Grundbuchverfahren: Nachweis der Vertretungsverhältnisse einer GbR bei Löschung einer von ihr erwirkten Zwangssicherungshypothek
Gerne fasse ich den Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 13. Oktober 2011 (V ZB 90/11) zusammen.
Dieser Fall behandelt die Frage, welche Nachweise ein Grundbuchamt verlangen darf, wenn eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) die Löschung einer zu ihren Gunsten eingetragenen Zwangssicherungshypothek bewilligt.
Eine GbR, vertreten durch die „Ge. Management GmbH“ (Ge.), erwirkte aufgrund eines vollstreckbaren Urteils eine Zwangssicherungshypothek auf einem Grundstück des Schuldners (Beteiligter zu 2). Der Schuldner verkaufte das Grundstück später an eine Käuferin (Beteiligte zu 1).
Die Käuferin wollte die Hypothek löschen lassen. Die GbR erteilte die erforderliche Löschungsbewilligung – erneut vertreten durch ihre Geschäftsführerin Ge. – in notarieller Form.
Das Grundbuchamt weigerte sich, die Löschung vorzunehmen. Es verlangte zusätzliche Nachweise in der Form des §29 der Grundbuchordnung (GBO) für:
Den aktuellen Gesellschafterbestand der GbR (Gläubigerin).
Den Gesellschafterbestand zum Zeitpunkt der Hypothekeneintragung.
Die Bevollmächtigung der Ge. durch die GbR.
Das Kammergericht (die Beschwerdeinstanz) bestätigte diese Forderung: Zwar könne die Löschung durch die Geschäftsführerin bewilligt werden, aber die Vertretungsmacht müsse formgerecht nachgewiesen werden. Eine vorgelegte Urkunde über die Bevollmächtigung der Ge. reiche nicht aus, da sie nicht den Fortbestand der Vollmacht beweise und das Grundbuchamt keine Vermutung über den Fortbestand der Vollmacht anwenden dürfe, wenn die Vollmachtsurkunde nicht bei der Löschungsbewilligung vorgelegt wurde.
Der BGH hob die Beschlüsse der Vorinstanzen auf und gab den Antragstellern Recht. Er entschied, dass die zusätzlichen Nachweise des Grundbuchamts nicht erforderlich waren.
Der BGH stellte klar, dass die erst kurz zuvor in Kraft getretene Vorschrift, die eine Eintragung der GbR nur unter Nennung ihrer Gesellschafter vorsieht, keine zusätzlichen Nachweiserfordernisse für die Löschung aufstellt. Das Grundbuchamt muss also weder den aktuellen noch den früheren Gesellschafterbestand prüfen, wenn es um die Löschung geht.
Der zentrale Punkt ist der Nachweis, dass die Ge. tatsächlich zur Vertretung der GbR bevollmächtigt war. Normalerweise muss der Fortbestand einer Vollmacht in Grundbuchsachen besonders belegt werden (etwa durch die Vorlage der Vollmachtsurkunde bei der Abgabe der Löschungsbewilligung).
Der BGH argumentiert jedoch:
Die Zwangssicherungshypothek wurde auf Grundlage eines vollstreckbaren Urteils eingetragen.
Bei der Eintragung einer Zwangssicherungshypothek handelt das Grundbuchamt als Vollstreckungsorgan. Als solches muss es die im Urteil ausgewiesenen formellen Voraussetzungen (wie die Vertretung des Gläubigers) hinnehmen. Die Richtigkeit der Vertretung wird durch die Vollstreckungsklausel bestätigt und kann nur durch spezielle Rechtsmittel (wie die Klauselerinnerung) angegriffen werden.
Die Löschung der Zwangssicherungshypothek dient inhaltlich dazu, die zuvor erwirkte Vollstreckungsmaßnahme rückgängig zu machen.
Es wäre sachlich nicht gerechtfertigt, für die Rückgängigmachung (Löschung) strengere Nachweisanforderungen zu stellen als für die Erwirkung (Eintragung) der Hypothek selbst.
Der Nachweis der Vertretungsverhältnisse der GbR durch die Ge. für die Löschung kann mit der vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils erbracht werden, die bereits Grundlage der ursprünglichen Eintragung war. Damit sind die in dem Urteil festgestellten Vertretungsverhältnisse für das Grundbuchamt bindend und es darf die Löschung nicht aufgrund der fehlenden zusätzlichen Nachweise (Gesellschafterbestand, Fortbestand der Vollmacht) verweigern.
Der BGH hat entschieden, dass bei der Löschung einer Zwangssicherungshypothek, die aufgrund eines Urteils eingetragen wurde, das Grundbuchamt an die im Urteil festgestellte Vertretung des Gläubigers (hier der GbR durch die Ge.) gebunden ist. Das Grundbuchamt darf in diesem speziellen Fall keine zusätzlichen Nachweise über den Gesellschafterbestand oder den aktuellen Fortbestand der Vollmacht verlangen, da die Löschung die logische Folge der ursprünglichen Vollstreckungsmaßnahme ist und dafür keine strengeren Anforderungen gelten dürfen.
