Gesetzliche Prozessführungsbefugnis eines BGB-Gesellschafters bei dringendem Handlungsbedarf
Das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Saarbrücken vom 11.05.2023 (Az. 4 U 25/22) befasst sich mit der Frage der gesetzlichen
Prozessführungsbefugnis eines Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) bei dringendem Handlungsbedarf.
Kernpunkt ist die analoge Anwendung des § 744 Abs. 2 BGB, wonach ein Gesellschafter in Notfällen, d.h. bei Gefahr für die Gesellschaft oder deren Vermögen,
auch ohne Zustimmung der anderen Gesellschafter handeln kann.
Zwei Gesellschafter (Kläger und Herr S) gründeten eine GbR zum Betrieb einer Bäckerei.
Die GbR verkaufte die Bäckerei an den Beklagten, der die Übernahme bestimmter Verbindlichkeiten der GbR vereinbarte.
Der Beklagte verkaufte die Bäckerei weiter, wobei der neue Erwerber sich ebenfalls zur Übernahme der Verbindlichkeiten verpflichtete.
Weder der Beklagte noch der neue Erwerber beglichen die Verbindlichkeiten.
Der Kläger beglich die offenen Rechnungen der GbR und erhob Klage gegen den Beklagten.
Der andere Gesellschafter war nicht mehr auffindbar und nahm an der Wahrnehmung der Gesellschaftsinteressen nicht teil.
Das OLG Saarbrücken entschied, dass der Kläger zur Geltendmachung der Ansprüche der GbR gegen den Beklagten prozessführungsbefugt war.
Grundsätzlich können Gesellschafter einer GbR Ansprüche der Gesellschaft nur gemeinschaftlich geltend machen (§ 709 Abs. 1 BGB).
Ausnahmsweise ist ein einzelner Gesellschafter prozessführungsbefugt, wenn ein dringender Handlungsbedarf besteht,
um eine Gefahr für die Gesellschaft oder ihr Vermögen abzuwenden (§ 744 Abs. 2 BGB analog).
Im vorliegenden Fall war ein dringender Handlungsbedarf gegeben, da der Mitgesellschafter des Klägers nicht erreichbar war und die Ansprüche der Gesellschaft ansonsten zu verjähren drohten.
Das OLG stellte fest, dass der Beklagte nicht durch die Vereinbarung zwischen ihm und dem neuen Erwerber von seinen Verbindlichkeiten gegenüber der GbR befreit wurde.
Eine befreiende Schuldübernahme (§ 414 BGB) erfordert die Zustimmung des Gläubigers, die im vorliegenden Fall nicht vorlag.
Die Entscheidung des OLG Saarbrücken hat Auswirkungen auf die notarielle Praxis, insbesondere im Hinblick auf die Vertretung von GbRs bei Rechtsgeschäften.
Das Urteil, und auch die Analyse dazu in der Zeitschrift MittBayNot 2025, hebt hervor, dass die Notgeschäftsführung
die Geschäftsführung im Innenverhältnis, aber nicht die Vertretung im Außenverhältnis legitimiert.
Das MoPeG hat die Regelungen zur Notgeschäftsführung in den §§ 715, 715a BGB präzisiert.
Notare müssen prüfen, ob ein Notgeschäftsführer zur Vertretung der GbR befugt ist.
Handelt ein Notgeschäftsführer ohne Vertretungsmacht, muss dies in der Urkunde offengelegt werden.
Analoge Anwendung des § 744 Abs. 2 BGB bei dringendem Handlungsbedarf.
Prozessführungsbefugnis eines einzelnen GbR-Gesellschafters in Notfällen.
Klare Abgrenzung der Geschäftsführung im Innenverhältnis, und der Vertretung im Aussenverhältnis, in Bezug auf die Notgeschäftsführung.
Bedeutung für die notarielle Praxis bei der Vertretung von GbRs.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.