Grunderwerbsteuer bei Grundstücksschenkung unter Auflage (BFH-Urteil II R 38/12)
Wenn Sie ein Grundstück verschenken (Schenkung) und der Beschenkte im Gegenzug eine Auflage erfüllen muss – zum Beispiel Ihnen oder einer dritten Person ein lebenslanges Wohnrecht oder ein Nießbrauchrecht einräumen muss – wird dieser Vorgang steuerlich aufgespalten.
Normalerweise gilt: Wenn ein Grundstück verschenkt wird, fällt in Deutschland nur die Schenkungsteuer an. Die Grunderwerbsteuer (die sonst beim Kauf fällig wird) entfällt, um eine doppelte Besteuerung zu vermeiden.
Hier greift jedoch die Ausnahme nach § 3 Nr. 2 Satz 2 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG):
Der eigentliche Wert der Schenkung unterliegt der Schenkungsteuer. Der Wert der Auflage (z. B. das Wohnrecht) wird von diesem Wert abgezogen, weil er die Bereicherung des Beschenkten mindert.
Die Auflage, die der Beschenkte erfüllen muss (z. B. das Wohnrecht), wird als eine Art „Gegenleistung“ gewertet und unterliegt der Grunderwerbsteuer.
Genau hier liegt die Crux, die das Bundesfinanzhof-Urteil (BFH, Urteil vom 20. 11. 2013 – II R 38/12) klargestellt hat:
Für die Berechnung des Werts der Auflage (z. B. des Wohnrechts) gibt es unterschiedliche Bewertungsregeln für die Schenkungsteuer und die Grunderwerbsteuer, obwohl es sich um dieselbe Auflage handelt.
Der Beschenkte muss Grunderwerbsteuer auf einen höheren Wert zahlen, als der Wert war, der bei der Schenkungsteuer abgezogen wurde. Das Finanzamt ist nicht daran gebunden, den niedrigeren Wert der Schenkungsteuer zu übernehmen.
Im konkreten Fall (BFH II R 38/12) ging es um die Schenkung eines Grundstücks mit der Auflage der Einräumung eines lebenslangen Wohnrechts.
Der Wert des Wohnrechts wurde aufgrund der gesetzlichen Deckelung (§ 16 BewG) mit ca. 98.000 € bewertet und zog diesen Betrag vom Grundstückswert ab.
Das Finanzamt wendete die ungedeckelte Berechnungsmethode an (§§ 14, 15 BewG) und kam auf einen Wert von ca. 109.000 €. Auf diesen höheren Betrag wurde die Grunderwerbsteuer festgesetzt.
Der BFH gab dem Finanzamt recht. Die Auflage unterliegt der Grunderwerbsteuer dem Grunde nach, wenn sie bei der Schenkungsteuer abziehbar ist. Für die Höhe der Grunderwerbsteuer muss aber der Wert nach den speziellen Grunderwerbsteuer-Vorschriften ermittelt werden. Die verschiedenen Bewertungsmethoden sind zulässig und verstoßen nicht gegen die Verfassung.
Ob dieser Effekt überhaupt eintritt, hängt stark vom Verwandtschaftsverhältnis ab:
Schenkungen an Ehegatten, eingetragene Lebenspartner oder Verwandte in gerader Linie (Eltern, Kinder) sind wegen anderer Ausnahmen im Grunderwerbsteuergesetz komplett befreit (§§ 3 Nr. 4 bis 6 GrEStG).
Achtung, Falle! Die Doppelbesteuerung betrifft vor allem Schenkungen an Geschwister, Nichten, Neffen oder Bekannte, da für diese die generelle Befreiung nicht gilt und somit die Auflage zur Grunderwerbsteuer führt.
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