Haftung Wohngebäude-Versicherer für Nässeschäden wegen undichter Fuge
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 20. Oktober 2021 ein wichtiges Urteil zum Thema Wohngebäudeversicherung und Wasserschäden gefällt (Aktenzeichen: IV ZR 236/20).
Dieses Urteil hat klargestellt, wann ein Versicherer für Nässeschäden aufkommen muss, die durch eine undichte Stelle im Duschbereich entstehen.
Ein Miteigentümer eines Wohngebäudes hatte eine Wohngebäudeversicherung bei einem Versicherer abgeschlossen. In den Versicherungsbedingungen (VGB 2008) war geregelt, wann die Versicherung bei Leitungswasserschäden leistet. Im vorliegenden Fall kam es zu einem Wasserschaden, weil eine Silikonfuge zwischen einer Duschwanne und einer angrenzenden Wand undicht geworden war. Der Miteigentümer forderte daraufhin von der Versicherung, den Schaden zu bezahlen.
Die relevanten Versicherungsbedingungen (Teil A § 3 Nr. 3 VGB 2008) besagen, dass der Versicherer für Schäden durch „bestimmungswidrig austretendes Leitungswasser“ aufkommt. Das Wasser muss dabei aus bestimmten Quellen stammen, nämlich:
Rohren der Wasserversorgung (Zu- und Ableitungen)
Damit verbundenen Schläuchen
Mit diesem Rohrsystem verbundenen sonstigen Einrichtungen oder deren wasserführenden Teilen
Einrichtungen der Warmwasser- oder Dampfheizung
Klima-, Wärmepumpen- oder Solarheizungsanlagen
Wasserlösch- und Berieselungsanlagen
Wasserbetten und Aquarien
Wie wurde der Fall durch die Gerichte beurteilt?
Das Landgericht hatte die Klage des Miteigentümers abgewiesen. Es entschied, dass die Versicherung nicht zahlen muss.
Das Oberlandesgericht sah das anders und gab dem Kläger teilweise Recht. Es begründete dies damit, dass die undichte Silikonfuge als Teil einer „mit dem Rohrsystem verbundenen sonstigen Einrichtung“ anzusehen sei. Das Gericht meinte, dass der Begriff „sonstige Einrichtungen“ weit auszulegen sei und auch alle Bestandteile einer Dusche umfasse, die den Wasseraustritt verhinderten – also auch Fugen. Das Wasser, das in eine Duschwanne geleitet wird, befinde sich noch im Wasserkreislauf des Gebäudes und werde durch die Duschwanne und begrenzende Elemente wie Wände und Fugen daran gehindert, unkontrolliert auszutreten.
Der Versicherer legte gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Revision beim BGH ein. Der BGH hob das Urteil des Oberlandesgerichts auf und bestätigte damit die ursprüngliche Entscheidung des Landgerichts: Die Versicherung muss nicht für den Schaden zahlen.
Der BGH hat die Versicherungsbedingungen aus der Sicht eines durchschnittlichen, verständigen Versicherungsnehmers ausgelegt, der keine speziellen juristischen oder versicherungsrechtlichen Kenntnisse hat.
Ein Versicherungsnehmer würde eine undichte Fuge nicht als Bruchschaden einstufen.
Der Versicherungsnehmer würde prüfen, ob die undichte Fuge als „mit dem Rohrsystem verbundene sonstige Einrichtung“ anzusehen ist.
Eine „Einrichtung“ ist für den Versicherungsnehmer eine (technische) Vorrichtung oder Anlage, die direkt mit dem Rohrsystem der Wasserversorgung (Zu- und Ableitungen) verbunden sein muss.
Der BGH stellte klar, dass eine Silikonfuge keine direkte Verbindung zum Rohrsystem hat. Eine Fuge ist kein Teil des Rohrsystems selbst und auch keine damit direkt verbundene Einrichtung.
Entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts würde ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer die Duschwanne, die Fugen, die angrenzenden Wände und andere Bauteile einer Dusche nicht als eine einheitliche Einrichtung ansehen, die über Zu- und Ablauf mit dem Rohrsystem verbunden ist. Die Klausel spricht von konkreten Gegenständen und nicht von einer funktionalen Einheit oder einem ganzen Raum. Der Begriff „sonstige Einrichtungen“ deutet darauf hin, dass diese Einrichtungen den zuvor genannten Rohren und Schläuchen ähneln müssen – also abgrenzbare Einzelgegenstände sind.
Obwohl Versicherungsnehmer einen möglichst umfassenden Schutz erwarten, konkretisiert die Klausel genau, aus welchen Quellen das Leitungswasser austreten muss, damit ein Schaden versichert ist. Eine undichte Fuge fällt nicht unter diese konkret aufgezählten Quellen.
Dieses Urteil des BGH bedeutet, dass Ihre Wohngebäudeversicherung in der Regel nicht für Wasserschäden aufkommt, die durch undichte Fugen im Duschbereich entstehen. Die Gerichte legen die Versicherungsbedingungen hier sehr eng aus. Entscheidend ist, dass das Wasser aus einem bestimmten, direkt mit dem Rohrsystem verbundenen Teil austritt. Eine Silikonfuge wird nicht als solcher Teil angesehen.
Es ist wichtig zu verstehen, dass die Versicherung nicht pauschal für jeden Wasserschaden zahlt, sondern nur für solche, die den genau beschriebenen Ursachen in den Versicherungsbedingungen entsprechen.
Wenn Sie sich vor solchen Schäden schützen möchten, sollten Sie:
Regelmäßig Silikonfugen überprüfen und bei Bedarf erneuern.
Prüfen Sie, ob Ihre Versicherung eventuell erweiterte Deckungen für Feuchtigkeitsschäden aus undichten Fugen anbietet oder ob es Spezialversicherungen gibt, die solche Schäden abdecken.
Dieses Urteil unterstreicht, wie wichtig es ist, die genauen Bedingungen Ihrer Versicherung zu kennen und zu verstehen, welche Risiken abgedeckt sind und welche nicht.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.