Haftung nach COVID-19-Impfung
Zusammenfassung: Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18.09.2025 – 7 O 867/24
Das Urteil des Landgerichts (LG) Nürnberg-Fürth weist die Klage eines Mannes ab, der Schmerzensgeld und Schadensersatz vom Hersteller des COVID-19-Impfstoffs Comirnaty (BioNTech/Pfizer) forderte, weil er gesundheitliche Schäden im Zusammenhang mit der Impfung erlitten haben will.
Das Gericht sah keine Anspruchsgrundlage für die Forderungen des Klägers.
Der Kläger erhielt im Mai 2021 eine Impfung mit Comirnaty. Er behauptete, infolgedessen an einer Perikarditis (Herzbeutelentzündung), anhaltenden Schmerzen im Brustkorb, Kurzatmigkeit, Erschöpfung und Herzstolpern zu leiden.
Ein angemessenes Schmerzensgeld (mindestens 80.000 Euro).
Die Feststellung der Haftung für alle zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden.
Die Erteilung von Auskunft über alle dem Hersteller bekannten Wirkungen, Nebenwirkungen, Verdachtsfälle und Erkenntnisse in Bezug auf seine Beschwerden.
Ersatz seiner vorgerichtlichen Anwaltskosten.
Der Streitwert wurde auf Euro 149.000,00 festgesetzt.
Das Landgericht Nürnberg-Fürth wies die Klage in allen Punkten als unbegründet ab.
Das Gericht prüfte in erster Linie, ob ein Anspruch nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) besteht. Eine Haftung des Herstellers setzt nach § 84 Abs. 1 AMG voraus, dass entweder:
Das Arzneimittel ein negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis aufweist (dass die schädlichen Wirkungen über ein vertretbares Maß hinausgehen).
Oder der Schaden infolge eines Instruktionsfehlers (fehlerhafte Kennzeichnung oder Gebrauchsinformation/Packungsbeilage) eingetreten ist.
Das Gericht verneinte das Vorliegen eines negativen Nutzen-Risiko-Verhältnisses und begründete dies im Wesentlichen wie folgt:
Die unbedingte Zulassung des Impfstoffs durch die Europäische Kommission (EU) im Oktober 2022 (die die bedingte Zulassung bestätigte) beinhaltet die rechtsverbindliche Feststellung eines positiven Nutzen-Risiko-Verhältnisses. Diese Bindungswirkung gilt auch für Zivilgerichte.
Unabhängig von der Bindungswirkung stützt sich das Gericht auf die durchgängigen Einschätzungen der europäischen und nationalen Expertengremien wie der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA), deren Ausschüsse (CHMP, PRAC) und des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI). Diese Institutionen haben aufgrund ihrer wissenschaftlichen Kompetenz und der umfangreichen Datenlage stets ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis bestätigt.
Die Einwände des Klägers (z.B. mangelnder 100%iger Schutz, angebliche Toxizität der Spike-Proteine, Mängel im Zulassungsverfahren) sind nach Ansicht des Gerichts nicht geeignet, die fundierte Bewertung der Expertengremien zu erschüttern. Verdachtsfälle von Nebenwirkungen reichen dafür nicht aus, da sie keinen gesicherten Kausalzusammenhang belegen.
Ein Anspruch aufgrund eines Fehlers in den Produktinformationen § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AMG scheidet ebenfalls aus:
Der Kläger konnte nicht konkret darlegen, welche Information (Kennzeichnung, Packungsbeilage oder Fachinformation) zu welchem Zeitpunkt fehlerhaft oder unvollständig war, obwohl dem Hersteller ein ernst zu nehmender Verdacht auf die vom Kläger erlittenen Schäden vorlag.
Selbst wenn die Information fehlerhaft gewesen wäre, hätte der Kläger nachweisen müssen, dass er sich bei ordnungsgemäßer Information mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht hätte impfen lassen (psychisch vermittelte Kausalität). Das Gericht hielt dies nach der Anhörung des Klägers für unglaubhaft. Der Kläger hatte sich im Bekannten- und Kollegenkreis, wo die meisten keine Nebenwirkungen erlitten, informiert und die damals in den Unterlagen genannten Risiken (z.B. Schock, Gesichtslähmung) bewusst in Kauf genommen.
Da bereits keine Pflichtverletzung (z.B. mangelnde Produktbeobachtung) und kein Kausalzusammenhang (kein Beweis, dass der Schaden bei pflichtgemäßem Verhalten vermieden worden wäre) vorliegt, scheidet auch ein Anspruch aus unerlaubter Handlung aus.
Anhaltspunkte für eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung, etwa durch Manipulation von Studien oder die bewusste Schädigung der Gesundheit, sah das Gericht als fernabliegend an.
Der Auskunftsanspruch dient dazu, einen Schadensersatzanspruch vorzubereiten. Da das Gericht die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch offensichtlich verneint hat, fehlt es an der Erforderlichkeit für die begehrte Auskunft.
Mangels Anspruch in der Hauptsache scheidet auch ein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus.
Das Landgericht Nürnberg-Fürth schließt sich mit diesem Urteil der bisherigen einheitlichen obergerichtlichen Rechtsprechung (u.a. OLG Koblenz, OLG Frankfurt a. M.) in vergleichbaren Verfahren an und weist die Klage ab.
Entscheidend waren die Bindungswirkung der Zulassungsentscheidung der EU-Kommission für das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis und der fehlende Nachweis der Kausalität der Impfung für die Gesundheitsschäden bzw. des Instruktionsfehlers für die Impfentscheidung des Klägers.
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