Grundstückserwerb gegen unentgeltliche Pflegeleistungen
OFD Niedersachsen, Vfg. v. 21.2.2014 – S 4521 – 128 – St 262
Die in einem Grundstücksvertrag eingegangene Verpflichtung des Erwerbers, den Veräußerer im Bedarfsfall unentgeltlich zu pflegen, stellt eine grunderwerbsteuerliche Gegenleistung dar (Hinw. auf Pahlke/Franz, GrEStG, 4. Aufl., § 9 Rz. 107, S. 461).
Der Jahreswert der Leistung richtet sich nach dem Umfang der Pflege, die wiederum vom Grad der Bedürftigkeit abhängt. Ist der Erwerber eine ausgebildete Pflegekraft, sind die Leistungen mit den Sätzen nach § 36 SGB XI vom 26.5.1994 (BGBl I 1994, 1014) in der jeweils gültigen Fassung anzusetzen. Sie betragen ab 1.1.2012 monatlich
für Pflegebedürftige der Pflegestufe I bis
450,00 EUR
für Pflegebedürftige der Pflegestufe II bis
1.100,00 EUR
für Pflegebedürftige der Pflegestufe III bis
1.550,00 EUR
Ist der Erwerber keine ausgebildete Kraft, sind die Leistungen mit den Sätzen für das Pflegegeld nach § 37 SGB XI zu bewerten. Sie betragen ab 1.1.2012 monatlich
für Pflegebedürftige der Pflegestufe I bis
235,00 EUR
für Pflegebedürftige der Pflegestufe II bis
440,00 EUR
für Pflegebedürftige der Pflegestufe III bis
700,00 EUR
Schuldet der Grundstückserwerber für den Fall, dass er die Pflege nicht erbringen kann, eine Ersatzleistung, ist diese maßgebend. Der ermittelte Kapitalwert ist nicht auf den Tag des Vertragsabschlusses abzuzinsen. Die Bewertung ist gegebenenfalls mit der Erbschaftsteuerstelle abzustimmen.
Die Gegenleistung ist sofort zu besteuern, wenn die Pflegebedürftigkeit bei Vertragsabschluss schon besteht.
Besteht die Pflegebedürftigkeit bei Vertragsabschluss noch nicht, ist sie aufschiebend bedingt; ihr Entstehen hängt nämlich davon ab, ob der Veräußerer jemals pflegebedürftig wird. Falls es sich um eine persönlich vom Erwerber zu erbringende Leistung handelt, ist die Verpflichtung außerdem davon abhängig, dass der Erwerber den Eintritt der Pflegebedürftigkeit erlebt und dass er zur Pflege imstande ist. Die Grunderwerbsteuer ist in diesem Fall ohne Berücksichtigung der Pflegeverpflichtung festzusetzen. Der Grundstückserwerber ist im Bescheid darauf hinzuweisen, dass er den Eintritt der Bedingung dem Finanzamt anzuzeigen hat (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG).
Hinsichtlich der Besteuerung der zusätzlichen Gegenleistung bei Eintritt der Pflegeverpflichtung weise ich auf Tz. 4.3 hin.
Bei gemischten Schenkungen erhält die Erbschaftsteuerstelle eine Ablichtung des Bescheids mit der Bitte, mit der Einheitlichen Grundbesitzstelle in Verbindung zu treten, wenn ein Beschenkter die Änderung eines Schenkungsteuerbescheids wegen Eintritts der Pflegeverpflichtung beantragt.
Beim Eintritt der Pflegeverpflichtung ist die zusätzliche Gegenleistung in einem besonderen Grunderwerbsteuerbescheid zu besteuern, der bisherige Bescheid wird nicht geändert (Hinw. auf Karte 19 zu § 9 GrEStG der GrESt-Kartei, OFD Niedersachsen v. 7.3.2012 – S 4521 – 128 – St 262, BeckVerw 259691).
Damit die Grunderwerbsteuer auch bei fehlender Anzeige gem. § 19 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG festgesetzt werden kann, ist der Steuerfall von der Einheitlichen Grundbesitzstelle zu überwachen und zwar längstens 10 Jahre lang (Hinw. auf Karte 13 zu § 9 GrEStG der GrESt-Kartei). Wegen einer möglichen Festsetzungsverjährung ist im Abstand von 5 Jahren zu prüfen, ob die Bedingung eingetreten ist.
Ergänzend verweise ich auf die Verfügung OFD Niedersachsen vom 18.1.2012 – O 2220 – 15 – Z 118 (Fachinformationsportal – Fachbereiche – Organisation – Einheitl. Grundbesitzstelle).