Gutgläubiger lastenfreier Erwerb eines Grundstücks mit Strommasten

März 30, 2025

Gutgläubiger lastenfreier Erwerb eines Grundstücks mit Strommasten

RA und Notar Krau

Das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe vom 7. Januar 2020 (Az. 14 W 126/19) behandelt den Fall eines gutgläubigen lastenfreien Erwerbs eines Grundstücks, auf dem sich Strommasten befinden.

Im Zentrum der Entscheidung stehen die Auslegung des § 892 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und des § 53 Abs. 1 Satz 1 der Grundbuchordnung (GBO).

Sachverhalt

Ein Landwirt erwarb ein etwa ein Hektar großes Grundstück, auf dem sich Strommasten befanden.

Im Grundbuch waren ursprünglich Dienstbarkeiten zugunsten eines Energieversorgungsunternehmens eingetragen, die das Vorhandensein der Strommasten absicherten.

Bei einer Grundbuchänderung wurden diese Dienstbarkeiten versehentlich gelöscht bzw. nicht auf das neue Grundbuchblatt übertragen.

Der neue Eigentümer erwarb das Grundstück im Vertrauen auf die Richtigkeit des Grundbuchs, in dem die Dienstbarkeiten nicht mehr verzeichnet waren.

Das Grundbuchamt trug nachträglich Amtswidersprüche gegen die Löschung der Dienstbarkeiten ein.

Der neue Eigentümer legte gegen diese Widersprüche Beschwerde ein.

Entscheidung des OLG Karlsruhe

Das OLG Karlsruhe entschied, dass die Beschwerde des Grundstückserwerbers begründet ist und die Amtswidersprüche zu löschen sind.

Gutgläubiger lastenfreier Erwerb eines Grundstücks mit Strommasten

Die wesentlichen Punkte der Entscheidung lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Amtswiderspruch:

Für die Eintragung eines Amtswiderspruchs ist es erforderlich, dass die Unrichtigkeit des Grundbuchs zum Zeitpunkt der Eintragung des Widerspruchs glaubhaft gemacht wird.

Im vorliegenden Fall war die Unrichtigkeit des Grundbuchs zwar durch die versehentliche Löschung der Dienstbarkeiten gegeben, jedoch nicht mehr zum Zeitpunkt der Eintragung der Amtswidersprüche.

Gutgläubiger Erwerb:

Gemäß § 892 BGB erwirbt ein Käufer ein Grundstück grundsätzlich so, wie es im Grundbuch eingetragen ist.

Ein gutgläubiger lastenfreier Erwerb ist nur dann ausgeschlossen, wenn der Erwerber positive Kenntnis von der Unrichtigkeit des Grundbuchs hat.

Fahrlässige Unkenntnis reicht nicht aus.

Die Kenntnis des Erwerbers von der Existenz der Strommasten allein genügt nicht, um auf eine positive Kenntnis von den gelöschten Dienstbarkeiten zu schließen.

Die Richter am OLG Karlsruhe argumentieren, dass aus der Existenz der Masten nicht zwingend auf eine Dienstbarkeit geschlossen werden kann.

Auch andere Rechtliche Konstrukte können zum Dulden von Strommasten führen.

Indizien für positive Kenntnis:

Die Tatsache, dass der Erwerber das Grundstück vor dem Kauf bewirtschaftete und die Masten daher kannte, reicht nicht aus, um eine positive Kenntnis der gelöschten Dienstbarkeiten anzunehmen.

Der Inhalt des Kaufvertrags, der lediglich einen Zwangsversteigerungsvermerk erwähnte, sprach eher gegen das Vorhandensein weiterer Belastungen.

Daher sahen die Richter keine ausreichenden Beweise für eine positive Kenntnis des Erwerbers und erkannten den gutgläubigen lastenfreien Erwerb an.

Gutgläubiger lastenfreier Erwerb eines Grundstücks mit Strommasten

Fazit

Das Urteil des OLG Karlsruhe verdeutlicht, dass für einen gutgläubigen lastenfreien Erwerb im Sinne des § 892 BGB eine positive Kenntnis des Erwerbers von der Unrichtigkeit des Grundbuchs erforderlich ist.

Die bloße Kenntnis von tatsächlichen Gegebenheiten auf dem Grundstück, wie dem Vorhandensein von Strommasten, reicht hierfür nicht aus.

Dies stärkt das Vertrauen in die Richtigkeit des Grundbuchs und schützt Erwerber vor nachträglichen Belastungen, von denen sie keine Kenntnis hatten.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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