dem 1. September 2009 gibt es eine besondere Zuständigkeit: Neben dem Nachlassgericht am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Verstorbenen ist auch das Nachlassgericht am gewöhnlichen Aufenthaltsort der ausschlagenden Person zuständig.

Warum diese Regelung? Sie soll vermeiden, dass Ausschlagungen unwirksam sind, weil sie bei einem unzuständigen Gericht erklärt wurden. So wird die Praxis, dass das Wohnsitzgericht des Ausschlagenden die Erklärung entgegennimmt, gesetzlich abgesichert. Eine so entgegengenommene Erklärung gilt als fristgerecht beim zuständigen Gericht eingegangen.

Was umfasst diese Zuständigkeit? Sie gilt für die Annahme der Erbschaftsausschlagung, die Anfechtung einer Ausschlagung oder Annahme und die Anfechtung einer Erbschaftsanfechtung. Für andere Willenserklärungen, die beim Gericht eingehen müssen (z.B. Anfechtung eines Testaments), gilt diese Regelung nicht.

Gewöhnlicher Aufenthaltsort des Erklärenden: Maßgeblich ist der gewöhnliche Aufenthaltsort zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung, nicht der des Verstorbenen. Gibt es keinen gewöhnlichen Aufenthaltsort in Deutschland, ist dieses Gericht nicht zuständig. Es ist unerheblich, wenn sich später herausstellt, dass das Gericht doch nicht zuständig war, nachdem es die Erklärung entgegengenommen hat.

Vertretung: Wenn ein gesetzlicher oder bevollmächtigter Vertreter die Ausschlagung erklärt, kann auch der gewöhnliche Aufenthaltsort des Vertreters maßgeblich sein, insbesondere wenn dessen Kenntnis für den Beginn der Ausschlagungsfrist entscheidend ist. Bei Minderjährigen kann die Erklärung also sowohl beim Gericht des Minderjährigen als auch beim Gericht eines sorgeberechtigten Elternteils abgegeben werden. Bei Betreuten gilt Entsprechendes für den Betreuer. Bei einem bevollmächtigten Vertreter ist dies nur der Fall, wenn eine entsprechende Spezialvollmacht vorliegt.

Weiterleitung an das zuständige Gericht: Das Gericht, das die Ausschlagung entgegennimmt, muss diese unverzüglich an das eigentlich zuständige Nachlassgericht (das des Verstorbenen) weiterleiten. Die Urschrift der Erklärung wird dabei weitergeleitet, eine Kopie bleibt beim empfangenden Gericht. Die Erklärung ist auch wirksam, wenn die Weiterleitung falsch, verzögert oder gar nicht erfolgt. In solchen Fällen könnten Amtshaftungsansprüche entstehen.

Konkurrenz der Zuständigkeiten: Die Zuständigkeit am Aufenthaltsort des Ausschlagenden ist eine zusätzliche Möglichkeit, verdrängt aber nicht die Regelzuständigkeit des Nachlassgerichts am Aufenthaltsort des Verstorbenen. Eine Verweisung an ein anderes Gericht kommt nicht infrage, da die Regelung abschließend ist.

Entgegennahme durch ein unzuständiges Gericht

Wenn ein unzuständiges Gericht die Ausschlagungserklärung entgegennimmt, wird diese trotzdem wirksam, wenn:

  • Das Gericht die Erklärung entgegennimmt und sich so verhält, als wäre es zuständig (z.B. indem es den nächstberufenen Erben benachrichtigt).
  • Das Gericht seine Unzuständigkeit erkennt, aber nichts unternimmt.
  • Das Gericht seine Unzuständigkeit erkennt und die Erklärung an das zuständige Gericht weiterleitet, ohne den Erklärenden auf die Unzuständigkeit hinzuweisen.

Wenn das Gericht die Entgegennahme verweigert oder die Erklärung sofort zurückschickt, ist die Ausschlagung nicht wirksam zugegangen. Das Gericht muss in solchen Fällen eigentlich die Sache an das zuständige Gericht verweisen. Liegt eine formgerechte Ausschlagung vor, muss das Gericht sie an das zuständige Gericht weiterleiten. Sie wird aber erst wirksam, wenn sie beim zuständigen Gericht ankommt. Liegt keine formgerechte Erklärung vor, reicht es, wenn das Gericht den Ausschlagenden auf seine Unzuständigkeit hinweist und ihm rät, die Erklärung beim richtigen Gericht abzugeben.

Gerichtliche Zuständigkeit für die Erklärung der Ausschlagung


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