Dieser Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 13. Oktober 2011 (V ZB 90/11) beruht in der Tat auf altem Recht, insbesondere im Hinblick auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR).
Die wesentlichen Änderungen durch das MoPeG (Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts, in Kraft getreten am 1. Januar 2024) betreffen die Rechtsfähigkeit der GbR, ihre Grundbuchfähigkeit und die Nachweisführung ihrer Vertretung.
Das Urteil befasste sich mit der Löschung einer Zwangssicherungshypothek, deren Gläubigerin eine GbR war. Die zentrale Frage war, wie die Vertretungsbefugnis der Geschäftsführerin (einer GmbH) für die GbR in der Form des §29 GBO (Grundbuchordnung) nachzuweisen war.
Der BGH entschied unter dem damaligen Recht:
Die Vertretung der GbR für die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek konnte durch das zugrundeliegende vollstreckbare Urteil nachgewiesen werden, weil das Grundbuchamt hier als Vollstreckungsorgan gebunden war.
Für die Löschung der Hypothek gelten zwar grundsätzlich die strengeren Anforderungen der GBO (Nachweis der Vertretung in öffentlicher Form).
Dennoch hielt der BGH es für sachlich nicht gerechtfertigt, strengere Anforderungen an die Löschung (Rückgängigmachung der Vollstreckungsmaßnahme) als an die Eintragung zu stellen.
Daher konnte die Vertretung der GbR auch für die Löschung der Zwangssicherungshypothek mit der vollstreckbaren Urteilsausfertigung nachgewiesen werden, die Grundlage ihrer Eintragung war.
Die Frage des Gesellschafterbestandes (§47 Abs. 2 GBO a.F.) wurde im Urteil ebenfalls diskutiert, aber verneint: Das Grundbuchamt durfte den Nachweis des aktuellen Gesellschafterbestandes nicht verlangen, da §47 Abs. 2 GBO a.F. nur die Form der Eintragung regelte, nicht aber zusätzliche Nachweiserfordernisse aufstellte.
Das MoPeG hat die GbR grundlegend reformiert, was direkte Auswirkungen auf ihre Fähigkeit hat, im Grundbuch zu handeln.
Schwieriger Nachweis der organschaftlichen Vertretung (Gesellschafter) in §29 GBO-Form; bei rechtsgeschäftlicher Vertretung (wie hier die GmbH) Nachweis der Vollmacht in §29 GBO-Form oder ausnahmsweise über den Vollstreckungstitel (Urteil). Die Vertretungsmacht der eGbR ergibt sich direkt aus dem Gesellschaftsregister (§899a BGB, §47 GBO n.F.). Das Register enthält die vertretungsberechtigten Gesellschafter. Eine besondere Vorlage von Gesellschafterlisten oder Beschlüssen zur organschaftlichen Vertretung ist i.d.R. nicht mehr nötig.
Grundbuchfähigkeit und Gesellschafterbestand: Heute müsste die GbR im Grundbuch als eGbR (eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts) geführt werden. Die im Grundbuch einzutragende Bezeichnung erfolgt unter dem Namen der Gesellschaft und dem Zusatz „eGbR“ ohne Nennung der Gesellschafter (§47 Abs. 1 GBO n.F.). Die Gesellschafter und die Vertretungsbefugnis ergeben sich aus dem Gesellschaftsregister. Die Problematik des Nachweises des Gesellschafterbestandes in §29 GBO-Form ist damit entfallen.
Wäre die Geschäftsführerin eine vertretungsberechtigte Gesellschafterin (was bei einer GmbH als Gesellschafter kompliziert ist) – oder heute eine vertretungsberechtigte Person laut Register – dann würde sich ihre Vertretungsbefugnis direkt aus dem Gesellschaftsregister ergeben (§47 Abs. 2 GBO n.F. i.V.m. §32 HGB analog).
Wäre die GmbH (wie im Urteil) eine rechtsgeschäftliche Vertreterin (Geschäftsbesorgerin) mit Vollmacht der GbR, müsste die Vollmacht nach wie vor in §29 GBO-Form (öffentliche Urkunde) nachgewiesen werden. Hier würde das Urteil, das den Ausnahmeweg über den Vollstreckungstitel für die Löschung einer Zwangssicherungshypothek öffnete, möglicherweise weiterhin Bestand haben, da es sich um eine spezifische vollstreckungsrechtliche Auslegung handelt, die nicht direkt durch die MoPeG-Änderungen in der Vertretungsregelung der GbR widerlegt wird. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass der primäre Nachweis der Vertretung heute durch das Gesellschaftsregister und nicht mehr durch die komplizierte Vorlage von Gesellschaftsverträgen und Beschlüssen erfolgt.
Zusammenfassend hat das MoPeG die Nachweisführung der organschaftlichen Vertretung einer GbR im Grundbuchverkehr drastisch vereinfacht, da auf das neue Gesellschaftsregister verwiesen wird und die Gesellschaft als solche Trägerin von Rechten und Pflichten ist. Die Notwendigkeit komplizierter Einzelnachweise, wie sie im Urteil thematisiert wurden (Nachweis von Beschlüssen, Feststellungskompetenzen, Gesellschafterlisten), entfällt dadurch weitgehend.
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