handschriftlicher Vermerk auf Grundbuchauszug kann Testament sein

September 16, 2017

handschriftlicher Vermerk auf Grundbuchauszug kann Testament sein

OLG Naumburg 11 U 229/01

RA und Notar Krau

Dieser Fall des Oberlandesgerichts Naumburg befasst sich mit der Frage, ob ein handschriftlicher Vermerk auf einem Grundbuchauszug als Testament gewertet werden kann.

Das Gericht entschied, dass dies möglich ist, wenn der Vermerk die notwendigen Voraussetzungen für ein eigenhändiges Testament erfüllt.

Die Fakten des Falles

Eine Frau hatte auf einem Grundbuchauszug einen handschriftlichen Vermerk angebracht, in dem sie erklärte, ihrem Neffen nach ihrem Tod bestimmte Grundstücke zuzuwenden.

Später errichtete sie ein notarielles Testament, in dem sie ihren Neffen nicht erwähnte.

Nach ihrem Tod stritten der Neffe und der Erbe der Frau um die Grundstücke.

Die Entscheidung des Gerichts

handschriftlicher Vermerk auf Grundbuchauszug kann Testament sein

Das Oberlandesgericht Naumburg gab dem Neffen Recht.

Es sah in dem handschriftlichen Vermerk auf dem Grundbuchauszug ein wirksames Testament.

Der Vermerk erfüllte alle Voraussetzungen für ein eigenhändiges Testament:

Er war von der Frau eigenhändig geschrieben und unterschrieben.

Begründung des Gerichts

  • Formgültigkeit des Vermerks: Das Gericht stellte fest, dass der Vermerk die Formerfordernisse eines eigenhändigen Testaments nach §§ 2247, 2064 BGB erfüllt.
    • Unterschrift: Obwohl die Frau nicht mit vollem Vor- und Nachnamen unterschrieben hatte, reichte die Unterschrift „Tante Dora“ zur Feststellung der Urheberschaft und Ernstlichkeit der Erklärung aus.
    • Datum: Das Fehlen von Tag und Monat in der Zeitangabe war unschädlich, da es sich bei § 2247 Abs. 2 BGB um eine Sollvorschrift handelt.
  • Testierwille: Das Gericht sah auch den Testierwillen der Frau als gegeben an. Sie hatte mehrfach geäußert, dass ihr Neffe die Grundstücke nach ihrem Tod erhalten sollte. Zudem hatte sie in der Vergangenheit bereits eine andere Verfügung von Todes wegen in eigenhändiger Form verfasst.

OLG Naumburg 11 U 229/01

  • Auslegung als Vermächtnis: Der Vermerk wurde als Vermächtnis und nicht als Erbeinsetzung ausgelegt. Da der Neffe nur einzelne Gegenstände erhalten sollte, sprach dies nach § 2087 BGB gegen eine Erbeinsetzung.
  • Kein Widerruf durch das spätere Testament: Das Gericht entschied, dass der Vermerk nicht durch das spätere notarielle Testament widerrufen wurde. Die Frau hatte in dem Testament zwar erklärt, alle bisherigen Testamente zu widerrufen. Aus dem Gesamtzusammenhang des Testaments ergab sich jedoch, dass sie damit nur ihre vorherigen notariellen Testamente meinte. Sie hatte offenbar bewusst keine Regelung zu den Grundstücken in das notarielle Testament aufgenommen, da sie davon ausging, dass diese bereits durch den Vermerk geregelt waren.

Fazit

Der Fall OLG Naumburg 11 U 229/01 zeigt, dass auch ungewöhnliche Schriftstücke wie ein handschriftlicher

Vermerk auf einem Grundbuchauszug als Testament anerkannt werden können, wenn sie die formalen und inhaltlichen Voraussetzungen erfüllen.

Entscheidend ist der Wille des Erblassers, der im Zweifel durch Auslegung zu ermitteln ist.

Zusätzliche Anmerkungen:

  • Der Fall verdeutlicht die Bedeutung der Auslegung von Testamenten im Erbrecht.
  • § 2087 BGB spielt eine wichtige Rolle bei der Abgrenzung zwischen Vermächtnis und Erbeinsetzung.
  • Die Andeutungstheorie im Erbrecht ermöglicht es, den wahren Willen des Erblassers zu ermitteln, auch wenn er sich nicht eindeutig im Testament äußert.

Zusammenfassend lässt sich sagen:

Der Fall OLG Naumburg 11 U 229/01 ist ein Beispiel dafür, wie ein formloser Vermerk auf einem Grundbuchauszug unter bestimmten Umständen als Testament ausgelegt werden kann.

Entscheidend ist der eindeutig erkennbare Wille des Erblassers, eine Verfügung von Todes wegen zu treffen.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

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Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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