gewöhnlicher Aufenthalt – KG 1 AR 1020/20

November 12, 2020

Aufenthalt zur Palliativpflege in Sterbehospiz begründet bei Beibehaltung der eigenen Wohnung keinen gewöhnlichen Aufenthalt – KG 1 AR 1020/20

Inhaltsverzeichnis RA und Notar Krau

  1. Tenor
    • Zuständigkeit des Amtsgerichts Schöneberg
  2. Gründe
    • Örtliche Zuständigkeit
      • Bestimmung des Amtsgerichts Schöneberg gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG
      • Relevanz des gewöhnlichen Aufenthalts gemäß § 343 Abs. 1 FamFG
      • Vergleich: schlichter Aufenthalt vs. gewöhnlicher Aufenthalt
      • Fortbestand des gewöhnlichen Aufenthalts am Ort der Wohnung
    • Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts
      • Definition des gewöhnlichen Aufenthalts (Daseinsmittelpunkt)
      • Indizwirkung des Wohnsitzes für den gewöhnlichen Aufenthalt
    • Sachverhalt
      • Krankenhaus- und Beatmungs-WG-Aufenthalt der Erblasserin
      • Übergang zur Palliativpflege und Versterben im Hospiz
      • Unveränderter Lebensmittelpunkt trotz vorübergehender Aufenthalte
    • Rechtliche Würdigung
      • Voraussetzungen für die Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts
      • Zeitlich begrenzte Aufenthalte in medizinischen Einrichtungen
      • Keine Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts durch Palliativpflege
    • Abweichende Rechtsprechung
      • Vergleich zur Entscheidung des OLG Köln
    • Zusätzliche Zuständigkeitsgründe
      • Zuständigkeit gemäß § 344 Abs. 4 FamFG für Nachlasspflegerbestellung
      • Zuständigkeit des Amtsgerichts Schöneberg für Ausschlagungserklärungen und gerichtliche Genehmigungen

Aufenthalt zur Palliativpflege in Sterbehospiz begründet bei Beibehaltung der eigenen Wohnung keinen gewöhnlichen Aufenthalt – KG 1 AR 1020/20

Als örtlich zuständiges Gericht ist gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG i.V.m. § 343 Abs. 1, § 344 Abs. 4, § 344 Abs. 7 S. 1 FamFG das Amtsgericht Schöneberg zu bestimmen.

Zum einen folgt die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Schöneberg aus § 343 Abs. 1 FamFG

Maßgeblich ist nicht der schlichte Aufenthalt, an den § 343 Abs. 1 Hs. 2 FamFG a.F. (hilfsweise) anknüpfte, sondern der gewöhnliche Aufenthalt.

Es ist anzunehmen, dass die Erblasserin im Zeitpunkt ihres Todes ihren gewöhnlichen Aufenthalt (weiterhin) am Ort ihrer Wohnung in der … hatte.

Mit dem Begriff „gewöhnlicher Aufenthalt“ ist der Ort gemeint, an dem der Schwerpunkt der Bindungen einer Person, ihr Daseinsmittelpunkt, liegt

Der Wohnsitz (§§ 7 ff. BGB) ist ein Indiz für den gewöhnlichen Aufenthalt

Die Erblasserin wurde Ende März 2020 aus dem Krankenhaus in eine von der … GmbH betriebene „Beatmungs-WG“ entlassen.

Ihre Wohnung wurde nicht aufgelöst, sondern es sollte nach drei Monaten entschieden werden, ob die Erblasserin in diese zurückkehren könne.

Nach erneuten Krankenhausaufenthalten wurde die Erblasserin am 18. Mai 2020 zur Palliativpflege in das … aufgenommen, wo sie am nächsten Tag verstarb.

Die vorübergehenden Aufenthaltswechsel ließen den tatsächlichen Lebensmittelpunkt der Erblasserin, die auch über soziale Beziehungen verfügte, unberührt.

Wird die bisherige Niederlassung – wie hier – nicht aufgehoben, setzt die Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts regelmäßig voraus,

dass dieser auf einige Dauer – z.B. sechs Monate – hin angelegt ist

Bei einem Krankenhausaufenthalt steht darüber hinaus die (zeitlich begrenzte) Heilbehandlung und nicht die soziale Einbindung des Patienten in das neue Umfeld im Vordergrund.

Gleiches gilt für die Aufnahme in eine Einrichtung zur temporären Intensivpflege oder in ein Hospiz, ggf. zur Sterbebegleitung.

Die Palliativversorgung ist eine Form der medizinischen Behandlung mit besonderen Schwerpunkten und Zusatzleistungen.

Der Betroffene verweilt in einer solchen Einrichtung üblicherweise nur vorübergehend.

Seine Anwesenheit wird nicht dadurch zum gewöhnlichen Aufenthalt, dass sie voraussichtlich eher durch den Tod als durch die Rückkehr in die Wohnung enden wird

Zum anderen ergibt sich die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Schöneberg für das Verfahren über die Bestellung des Nachlasspflegers

Das Bedürfnis für die Sicherung des Nachlasses ist im Bezirk des Amtsgerichts Schöneberg aufgetreten, wo sich die Wohnung der Erblasserin mit Nachlassgegenständen befindet.

Weiter ist das Amtsgericht Schöneberg für die Entgegennahme der Ausschlagungserklärungen zuständig.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

§ 2270 BGB nur auf gemeinschaftliches Testament und nicht auf Verfügungen in Erbvertrag anwendbar

§ 2270 BGB nur auf gemeinschaftliches Testament und nicht auf Verfügungen in Erbvertrag anwendbar

Mai 12, 2025
§ 2270 BGB nur auf gemeinschaftliches Testament und nicht auf Verfügungen in Erbvertrag anwendbarRA und Notar KrauDas Urteil des Bundesgeric…
Entlassung des Testamentsvollstreckers wegen beleidigender Äußerungen über Erben

Entlassung des Testamentsvollstreckers wegen beleidigender Äußerungen über Erben

Mai 8, 2025
Entlassung des Testamentsvollstreckers wegen beleidigender Äußerungen über ErbenOLG Zweibrücken Beschluss vom 17.2.2025 –&nb…
Kostenentscheidung in einem Nachlassverfahren

Kostenentscheidung in einem Nachlassverfahren

Mai 8, 2025
Kostenentscheidung in einem NachlassverfahrenRA und Notar KrauIn dem vorliegenden Beschluss des Bundesgerichtshofs (IV ZB 18/24) vom 23. Apr…