Grunderwerbsteuer Anteilsvereinigung bei ausländischer Stiftung

Februar 8, 2025

Grunderwerbsteuer Anteilsvereinigung bei ausländischer Stiftung

BFH Urteil vom 30. Oktober 2024 (II R 14/23)

RA und Notar Krau

Leitsätze:

  1. Die Übertragung von Anteilen an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft auf eine niederländische Stiftung (Stichting) stellt eine grunderwerbsteuerpflichtige Anteilsvereinigung dar. Eine Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 GrEStG ist nicht möglich, wenn die Stiftung aufgrund ihrer rechtlichen Struktur nicht mit einer inländischen Gesamthandsgemeinschaft vergleichbar ist.
  2. Fehlt es an einer Sacheinlage- oder Beitragsverpflichtung oder einer anderen gesellschaftsvertraglichen Grundlage für die Anteilsübertragung auf die Stichting, sind die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG nicht erfüllt.

Sachverhalt:

  • Eine niederländische Stichting (Klägerin) wurde gegründet, deren Zweck der Erwerb und das Halten von Gesellschaftsanteilen gegen Ausgabe von Zertifikaten ist.
  • Zum Zeitpunkt der Gründung waren zwei niederländische Kapitalgesellschaften (A und B) an einer weiteren Kapitalgesellschaft (C) beteiligt, welche Eigentümerin eines inländischen Grundstücks war.
  • Die Gesellschafter von A und B waren zugleich die Vorstände der Stichting.
  • A und B übertrugen ihre Anteile an C auf die Stichting, welche im Gegenzug Zertifikate an A und B ausgab.
  • Das Finanzamt (Beklagter) setzte daraufhin Grunderwerbsteuer fest, da es die Übertragung der Anteile an C auf die Stichting als Anteilsvereinigung ansah.

Grunderwerbsteuer Anteilsvereinigung bei ausländischer Stiftung

Entscheidung des BFH:

Der BFH wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück.

Die Übertragung der Anteile an C auf die Stichting unterliegt der Grunderwerbsteuer.

  1. Grunderwerbsteuerpflicht: Die Anteilsübertragung fällt unter § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder 2 GrEStG und nicht unter Nr. 3 oder 4, da die Anteile an C vor der Übertragung nicht bereits zu mindestens 95 % in einer Hand vereinigt waren. Durch die Übertragung wurden jedoch 100 % der Anteile an C in der Hand der Stichting vereinigt, was einen grunderwerbsteuerbaren Vorgang darstellt.
  2. Keine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG: Die Übertragung erfolgte nicht unentgeltlich, da die Stichting im Gegenzug Zertifikate ausgab, deren wirtschaftlicher Wert dem der übertragenen Anteile entsprach.
  3. Keine Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 GrEStG: Die Stichting ist aufgrund ihrer rechtlichen Struktur nicht mit einer inländischen Gesamthandsgemeinschaft vergleichbar.
    • Der BFH bestätigte die Auffassung des FG, dass die Stichting aufgrund des Fehlens von Mitgliedern oder Anteilseignern und der fehlenden gesamthänderischen Bindung des Gesellschaftsvermögens nicht mit einer inländischen Gesamthandsgemeinschaft gleichgestellt werden kann.
    • Die Ausgabe von Zertifikaten ändert daran nichts, da die Zertifikatsinhaber trotz ihrer wirtschaftlichen Berechtigung an den Erträgen aus den verwalteten Anteilen keine vermögensrechtliche Beteiligung an den Anteilen selbst haben.
  4. Keine Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG: Die Übertragung der Anteile stellt weder eine Einbringung noch einen anderen Erwerbsvorgang auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage dar.
    • Eine Einbringung liegt nicht vor, da die Stichting keine Gesellschafter oder Anteilseigner hat.
    • Auch ein anderer Erwerbsvorgang auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage ist nicht gegeben, da die Übertragung der Anteile die Gesellschafterstellung der Beteiligten nicht berührt oder verändert.
    • Zudem fehlt es an dem erforderlichen Abhängigkeits- bzw. Beherrschungsverhältnis im Verhältnis der beteiligten Rechtsträger.

Grunderwerbsteuer Anteilsvereinigung bei ausländischer Stiftung

Fazit:

Der BFH hat entschieden, dass die Übertragung von Anteilen an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft

auf eine niederländische Stichting unter bestimmten Voraussetzungen der Grunderwerbsteuer unterliegt.

Eine Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 GrEStG ist ausgeschlossen, wenn die Stichting aufgrund ihrer Struktur nicht mit einer inländischen Gesamthandsgemeinschaft vergleichbar ist.

Ebenso ist eine Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG nicht möglich, wenn die Übertragung nicht auf einer gesellschaftsvertraglichen Grundlage beruht.

Anmerkung:

Das Urteil des BFH ist ein wichtiger Beitrag zur Klärung der Grunderwerbsteuerpflicht bei Anteilsvereinigungen unter Beteiligung ausländischer Stiftungen.

Es zeigt, dass die spezifischen Merkmale der ausländischen Rechtsform bei der Beurteilung der Steuerpflicht und möglicher Steuerbefreiungen berücksichtigt werden müssen.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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