Grundbuchberichtigungsanspruch des Erbbauberechtigten bei mangelhafter Eigentümererklärung
OLG Hamm, Beschl. v. 10. 5. 2011 − 15 Wx 536/10
Es geht um einen Fall, bei dem ein Erbbauberechtigter (die Person, die ein Haus auf einem fremden Grundstück bauen oder besitzen darf) zur Finanzierung seines Kaufs eine Grundschuld (eine Art Hypothek) in Höhe von 70.600 Euro nebst 18 % Jahreszinsen in das Grundbuch des Erbbaurechts eintragen ließ.
Nach dem Erbbaurechtsvertrag war die Belastung des Erbbaurechts mit einer Grundschuld von der Zustimmung des Grundstückseigentümers (der die Person, der das Grundstück gehört) abhängig. Die Eigentümer hatten nur der Belastung in Höhe von 70.600 Euro zugestimmt – die Zinsen waren in ihrer notariellen Erklärung nicht erwähnt.
Das Gericht, das Oberlandesgericht (OLG) Hamm, hatte zwei zentrale Fragen zu klären:
Das OLG entschied, dass die Erklärung des Grundstückseigentümers, die nur einen bestimmten Betrag nennt, nicht so ausgelegt werden kann, dass sie automatisch auch die Zinsen der Grundschuld umfasst.
Warum? Bei Eintragungen im Grundbuch gilt ein objektiver Maßstab: Es zählt nur, was für einen unbefangenen Dritten aus der Erklärung selbst klar ersichtlich ist. Die bloße Tatsache, dass Banken üblicherweise Zinsen verlangen, reicht nicht aus, um die Zustimmung darauf zu erweitern.
Die Zustimmungserklärung dient dem Schutz des Eigentümers vor einer Überlastung des Erbbaurechts, die ihn bei einem eventuellen Heimfall (Rückfall des Erbbaurechts an den Eigentümer) belasten würde (weil er die Grundschulden übernehmen muss). Eine 18%ige Verzinsung kann die Belastung schnell verdoppeln.
Die Grundschuld wurde unrichtig im Grundbuch eingetragen, da die Zustimmung für den Zinsanteil fehlte.
Die Grundstückseigentümer legten Beschwerde ein und wollten, dass ein Amtswiderspruch eingetragen wird. Ein Amtswiderspruch sichert den Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs ab, falls es unrichtig ist.
Die Beschwerde mit dem Ziel eines Amtswiderspruchs kann nur erheben, wer einen Grundbuchberichtigungsanspruch nach §894 BGB hat. Dies ist die Person, deren eigenes dingliches Recht (hier: das Erbbaurecht) durch die falsche Eintragung beeinträchtigt ist.
Die Eigentümer sind durch die (unvollständige) Eintragung der Grundschuld auf dem Erbbaurecht nicht in ihrem eigenen Eigentum am Grundstück beeinträchtigt.
Obwohl das Zustimmungserfordernis dem Schutz ihrer wirtschaftlichen Interessen dient, gibt ihnen das Gesetz keine eigene dingliche Rechtsposition (also kein unmittelbares Recht) am Erbbaurecht selbst. Auch der zukünftige Heimfallanspruch reicht dafür nicht aus.
Die Grundstückseigentümer (Bet. zu 1 und 2) haben keinen eigenen Grundbuchberichtigungsanspruch nach §894 BGB und sind daher nicht beschwerdebefugt.
Der Grundbuchberichtigungsanspruch steht allein dem Erbbauberechtigten (Bet. zu 3) zu, da dessen Recht (das Erbbaurecht) durch die unrichtige Grundschuld beeinträchtigt ist.
Nur er könnte daher die Eintragung eines Amtswiderspruchs als Berechtigter verlangen.
Die Entscheidung macht zwei Dinge deutlich:
Im Grundbuch zählt, was explizit dasteht: Eine Zustimmung zur Belastung mit einem Betrag umfasst nicht automatisch die Zinsen, selbst wenn Zinsen bei Krediten üblich sind. Es muss klar und eindeutig sein.
Grundbuchberichtigung ist nur Sache des direkt Betroffenen: Auch wenn der Grundstückseigentümer ein großes Interesse am Zustand des Erbbaurechts hat (wegen des Heimfalls), steht ihm der direkte Anspruch auf Korrektur einer falschen Belastung des Erbbaurechts nicht zu. Nur der Erbbauberechtigte (dessen Recht direkt betroffen ist) kann die Berichtigung oder einen Amtswiderspruch fordern.
Die Eigentümer sind jedoch nicht schutzlos: Sie können den Erbbauberechtigten vertraglich dazu zwingen, die Berichtigung selbst vorzunehmen oder sie dazu zu ermächtigen. Das Grundbuchamt könnte den Amtswiderspruch sogar von Amts wegen eintragen, müsste ihn aber zugunsten des Erbbauberechtigten buchen.
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