Grundbuchverfahren: Befugnis des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft zur Erteilung einer Löschungsbewilligung
Hier ist eine Zusammenfassung der Entscheidung des Oberlandesgerichts München (OLG München) vom 16.02.2011 (Az. 34 Wx 156/10), die sich mit dem Wohnungseigentumsrecht und Grundbucheintragungen beschäftigt.
Bei diesem Fall ging es um die Frage, ob der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ohne einen ausdrücklichen Beschluss der Eigentümer eine Löschungsbewilligung für eine im Grundbuch eingetragene Zwangssicherungshypothek abgeben darf.
Ein Wohnungseigentümer (Beteiligter zu 1) verkaufte sein Eigentum an einen Käufer (Beteiligter zu 2).
Im Grundbuch dieses Eigentums war für die WEG (die Gemeinschaft aller Wohnungseigentümer) eine Zwangssicherungshypothek eingetragen. Eine solche Hypothek dient typischerweise dazu, unbezahlte Forderungen der WEG gegen den Eigentümer (z.B. Hausgeld- oder Kostenbeiträge) abzusichern.
Um den Verkauf und die Eigentumsübertragung abzuschließen, musste diese Hypothek gelöscht werden.
Der Verwalter der WEG gab eine notariell beglaubigte Löschungsbewilligung ab, um die Eintragung im Grundbuch entfernen zu lassen.
Der Verkäufer und der Käufer stellten den Löschungsantrag beim Grundbuchamt.
Das Grundbuchamt lehnte den Antrag ab (erließ eine sogenannte Zwischenverfügung), da es zwei Mängel sah:
Es fehlte ein ordnungsgemäßer Nachweis der Verwalterbestellung.
Das Grundbuchamt war der Meinung, der Verwalter sei nicht berechtigt, eine Löschungsbewilligung abzugeben, es sei denn, er sei dazu durch einen Beschluss der WEG ausdrücklich ermächtigt worden.
Alternativ hätte der Verwalter eine „löschungsfähige Quittung“ vorlegen können. Das ist der Nachweis in grundbuchtauglicher Form, dass die gesicherte Forderung (also die Schulden des Eigentümers bei der WEG) vollständig bezahlt wurde.
Die beteiligten Parteien (Verkäufer und Käufer) legten gegen die Entscheidung des Grundbuchamts Beschwerde ein. Sie argumentierten, dass die WEG rechtsfähig sei und der Verwalter als deren Organ umfassend zur Vertretung berechtigt sei, auch bei der Aufgabe von Sicherheiten (§ 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 WEG).
Das OLG München wies die Beschwerde jedoch zurück und gab dem Grundbuchamt im Wesentlichen Recht.
Das Gericht stellte klar, dass die gesetzliche Vertretungsmacht des Verwalters im § 27 Abs. 3 WEG abschließend geregelt ist und nicht die Befugnis zur Abgabe einer Löschungsbewilligung umfasst.
Die gesetzliche Vertretungsmacht des Verwalters umfasst Tätigkeiten wie das Anfordern und Empfangen von Beiträgen oder die Durchführung der laufenden Verwaltung. Die Aufgabe von Sicherheiten, wie die Löschung einer Hypothek, gehört nicht automatisch zur „laufenden Verwaltung,“ solange die gesicherte Forderung (die Schulden) nicht nachgewiesen beglichen wurde.
Für alle „sonstigen Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen“ (§ 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG) benötigt der Verwalter einen Beschluss der Wohnungseigentümer. Die Löschungsbewilligung fällt hierunter, da sie eine Willenserklärung darstellt, die Rechte der WEG (die Sicherheit) aufgibt.
Löschungsfähige Quittung: Der Verwalter kann lediglich eine löschungsfähige Quittung ausstellen, die bescheinigt, dass die Forderung bezahlt wurde (§ 27 GBO). Wurde diese Quittung (als Nachweis der Befriedigung) vorgelegt, wäre die Löschung möglich. Im vorliegenden Fall war aber nur eine Löschungsbewilligung und kein Nachweis der Tilgung (Zahlung) vorgelegt worden.
Der Verwalter ist ohne einen speziellen Ermächtigungsbeschluss der Wohnungseigentümer nicht berechtigt, eine Löschungsbewilligung für eine Zwangssicherungshypothek abzugeben, selbst wenn die WEG als rechtsfähig anerkannt ist. Die Löschung erfordert entweder den Nachweis der Zahlung (löschungsfähige Quittung) oder den Ermächtigungsbeschluss der WEG.
Die Entscheidung verdeutlicht einen wichtigen Punkt im Grundbuch- und Wohnungseigentumsrecht:
Der Verwalter einer WEG hat keine uneingeschränkte Vertretungsmacht.
Wichtige Rechtshandlungen, insbesondere die Aufgabe von Rechten oder Sicherheiten der Gemeinschaft, erfordern grundsätzlich einen Eigentümerbeschluss.
Um eine Sicherungshypothek im Grundbuch löschen zu lassen, muss die WEG entweder durch einen Beschluss den Verwalter dazu ermächtigen oder der Verwalter muss die vollständige Zahlung der gesicherten Forderung (Schulden) in grundbuchtauglicher Form (löschungsfähige Quittung) bestätigen.
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