Grundbuchberichtigung unwirksame Verfügung Testamentsvollstrecker

Dezember 4, 2024

Grundbuchberichtigung unwirksame Verfügung Testamentsvollstrecker

OLG Hamm 10 U 91/23

Urteil vom 02.07.2024

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Der Kläger und die Beklagte waren Geschwister und Miterben nach ihrem Stiefvater.

Die Beklagte war zugleich Testamentsvollstreckerin.

Der Erblasser hatte in einem Testament ein Vermächtnis über seinen Miteigentumsanteil an einer Eigentumswohnung zugunsten der Kinder der Beklagten angeordnet.

In einem späteren Testament widerrief er dieses Vermächtnis jedoch.

Grundbuchberichtigung unwirksame Verfügung Testamentsvollstrecker

Die Beklagte erfüllte dennoch das Vermächtnis und übertrug den Miteigentumsanteil auf ihre Kinder.

Anschließend erwarb sie den Anteil von ihren Kindern.

Der Kläger verlangte die Berichtigung des Grundbuchs, da die Beklagte seiner Ansicht nach nicht Eigentümerin des Miteigentumsanteils geworden sei.

Rechtsfragen:

  1. Liegt eine unentgeltliche Verfügung des Testamentsvollstreckers vor, wenn dieser ein in Wirklichkeit nicht bestehendes Vermächtnis erfüllt?
  2. Kann ein gutgläubiger Erwerb nach § 892 BGB ausgeschlossen sein, wenn der Erwerber sich der Erkenntnis einer Grundbuchunrichtigkeit bewusst verschließt?

Entscheidung des OLG Hamm:

Das OLG Hamm gab der Berufung des Klägers statt und verurteilte die Beklagte zur Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs.

Begründung:

Grundbuchberichtigung unwirksame Verfügung Testamentsvollstrecker

  • Unentgeltliche Verfügung: Das OLG Hamm bestätigte die Auffassung des Landgerichts, dass die Übertragung des Miteigentumsanteils auf die Kinder der Beklagten eine unentgeltliche Verfügung im Sinne von § 2205 BGB darstellte, da das Vermächtnis durch das spätere Testament widerrufen worden war.
  • Kein gutgläubiger Erwerb: Die Beklagte hatte den Miteigentumsanteil nicht gutgläubig von ihren Kindern erworben.
    • Die Beklagte hatte als erfahrene Rechtsanwältin Kenntnis von den maßgeblichen Kriterien der Testamentsauslegung.
    • Es gab Indizien dafür, dass ihr die Unwirksamkeit des Vermächtnisses und damit die Unrichtigkeit des Grundbuchs bekannt war. Sie hatte zuvor versucht, den Miteigentumsanteil auf ihre Mutter zu übertragen, was jedoch am Grundbuchamt scheiterte.
    • Die Beklagte hatte ihre Geschwister nicht in die Vertragsabschlüsse einbezogen und ihre Rechtsposition als Testamentsvollstreckerin planvoll ausgenutzt, um sich selbst den Miteigentumsanteil zu verschaffen.
  • Widerruf des Vermächtnisses: Das OLG Hamm stellte fest, dass der Erblasser das Vermächtnis in seinem späteren Testament wirksam widerrufen hatte. Der Wortlaut des Testaments sei eindeutig. Ein Erblasserwille, das Vermächtnis aufrechtzuerhalten, sei auch im Rahmen einer Testamentsauslegung nicht erkennbar.
  • Kein Eigentumsverlust: Die Erbengemeinschaft hatte ihr Eigentum an dem Miteigentumsanteil nicht verloren, da die Verfügung der Beklagten unwirksam war.

Grundbuchberichtigung unwirksame Verfügung Testamentsvollstrecker

Konsequenzen des Urteils:

Das Urteil des OLG Hamm verdeutlicht die Grenzen der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers.

Erfüllt dieser ein nicht mehr bestehendes Vermächtnis, liegt eine unwirksame unentgeltliche Verfügung vor.

Ein gutgläubiger Erwerb ist in diesem Fall ausgeschlossen, wenn der Erwerber Kenntnis von der Unrichtigkeit des Grundbuchs hat.

Wichtige Hinweise:

  • Erfüllt der Testamentsvollstrecker ein in Wirklichkeit nicht bestehendes Vermächtnis, so verfügt er unentgeltlich im Sinne des § 2205 S. 3 BGB.
  • Ein gutgläubiger Erwerb nach § 892 BGB kann ausgeschlossen sein, wenn der Erwerber sich der Erkenntnis einer Grundbuchunrichtigkeit bewusst verschließt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Urteil des OLG Hamm eine wichtige Entscheidung zur Frage der Grundbuchberichtigung bei unwirksamer Verfügung des Testamentsvollstreckers ist.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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