Gesellschaftsrechtliche Nachhaftung – Auflösung der Gesellschaft – Betriebsübergang

Dezember 25, 2019

Gesellschaftsrechtliche Nachhaftung – Auflösung der Gesellschaft – Betriebsübergang

BAG Urteil vom 13.2.2014 – 8 AZR 144/13

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Tenor


Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 20. September 2012 – 7 Sa 77/12 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand


Die Parteien streiten über die Haftung des Beklagten für offene Vergütungsansprüche des Klägers aus dem Jahr 2011.


Der Kläger war ab dem 1. Oktober 2010 in der Gaststätte „Z“ in K als Koch beschäftigt, die von J betrieben wurde.

Dieser kündigte das Arbeitsverhältnis zum 30. November 2010.


Die Gaststätte wurde ab dem 1. Dezember 2010 von der „K u. P GbR“, bestehend aus dem Beklagten und P, weitergeführt.

Der Kläger setzte seine Arbeit als Koch fort, allerdings mit einem reduzierten Gehalt.

Gesellschaftsrechtliche Nachhaftung – Auflösung der Gesellschaft – Betriebsübergang


Am 5. Januar 2011 beschlossen die Gesellschafter der GbR die einvernehmliche Auflösung der GbR zum 31. Dezember 2010.


P führte die Gaststätte ab dem 1. Januar 2011 alleine weiter und stellte dem Kläger Lohnabrechnungen aus.

Am 15. Mai 2011 kündigte P das Arbeitsverhältnis, worauf der Kläger Kündigungsschutzklage erhob.

Am 10. Juni 2011 verglichen sich der Kläger und P auf ein Ende des Arbeitsverhältnisses und P verpflichtete sich zur Zahlung rückständiger Vergütung.


P leistete keine Zahlung; auch eine Zwangsvollstreckung war erfolglos.

Der Kläger erhielt Insolvenzgeld von der Bundesagentur für Arbeit.


Der Kläger meint, der Beklagte hafte als ehemaliger Gesellschafter der K u. P GbR für die uneinbringlichen Vergütungsansprüche vom 1. April 2011 bis 9. Juni 2011.


Der Kläger beantragte, den Beklagten zur Zahlung von 3.417,94 Euro brutto abzüglich Insolvenzausfallgeldes zu verurteilen.


Der Beklagte beantragte Klageabweisung und argumentierte, er sei nur im Dezember 2010 als Gesellschafter der K u. P GbR Arbeitgeber des Klägers gewesen und für später entstandene Vergütungsansprüche nicht haftbar.

Gesellschaftsrechtliche Nachhaftung – Auflösung der Gesellschaft – Betriebsübergang


Das Arbeitsgericht gab der Klage statt.

Die Berufung des Beklagten hatte vor dem Landesarbeitsgericht Erfolg; das Landesarbeitsgericht wies die Klage ab.

Der Kläger verfolgt mit der Revision seinen Zahlungsanspruch weiter.


Entscheidungsgründe


Die Revision des Klägers ist unbegründet.

Der Beklagte haftet nicht für die 2011 entstandenen Lohnansprüche des Klägers.


Das Landesarbeitsgericht begründete seine Entscheidung damit, dass der Beklagte nicht für die nach Auflösung der GbR entstandenen Zahlungsansprüche haftet.

§ 736 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 160 Abs. 1 Satz 1 HGB gelte nicht, da die GbR als solche aufgelöst wurde.

Gesellschaftsrechtliche Nachhaftung – Auflösung der Gesellschaft – Betriebsübergang


Bei Dauerschuldverhältnissen kommt es für die Begründung einer Verbindlichkeit auf den Zeitpunkt der Begründung des Dauerschuldverhältnisses an.

Im vorliegenden Fall wurde die GbR jedoch aufgelöst, sodass die Gesellschaft mit dem Datum der Auflösung aufhörte zu existieren.


Ein Betriebsübergang im Sinne von § 613a BGB liegt vor, da P den Gaststättenbetrieb als Einzelunternehmer weiterführte.

Die GbR haftet nach § 613a Abs. 2 BGB nur für Verpflichtungen, die vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind.


Die Revision ist unbegründet, da der Beklagte nicht nach § 611 Abs. 1 BGB, § 128 Satz 1 HGB analog haftet.

Die GbR, mit der der Kläger im Dezember 2010 ein Arbeitsverhältnis hatte, war zum Zeitpunkt der Forderungen bereits aufgelöst.


Der Kläger kann den Beklagten nicht für Vergütungen nach seinem Arbeitsvertrag in Anspruch nehmen, da die GbR zum Zeitpunkt der Forderungen bereits aufgelöst war.

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Eine gesellschaftsrechtliche Nachhaftung des Beklagten ist nicht gegeben, da die GbR keine Fortsetzungsklausel gemäß § 736 Abs. 1 BGB enthielt.


Eine entsprechende Anwendung des § 736 Abs. 2 BGB, § 160 HGB ist ebenfalls nicht möglich, da die Gesellschaft ohne Gesamtrechtsnachfolge aufgelöst wurde.


Die Lohnansprüche des Klägers für Dezember 2010 sind befriedigt und nicht Gegenstand des Rechtsstreits. Für danach entstandene Lohnansprüche haftet der Beklagte nicht nach § 613a Abs. 2 BGB.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.


Schlussfolgerung


Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln wurde zurückgewiesen, da der Beklagte nicht für die Vergütungsansprüche des Klägers nach der Auflösung der GbR haftet.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Schlagworte

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Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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