GmbH Ausübung von Gesellschafterrechten durch Erben

Mai 14, 2018

GmbH Ausübung von Gesellschafterrechten durch Erben

OLG Sachsen-Anhalt 2 U 95/15

RA und Notar Krau

Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt entschied, dass eine Erbin erst nach Eintragung in die Gesellschafterliste die Gesellschafterrechte ausüben kann,

insbesondere die Anfechtung eines Gesellschafterbeschlusses.

Die bloße Erbenstellung reicht hierfür nicht aus.

Hintergrund:

Die Klägerin war Alleinerbin ihres verstorbenen Ehemanns, der Gesellschafter einer GmbH war.

Nach dem Tod des Ehemanns beschloss die Gesellschafterversammlung die Einziehung seines Geschäftsanteils.

Die Klägerin focht diesen Beschluss an, wurde jedoch vom Landgericht abgewiesen, da sie nicht in der Gesellschafterliste eingetragen war.

Gegen diese Entscheidung legte sie Berufung ein.

GmbH Ausübung von Gesellschafterrechten durch Erben

Entscheidung des Gerichts:

Das OLG Sachsen-Anhalt wies die Berufung zurück.

1. Anfechtungsbefugnis:

Die Klägerin war nicht anfechtungsbefugt, da sie nicht in der Gesellschafterliste eingetragen war.

Gemäß § 16 Abs. 1 GmbHG kann sich im Verhältnis zur Gesellschaft nur derjenige auf die Rechte eines Gesellschafters berufen, der als solcher in der Gesellschafterliste eingetragen ist.

Dies gilt auch im Erbfall.

2. Formale Legitimation:

Das Gericht betonte die Bedeutung der formalen Legitimation durch Eintragung in die Gesellschafterliste.

Die Gesellschaft darf nur denjenigen als Gesellschafter behandeln, der formell legitimiert ist.

GmbH Ausübung von Gesellschafterrechten durch Erben

Die materielle Rechtslage, also die Erbenstellung, ist hierfür nicht ausreichend.

3. Zweck der Regelung:

Die Regelung des § 16 Abs. 1 GmbHG dient der Rechtssicherheit und soll die Gesellschaft vor Unsicherheiten über die materielle Rechtslage schützen.

Im Erbfall können diverse Unsicherheiten auftreten, beispielsweise hinsichtlich der Gültigkeit des Testaments oder der Erbenstellung.

4. Möglichkeiten der Gesellschaft und des Erben:

Der verstorbene Gesellschafter kann durch eine Vollmacht von Todes wegen vorsorgen.

Die Gesellschaft kann im Falle eilbedürftiger Entscheidungen die Bestellung eines Nachlasspflegers veranlassen.

Der Erbe kann seine Eintragung in die Gesellschafterliste durch Nachweis seiner Erbenstellung, z.B. durch einen Erbschein, herbeiführen.

5. Kein Rechtsmissbrauch:

Das Gericht sah keinen Rechtsmissbrauch darin, dass die Gesellschaft sich auf die fehlende Eintragung der Klägerin in die Gesellschafterliste berief.

Die Klägerin hatte die Gesellschaft zwar über ihren Erbrecht informiert, jedoch keinen Erbschein vorgelegt.

6. Kein Anfechtungsgrund:

Selbst wenn die Klägerin anfechtungsbefugt gewesen wäre, fehlte es an einem Anfechtungsgrund.

Der Beschluss über die Einziehung des Geschäftsanteils wurde innerhalb der satzungsmäßigen Frist gefasst.

Die gerügten Verfahrensverstöße waren nicht relevant.

7. Hilfsweise Feststellungsklage:

Auch die hilfsweise Feststellungsklage war unbegründet.

Die Klägerin hatte keinen Nichtigkeitsgrund im Sinne des § 241 AktG analog benannt.

Fazit:

Die Entscheidung des OLG Sachsen-Anhalt verdeutlicht die Bedeutung der formalen Legitimation durch Eintragung in die Gesellschafterliste für die Ausübung von Gesellschafterrechten.

Erben müssen sich daher zunächst in die Gesellschafterliste eintragen lassen, bevor sie ihre Rechte geltend machen können.

Zusätzliche Informationen:

  • Das Gericht ließ die Revision nicht zu.
  • Die Entscheidung hat Auswirkungen auf die Praxis der Unternehmensnachfolge, da sie die Bedeutung der formellen Voraussetzungen für die Ausübung von Gesellschafterrechten hervorhebt.
  • Erben sollten sich im Falle des Todes eines Gesellschafters umgehend um die Eintragung in die Gesellschafterliste bemühen, um ihre Rechte wahren zu können.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Kein einstweiliger Rechtsschutz gegen Geschäftsführerabberufung trotz Stimmrechtsvereinbarung

Kein einstweiliger Rechtsschutz gegen Geschäftsführerabberufung trotz Stimmrechtsvereinbarung

April 24, 2025
Kein einstweiliger Rechtsschutz gegen Geschäftsführerabberufung trotz StimmrechtsvereinbarungRA und Notar KrauDas Landgericht München I wi…
Firmenbestattung - Auch der faktische Geschäftsführer im Hintergrund ist Täter

Firmenbestattung – Auch der faktische Geschäftsführer im Hintergrund ist Täter

April 24, 2025
Firmenbestattung – Auch der faktische Geschäftsführer im Hintergrund ist TäterBGH 5 StR 287/24, Beschluss vom 27.02.2025RA und Notar Krau …
Berücksichtigung eines Holdingabschlags bei Ableitung des gemeinen Werts von Kapitalgesellschaftsanteilen aus Verkäufen

Berücksichtigung eines Holdingabschlags bei Ableitung des gemeinen Werts von Kapitalgesellschaftsanteilen aus Verkäufen

April 23, 2025
Berücksichtigung eines Holdingabschlags bei Ableitung des gemeinen Werts von Kapitalgesellschaftsanteilen aus VerkäufenUrteil des Bundesfinanz…