Grundstücksverkauf an die „Schwestergesellschaft“ und das städtische Vorkaufsrecht nach dem Baugesetzbuch

Juni 19, 2025

Grundstücksverkauf an die „Schwestergesellschaft“ und das städtische Vorkaufsrecht nach dem Baugesetzbuch

Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 17. Juni 2025 – 4 C 4.24 und 4 C 3.24

VG Hamburg, Urteile vom 21.12.2022 – 7 K 2837/22; und vom 05.10.2022 – 7 K 4429/21[↩]
OVG Hamburg, Urteile vom 21.03.2024 – 2 Bf 61/23 und 2 Bf 62/23

RA und Notar Krau

Ein wichtiger Gerichtsfall in Deutschland hat kürzlich geklärt, wann Städte ihr Vorkaufsrecht bei Grundstücksverkäufen ausüben dürfen. Das ist besonders relevant, wenn Grundstücke innerhalb von Unternehmensstrukturen verkauft werden, die letztlich derselben Person gehören.


Was ist das Vorkaufsrecht der Stadt?

Stellen Sie sich vor, jemand möchte sein Grundstück verkaufen. In Deutschland haben Gemeinden in bestimmten Fällen ein gesetzliches Vorkaufsrecht. Das bedeutet, die Gemeinde darf das Grundstück selbst kaufen, wenn es an einen Dritten verkauft wird. Dieses Recht ist im Baugesetzbuch geregelt und soll der Gemeinde ermöglichen, wichtige Grundstücke für die Stadtentwicklung oder andere öffentliche Zwecke zu sichern.


Der aktuelle Fall: Verkauf an die „Schwestergesellschaft“

Das Bundesverwaltungsgericht hatte zwei ähnliche Fälle aus Hamburg zu entscheiden. Es ging darum, dass Kommanditgesellschaften (GmbH & Co. KGs) Grundstücke verkauft haben. Das Besondere war: Die verkaufende GmbH & Co. KG und die kaufende GmbH & Co. KG hatten jeweils denselben einzigen Eigentümer. Man könnte also sagen, die Grundstücke wurden von einer „Schwestergesellschaft“ an eine andere „Schwestergesellschaft“ verkauft, die beide der gleichen Person gehören.

Die Stadt Hamburg wollte in diesen Fällen ihr Vorkaufsrecht ausüben. Sie argumentierte, dass es sich um einen ganz normalen Verkauf an einen „Dritten“ handelte, was Voraussetzung für das Vorkaufsrecht ist.

Grundstücksverkauf an die „Schwestergesellschaft“ und das städtische Vorkaufsrecht nach dem Baugesetzbuch


Der Streit: Ist das ein Verkauf an einen „Dritten“?

Die verkaufenden Unternehmen waren damit nicht einverstanden. Sie meinten, es sei gar kein richtiger Verkauf an einen „Dritten“, weil die Grundstücke ja letztlich im Besitz derselben Person blieben. Sie sahen es eher als eine Art Vermögensverschiebung innerhalb derselben „wirtschaftlichen Sphäre“. Das Verwaltungsgericht Hamburg und das Hamburgische Oberverwaltungsgericht gaben den Unternehmen zunächst Recht. Sie argumentierten, dass man hier auf die wirtschaftliche Betrachtung schauen müsse und nicht nur auf die rechtliche Form. Wenn dieselbe Person hinter Käufer und Verkäufer steht, fehle der Dritte.


Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts

Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Entscheidungen nun aufgehoben. Es hat klargestellt:

  • Rechtliche Selbstständigkeit zählt: Obwohl dieselbe Person hinter beiden GmbH & Co. KGs steht, sind diese Gesellschaften rechtlich gesehen eigenständige Unternehmen. Sie haben ihre eigene Rechtsform und sind nicht einfach nur „Teile“ derselben Person.
  • Keine „wirtschaftliche Betrachtung“ notwendig: Das Gericht entschied, dass es nicht darauf ankommt, wem das Vermögen wirtschaftlich gehört. Für das Vorkaufsrecht ist die rechtliche Form entscheidend.
  • Freie Entscheidung für die Unternehmensform: Die Unternehmen haben sich bewusst für diese rechtliche Struktur (GmbH & Co. KG) entschieden. Daher müssen sie auch die Konsequenzen tragen, die sich daraus ergeben – wie eben, dass ein Verkauf an eine andere, rechtlich eigenständige GmbH & Co. KG als Verkauf an einen „Dritten“ gilt.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte nicht endgültig entscheiden, ob Hamburg das Vorkaufsrecht in diesen Fällen rechtmäßig ausgeübt hat. Die Fälle wurden an das Hamburgische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen, um weitere Details zu klären.


Was bedeutet das Urteil?

Dieses Urteil ist wichtig, weil es festlegt, dass die rechtliche Eigenständigkeit von Unternehmen bei der Ausübung des Vorkaufsrechts durch Gemeinden im Vordergrund steht. Selbst wenn ein Grundstück innerhalb einer Gruppe von Unternehmen mit demselben Eigentümer verkauft wird, kann die Stadt ihr Vorkaufsrecht ausüben, da es sich rechtlich um einen Verkauf an einen Dritten handelt. Unternehmen, die solche internen Grundstücksübertragungen planen, sollten sich dieser Möglichkeit bewusst sein.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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