Gesetzliche Vertretung bei der Ausschlagung der Erbschaft

Juni 6, 2025

Gesetzliche Vertretung bei der Ausschlagung der Erbschaft

Erbschaft ausschlagen: Wer darf entscheiden, wenn man es selbst nicht kann?

Stellen Sie sich vor, Sie erfahren von einer Erbschaft, die Ihnen mehr Last als Segen wäre – vielleicht, weil der Nachlass überschuldet ist oder Sie aus persönlichen Gründen nichts damit zu tun haben möchten. In solchen Fällen haben Sie die Möglichkeit, die Erbschaft auszuschlagen. Doch was passiert, wenn die Person, die eigentlich ausschlagen müsste, dazu nicht in der Lage ist? Oder wenn es sich um ein Kind handelt?

Als Rechtsanwalt und Notar Krau begegne ich diesen Fragen regelmäßig. In diesem Beitrag möchte ich Ihnen auf einfache Weise erklären, wer in solchen Situationen die wichtigen Entscheidungen treffen darf und was dabei zu beachten ist.


Wer ist „geschäftsfähig“? Und warum ist das wichtig?

Das Herzstück der Erbschaftsausschlagung ist die sogenannte Geschäftsfähigkeit. Ganz einfach ausgedrückt bedeutet Geschäftsfähigkeit, dass eine Person in der Lage ist, rechtlich bindende Entscheidungen selbst zu treffen und deren Konsequenzen zu verstehen.

  • Kinder unter sieben Jahren sind beispielsweise nicht geschäftsfähig. Sie können rechtlich keine eigenen Entscheidungen treffen.
  • Auch Personen, die aufgrund einer schweren geistigen Störung dauerhaft nicht in der Lage sind, ihren Willen frei zu bestimmen, gelten als geschäftsunfähig.
  • Volljährige Personen werden grundsätzlich als geschäftsfähig angesehen. Wenn jemand behauptet, bei der Ausschlagung nicht geschäftsfähig gewesen zu sein, muss diese Person das auch beweisen können. Eine bloße Behauptung reicht hier nicht aus.

Warum ist das so wichtig? Weil eine Erbschaftsausschlagung eine sehr weitreichende Entscheidung ist. Sie ist weder ein alltägliches Geschäft (wie der Einkauf im Supermarkt) noch ein Geschäft, das nur Vorteile mit sich bringt. Daher muss die ausschlagende Person voll geschäftsfähig sein. Ist sie es nicht, ist die Ausschlagung unwirksam.


Ausschlagung für Kinder: Wenn Eltern entscheiden

Wenn ein Kind erbt, sind seine Eltern die ersten Ansprechpartner, wenn es darum geht, eine Erbschaft auszuschlagen. Als Personen mit dem sogenannten Sorgerecht vertreten sie ihr Kind.

Wichtig ist hierbei:

  • Beide sorgeberechtigten Elternteile müssen die Ausschlagung gemeinsam erklären. Eine formlose Zustimmung eines Elternteils reicht nicht aus.
  • Sollten sich die Eltern nicht einig sein, kann das Familiengericht einem Elternteil das Recht zur Entscheidung übertragen.
  • Die Eltern brauchen für die Ausschlagung einer Erbschaft für ihr Kind fast immer eine Genehmigung des Familiengerichts. Dies ist eine wichtige Schutzmaßnahme, um sicherzustellen, dass die Entscheidung im besten Interesse des Kindes getroffen wird.

Was passiert, wenn ein Kind während des Ausschlagungsprozesses volljährig wird? Wenn die Ausschlagungserklärung der Eltern schon wirksam beim Nachlassgericht angekommen ist, bleibt sie gültig. Ist sie aber noch nicht wirksam (weil zum Beispiel die familiengerichtliche Genehmigung noch fehlt), muss die mittlerweile volljährige Person die Ausschlagung selbst bestätigen.

Gesetzliche Vertretung bei der Ausschlagung der Erbschaft


Der Sonderfall: Das ungeborene Kind (Nasciturus)

Auch wenn es ungewöhnlich klingt: Sogar für ein Kind, das noch nicht geboren wurde, aber bereits „im Bauch“ ist (juristisch als Nasciturus bezeichnet), kann eine Erbschaft ausgeschlagen werden.

Die Eltern oder ein eigens dafür bestellter Pfleger können die Erbschaft bereits vor der Geburt ausschlagen. Dies ist sinnvoll, um das ungeborene Kind vor potenziellen finanziellen Belastungen durch eine überschuldete Erbschaft zu schützen. Sollte es hierbei zu Interessenkonflikten kommen, kann ein Ergänzungspfleger bestellt werden, der die Interessen des ungeborenen Kindes vertritt.


Ausschlagung für Betreute: Wenn ein Betreuer hilft

Manchmal gibt es erwachsene Personen, die aufgrund einer Erkrankung oder Behinderung nicht mehr in der Lage sind, ihre eigenen Angelegenheiten zu regeln. Für diese Menschen kann ein Betreuer bestellt werden.

Wenn die Aufgabe des Betreuers die „Vermögenssorge“ umfasst, darf er auch die Erbschaft für die betreute Person ausschlagen. Auch hier ist die Genehmigung des Betreuungsgerichts erforderlich, um die betreute Person zu schützen.

Ist die betreute Person trotz Betreuung noch geschäftsfähig, kann sie die Erbschaft auch selbst ausschlagen. Manchmal gibt es aber auch einen sogenannten Einwilligungsvorbehalt. Das bedeutet, dass die geschäftsfähige betreute Person zwar selbst handeln kann, dafür aber die Zustimmung ihres Betreuers benötigt.


Was Sie sich merken sollten

Die Ausschlagung einer Erbschaft ist ein wichtiger Schritt, der sorgfältig bedacht sein will. Wenn die Person, die erbt, nicht selbst handeln kann – sei es aufgrund des Alters oder einer Betreuung – sind besondere Regeln zu beachten. Im Mittelpunkt steht immer der Schutz der betroffenen Person.

Sollten Sie Fragen zur Ausschlagung einer Erbschaft haben, insbesondere wenn Minderjährige oder betreute Personen involviert sind, stehe ich Ihnen als Ihr Ansprechpartner gerne zur Verfügung. Zögern Sie nicht, sich beraten zu lassen, um die richtigen Schritte einzuleiten.

Mit freundlichen Grüßen,

Ihr Rechtsanwalt und Notar Krau

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