Grundstückbezeichnung im Europäischen Nachlasszeugnis

März 8, 2025

Grundstückbezeichnung im Europäischen Nachlasszeugnis

BGH Aussetzungs- und Vorlagebeschluss vom 27.11.2024 – IV ZB 41/23

RA und Notar Krau

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) mehrere Fragen zur Auslegung der Europäischen Erbrechtsverordnung (EuErbVO) vorgelegt,

die sich mit der Bezeichnung von Grundstücken im Europäischen Nachlasszeugnis (ENZ) befassen.

Konkret geht es um die Frage, ob ein im Nachlass befindliches Grundstück im ENZ aufgeführt werden muss,

wenn dies für die Eintragung des Erben als Eigentümer im Grundbuch des Belegenheitsstaates erforderlich ist.

Sachverhalt

Ein Erblasser (E) und seine Ehefrau (F) hatten sich in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig als Alleinerben und ihre Tochter (T) als Schlusserbin eingesetzt.

Zum Nachlass des E gehörte ein Grundstück in Tschechien.

Nach dem Tod von T beantragten deren Kinder (die Antragsteller) die Ausstellung eines ENZ, um die Erbschaft in Tschechien abzuwickeln.

Grundstückbezeichnung im Europäischen Nachlasszeugnis

Sie beantragten, das Grundstück im ENZ zu bezeichnen, da dies nach tschechischem Recht für die Grundbucheintragung erforderlich sei.

Das Nachlassgericht lehnte dies ab, und das Oberlandesgericht bestätigte diese Entscheidung.

Rechtsfragen

Der BGH hat dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

  1. Muss das ENZ die für die Grundbucheintragung erforderlichen Angaben zum Grundstück enthalten, wenn der Erbe dies beantragt hat und die Eintragung sonst nicht möglich wäre?
  2. Ist es für die Antwort auf Frage 1 von Bedeutung, ob die Erbschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge erfolgt?
  3. Ist es für die Antwort auf Frage 1 von Bedeutung, ob die Grundbucheintragung auch durch Vorlage eines weiteren Dokuments neben dem ENZ erfolgen kann?

Begründung des BGH

Der BGH begründet seine Vorlage mit der Notwendigkeit einer einheitlichen Auslegung des Unionsrechts.

Er verweist auf unterschiedliche nationale Rechtsansichten zur Frage, ob ein ENZ auch einzelne Nachlassgegenstände wie Grundstücke bezeichnen muss.

  • Argumente gegen die Eintragungspflicht:
    • Teile der nationalen Rechtsprechung und Literatur vertreten die Auffassung, dass eine Auflistung konkreter Nachlassgegenstände bei Anwendung deutschen materiellen Erbrechts aufgrund des Grundsatzes der Gesamtrechtsnachfolge nicht in Betracht komme.
    • Die Eintragung einzelner Nachlassgegenstände würde den Ermittlungsaufwand der Ausstellungsbehörde erhöhen, insbesondere bei Grundstücken im Ausland.
    • Die Beweiskraft des ENZ erstreckt sich nicht auf die Frage, ob ein bestimmter Vermögenswert zum Nachlass gehört.
    • Die Gesamtrechtsnachfolge würde einen solchen Formalismus unnötig machen.
  • Argumente für die Eintragungspflicht:
    • Die Gegenmeinung betont den Zweck des ENZ, die Nachlassabwicklung in den Mitgliedstaaten zu vereinfachen.
    • Wenn das Registerrecht des Belegenheitsstaats die Aufnahme des Grundstücks im ENZ verlangt, könnte das ENZ seine praktische Wirksamkeit sonst nicht entfalten.
    • Die EU-ErbVO spricht davon, die Rechte der Erben effektiv zu wahren.
    • Das ENZ sollte im Hinblick auf die Eintragung des Nachlassvermögens in ein Register eines Mitgliedstaats ein gültiges Schriftstück darstellen.

Der BGH hat Zweifel, ob der Wortlaut von Art. 68 Buchst. l EuErbVO eine Pflicht zur Aufnahme einzelner Nachlassgegenstände in das ENZ nahelegt.

Grundstückbezeichnung im Europäischen Nachlasszeugnis

Er betont jedoch, dass das ENZ die Nachlassabwicklung in den Mitgliedstaaten vereinfachen soll.

Bedeutung der Vorlage

Die Entscheidung des EuGH wird für die Praxis der Nachlassabwicklung in der EU von großer Bedeutung sein.

Sie wird klären, inwieweit das ENZ auch einzelne Nachlassgegenstände bezeichnen muss und welche Anforderungen die Mitgliedstaaten an die Grundbucheintragung stellen dürfen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Vererblichkeit eines Rückübertragungsanspruchs an Grundstück

Vererblichkeit eines Rückübertragungsanspruchs an Grundstück

März 16, 2025
Vererblichkeit eines Rückübertragungsanspruchs an GrundstückRA und Notar KrauDas Urteil des Oberlandesgerichts Brandenburg (OLG) vom 18. A…
Eröffnung eines gemeinschaftlichen Testaments

Eröffnung eines gemeinschaftlichen Testaments

März 16, 2025
Eröffnung eines gemeinschaftlichen TestamentsOLG Zweibrücken Beschluss vom 16.5.2024 – 8 W 13/24RA und Notar Krau…
Ermittlung der Testierunfähigkeit durch Nachlassgericht

Ermittlung der Testierunfähigkeit durch Nachlassgericht

März 16, 2025
Ermittlung der Testierunfähigkeit durch NachlassgerichtRA und Notar KrauDas Oberlandesgericht (OLG) München hat in einem Beschluss vom 18….