Geschäftswert Einziehung Erbschein
Automatischer Übergang der Erbschaft nach dem Anfallsprinzip
OLG Jena 6 W 364/15
Beschl. v. 12.10.2015,
Die Erblasserin verstarb im März 2014 und hinterließ ein Testament, in dem sie ihren Ehemann (Beteiligter zu 2) und ihren Sohn (Beteiligter zu 1) zu je ½ als Erben einsetzte.
Das Nachlassgericht eröffnete das Testament und erteilte im Juli 2014 einen entsprechenden Erbschein.
Im August 2014 erfuhr der Sohn von einer erheblichen Steuerschuld der Erblasserin, die den Nachlass überschuldet erscheinen ließ.
Er versuchte daraufhin, die Erbschaft anzufechten, da er die Ausschlagungsfrist bereits versäumt hatte.
Das Nachlassgericht wies den Antrag auf Einziehung des Erbscheins und den Wiedereinsetzungsantrag des Sohnes zurück.
Es begründete dies mit der fehlenden Formwirksamkeit der Anfechtungserklärung und der Anrechenbarkeit der fehlerhaften Rechtsauffassung seiner Anwältin als eigenes Verschulden.
Gegen diesen Beschluss legte der Sohn Beschwerde ein.
Entscheidung des OLG Jena:
Das OLG Jena wies die Beschwerde des Sohnes zurück.
1. Statthaftigkeit der Beschwerde:
Entgegen der Ansicht des Nachlassgerichts war die Beschwerde statthaft, da der Beschwerdewert den Betrag von 600 € überstieg.
Der Geschäftswert für das Verfahren zur Einziehung eines Erbscheins bestimmt sich nach dem Wert des Nachlasses im Zeitpunkt
des Erbfalls abzüglich der vererblichen Schulden (§ 40 GNotKG).
Da der Nachlass im vorliegenden Fall überschuldet war, lag der Beschwerdewert über 600 €.
2. Keine Einziehung des Erbscheins:
Der Erbschein war nicht unrichtig im Sinne des § 2361 Abs. 1 BGB, da das bezeugte Erbrecht des Sohnes tatsächlich bestand.
Der Sohn hatte die sechswöchige Ausschlagungsfrist des § 1944 Abs. 1 BGB versäumt und auch keine wirksame Anfechtung der Fristversäumung erklärt.
3. Anfallsprinzip und konkludente Annahme:
Nach dem im deutschen Erbrecht geltenden Anfallsprinzip geht die Erbschaft mit dem Erbfall automatisch auf den Erben über.
Die Ausschlagungsfrist des § 1944 BGB ist eine Ausschlussfrist.
Versäumt der Erbe die Ausschlagung, gilt die Erbschaft gemäß § 1943 BGB als angenommen.
4. Anfechtung der konkludenten Annahme:
Der Sohn hätte die konkludente Annahme der Erbschaft wegen Irrtums anfechten können (§ 1956 BGB).
Die Anfechtungserklärung muss jedoch gegenüber dem Nachlassgericht in der von § 1945 BGB vorgeschriebenen Form erfolgen.
Diese Formvorschriften hatte der Sohn nicht eingehalten.
5. Keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:
Eine Wiedereinsetzung in die Anfechtungsfrist kam nicht in Betracht, da es sich um eine materielle Ausschlussfrist handelt, die nicht verlängert werden kann.
Die Vorschriften über die Wiedereinsetzung beziehen sich nur auf Fristen im gerichtlichen Verfahren, nicht auf materiellrechtliche Fristen.
Fazit:
Der Sohn wurde durch die Versäumung der Ausschlagungsfrist Erbe, obwohl der Nachlass überschuldet war.
Die nachträgliche Anfechtung der konkludenten Annahme scheiterte an den Formvorschriften.
Eine Wiedereinsetzung in die Anfechtungsfrist war nicht möglich.
Wichtige Punkte des Beschlusses:
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.