Geschäftsinhaltsversicherung – Leistungsfreiheit bei Falschangaben
In einem Urteil vom 8. November 2023 wies das Landgericht Gießen, 2. Zivilkammer (Aktenzeichen: 2 O 60/23), die Klage einer Betreiberin einer Post-/Postbankfiliale gegen ihre Geschäftsinhaltsversicherung ab.
Die Klägerin forderte Entschädigung für einen angeblichen Überfall auf ihre Filiale.
Die Klägerin betrieb in ihren Geschäftsräumen einen Papier- und Schreibwarenhandel sowie eine Filiale der Deutschen Post, die bis September 2021 auch eine Postbankfiliale umfasste.
Bei der Beklagten unterhielt sie eine Geschäftsinhaltsversicherung, die laut Versicherungsschein vom 12. April 2013 den Papier- und Schreibwarenhandel ohne Tabakwaren/Spirituosen umfasste
und unter anderem die Gefahr des Einbruchdiebstahls abdeckte.
Die Allgemeinen Bedingungen (AT 12) und die Verbundenen Bedingungen für die Inhaltsversicherung Gewerbe (VBIG 12) waren Vertragsgrundlage.
Gemäß den VBIG 12 waren Bargeld nicht versichert, es sei denn, es war etwas anderes vereinbart.
Versichert waren Sachen, Daten und Programme, die durch Einbruchdiebstahl oder Raub innerhalb eines Gebäudes oder Grundstücks zerstört,
beschädigt wurden oder abhanden kamen, sofern diese Gefahren vereinbart waren.
Die Klägerin behauptete, der Versicherungsvertrag sei gemäß einem „Vorschlag Geschäftsversicherung“ vom 17. Februar 2014 zustande gekommen.
Sie schilderte, dass am 23. April 2021 gegen 7:30 Uhr ein Überfall auf sie und ihren Geschäftsführer stattgefunden habe.
Ihr Geschäftsführer sei wie üblich zur Filiale gegangen und habe diese gegen 7:35 Uhr erreicht. Beim Aufschließen der Außentür sei er
von einer männlichen Person mit einem harten Gegenstand im Rücken bedroht und aufgefordert worden, aufzumachen und wegzusehen.
Der Täter habe ihn zum Tresor gedrängt, den er geöffnet habe, während der Täter ihm eine Tasche zuwarf.
Der Geschäftsführer habe 34.328,40 € und Briefmarken im Wert von ca. 10.000 € in die Tasche gepackt und sei anschließend mit Handschellen an einen Heizkörper gefesselt worden.
Den entwendeten Geldbetrag habe die Klägerin der Postbank erstattet.
Die Beklagte bestritt den Überfall mit Nichtwissen und argumentierte, der Versicherungsvertrag sei mit dem Inhalt des Versicherungsscheins vom 12. April 2013 zustande gekommen.
Das Gericht hörte den Geschäftsführer der Klägerin persönlich an, war jedoch nicht überzeugt, dass der behauptete Überfall stattgefunden hatte.
Die Schilderungen des Geschäftsführers wiesen erhebliche Widersprüche auf, insbesondere in Bezug auf die Beschreibung des vermeintlichen Täters.
Zunächst gab der Geschäftsführer an, den Mann zu keinem Zeitpunkt gesehen zu haben und beschrieb lediglich dessen Kleidung und Handschuhe.
Später erwähnte er überraschend eine OP-Maske und eine schwarze Mütze, was seiner vorherigen Aussage widersprach.
Seine Erklärungen für diesen Widerspruch überzeugten das Gericht nicht.
Aufgrund dieser Widersprüchlichkeiten sah das Gericht keine Grundlage für einen Anbeweis des Geschehens und somit auch keine Veranlassung für eine Parteivernehmung von Amts wegen.
Weitere Beweismittel für den Überfall lagen nicht vor.
Die Zeugenaussage des benannten Zeugen konnte keine Informationen zum eigentlichen Tathergang liefern, da dieser nicht anwesend war.
Das Gericht erachtete zudem die Schilderung, der Vater des Geschäftsführers habe nach der Tat zunächst die Polizei verständigt
und dann den Enkel zum Homeschooling gefahren, um anschließend den Überfall dem Versicherungsagenten zu melden, als wenig plausibel.
Insbesondere die frühe Information des Versicherungsagenten ohne detaillierte Angaben zum Tathergang erschien unlogisch.
Unabhängig davon stellte das Gericht fest, dass selbst wenn man von einem Überfall ausgehen würde, nach den vertraglichen Vereinbarungen kein Versicherungsfall vorläge.
Der Versicherungsschein bezog sich ausdrücklich auf den Papier- und Schreibwarenhandel, nicht aber auf die Postpartnerfiliale, zu deren Betrieb das entwendete Bargeld gehörte.
Zudem war Bargeld gemäß den VBIG 12 grundsätzlich nicht versichert.
Der „Vorschlag Geschäftsversicherung“ vom Februar 2014 änderte daran nichts, da er lediglich ein Vorschlag war und der Versicherungsvertrag bereits im April 2013 zustande gekommen war.
Auch dieser Vorschlag sah die Geltung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen und der Verbundenen Bedingungen für die Inhaltsversicherung Gewerbe vor.
Folglich wies das Landgericht Gießen die Klage ab.
Die Klägerin musste die Kosten des Rechtsstreits tragen.
Das Urteil war gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.