Grundbuchverfahren: Umfang einer die Abtretbarkeit einer Grundschuld ausschließenden Belastungsvollmacht

November 2, 2025

Grundbuchverfahren: Umfang einer die Abtretbarkeit einer Grundschuld ausschließenden Belastungsvollmacht

OLG München: Grundschuldbestellung und Vollmacht – Was bedeutet „Abtretungsausschluss“?

(Beschluss vom 22.02.2012 – 34 Wx 18/12)

Worum ging es?

Bei diesem Fall ging es um die Eintragung einer Grundschuld (eine Sicherheit für einen Kredit) im Grundbuch beim Kauf eines Grundstücks. Der Verkäufer hatte dem Käufer eine Vollmacht erteilt, um diese Grundschuld im Namen des Verkäufers (noch als Eigentümer) für die Bank bestellen zu können (sogenannte Belastungsvollmacht).

Der Kern des Problems: Die Vollmacht im Kaufvertrag enthielt eine wichtige Auflage zum Schutz des Verkäufers, solange der Kaufpreis noch nicht vollständig bezahlt war:

  • Es sollte die „Abtretbarkeit der Grundschuld […] auszuschließen“ sein.

Bei der späteren Bestellung der Grundschuld wurde diese Auflage aber nur als schuldrechtlicher (also nur zwischen den Vertragspartnern geltender) Ausschluss der Abtretbarkeit formuliert. Das Grundbuchamt lehnte die Eintragung ab, weil dies nicht eindeutig der Vorgabe der Vollmacht entspreche.

Die Entscheidung des OLG München

Das OLG München (Oberlandesgericht) bestätigte die Entscheidung des Grundbuchamts und wies die Beschwerde zurück:

  1. Auslegung der Vollmacht:
    • Vollmachten, die für das Grundbuchamt bestimmt sind, müssen wegen des Grundsatzes der Bestimmtheit (eindeutige und zweifelsfreie Verhältnisse im Grundbuch) sehr klar und eindeutig sein.
    • Wenn die Reichweite einer Vollmacht zweifelhaft ist, muss von ihrem geringeren, eindeutig feststellbaren Umfang ausgegangen werden.
  2. Der Unterschied: Schuldrechtlich vs. Dinglich:
    • Der Kaufvertrag forderte lediglich den „Ausschluss der Abtretbarkeit“. Er ließ offen, ob dieser Ausschluss nur schuldrechtlich (Vertrag zwischen Bank und Eigentümer) oder dinglich (mit Wirkung für das Grundbuch und Dritten) erfolgen sollte.
    • Schuldrechtlicher Abtretungsausschluss: Gilt nur zwischen den Vertragsparteien (hier: Bank und Eigentümer/Käufer). Wenn die Bank die Grundschuld trotzdem an einen Dritten abtritt, ist dieser Dritte geschützt und kann die Grundschuld erwerben. Der Verkäufer hätte dann nur Ansprüche gegen die Bank.
    • Dinglicher Abtretungsausschluss ($\S 399$ BGB): Eine gesetzliche Regelung besagt, dass ein vertraglicher Ausschluss der Abtretbarkeit (unter bestimmten Umständen, wie hier bei einer Grundschuld) dingliche Wirkung entfalten kann, d.h., die Grundschuld könnte überhaupt nicht wirksam abgetreten werden. Der Verkäufer ist dadurch weitergehend gesichert, da ein gutgläubiger Erwerb der Grundschuld durch einen Dritten ausgeschlossen ist.
  3. Das Ergebnis:
    • Da die Formulierung im Kaufvertrag („Abtretbarkeit der Grundschuld […] auszuschließen“) beide Möglichkeiten zuließ und keine eindeutige Klarheit bestand, musste das Gericht von der Auslegung ausgehen, die dem Verkäufer den größtmöglichen Schutz bot: nämlich dem dinglichen Abtretungsausschluss.
    • Weil die Grundschuld aber nur einen schuldrechtlichen Ausschluss enthielt, war die Belastungsvollmacht nicht abgedeckt. Die Bestellung war somit ungültig.

Grundbuchverfahren: Umfang einer die Abtretbarkeit einer Grundschuld ausschließenden Belastungsvollmacht

🛠️ Was bedeutet das für die Beteiligten?

  • Die Grundschuld konnte in dieser Form nicht ins Grundbuch eingetragen werden.
  • Das Grundbuchamt hatte zunächst als Behebungsmöglichkeit die Vorlage eines „Nachtrags zur Grundschuld“ gefordert (dort sollte der dingliche Ausschluss ergänzt werden). Das OLG stellte jedoch klar, dass diese Behebung nicht möglich sei, da die Vollmacht bereits zum Zeitpunkt der Grundschuldbestellung nicht ausreichend war. Das heißt, das Eintragungshindernis konnte nicht „rückwirkend“ (ex tunc) beseitigt werden. Es wäre eine neue Bewilligung des Eigentümers erforderlich gewesen.

Fazit für Laien

Wenn ein Verkäufer im Kaufvertrag eine Vollmacht zur Grundschuldbestellung erteilt, um die Finanzierung des Käufers zu ermöglichen, dienen Schutzklauseln (wie der Abtretungsausschluss) der Absicherung des Verkäufers.

  • Diese Schutzklauseln müssen eindeutig sein.
  • Im Zweifel geht das Grundbuchamt von der sichersten Variante für den Schutzbedürftigen (hier: den Verkäufer) aus – in diesem Fall der dingliche (absolut wirksame) Ausschluss der Abtretbarkeit.
  • Eine nur schuldrechtliche (nur vertraglich bindende) Regelung war für das Grundbuchamt nicht ausreichend, da sie den Verkäufer weniger schützt.

Die Grundschuldbestellung war somit formell fehlerhaft und konnte nicht eingetragen werden.

RA und Notar Krau

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