Heimliche Videoüberwachung durch Vermieter

Januar 12, 2025

Heimliche Videoüberwachung durch Vermieter

BGH VI ZR 1370/20

Urteil vom 12.03.2024

RA und Notar Krau

Dieses Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) befasst sich mit der Frage der Zulässigkeit heimlicher Videoüberwachung

des Wohnungseingangs durch Vermieter und den daraus resultierenden Konsequenzen für die gerichtliche Entscheidungsfindung.

Der Fall:

Ein landeseigenes Wohnungsunternehmen (Kläger) kündigte Mietverhältnisse aufgrund des Verdachts der unbefugten Untervermietung.

Um diesen Verdacht zu belegen, beauftragte der Kläger eine Privatdetektei mit der heimlichen Videoüberwachung der Wohnungseingangsbereiche.

Die Aufnahmen zeigten Personen, die die Wohnungen betraten und verließen.

Der Kläger nutzte diese Erkenntnisse, um die Kündigungen zu begründen.

Die Mieter (Beklagte) wehrten sich gegen die Kündigungen und forderten eine Geldentschädigung wegen Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts.

Heimliche Videoüberwachung durch Vermieter

Die Entscheidung des BGH:

Der BGH entschied, dass die heimliche Videoüberwachung der Wohnungseingangsbereiche durch den Vermieter

unzulässig war und die daraus gewonnenen Erkenntnisse im Rechtsstreit nicht verwertet werden dürfen.

Die Kündigungen des Klägers waren daher unwirksam.

Begründung:

  • Datenschutzrechtliche Beurteilung: Die Zulässigkeit der Videoüberwachung richtete sich nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) in der zum Zeitpunkt der Überwachung geltenden Fassung. Die heimliche Videoüberwachung verstieß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen, da sie ohne Einwilligung der Betroffenen erfolgte und nicht durch die Erlaubnistatbestände des BDSG gedeckt war.
  • Verletzung des Persönlichkeitsrechts: Die Videoüberwachung beeinträchtigte das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mieter in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung und ihr Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung. Die heimliche und umfassende Überwachung der Wohnungseingangsbereiche stellte einen schwerwiegenden Eingriff in die Privatsphäre der Mieter dar.
  • Verwertungsverbot: Die im Zivilprozess geltenden Grundsätze des Beibringungsgrundsatzes und der Parteienmaxime führen dazu, dass rechtswidrig erlangte Beweismittel nicht verwertet werden dürfen. Dies gilt auch für Erkenntnisse aus einer unzulässigen Videoüberwachung. Die Verwertung derartiger Erkenntnisse würde die Verletzung der Grundrechte der Betroffenen perpetuieren.

Heimliche Videoüberwachung durch Vermieter

  • Interessenabwägung: Der BGH stellte fest, dass das Interesse des Klägers an der Durchsetzung seiner zivilrechtlichen Ansprüche und das Interesse an einer funktionierenden Zivilrechtspflege hinter den Persönlichkeitsrechten der Mieter zurücktreten müssen. Der Kläger hatte mildere Mittel zur Verfügung, um den Verdacht der Untervermietung aufzuklären, wie z.B. die Befragung von Nachbarn oder Scheinanmietungen.
  • Kein Anspruch auf Geldentschädigung: Die Mieter hatten keinen Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung wegen Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts. Zwar war die Beeinträchtigung ihrer Privatsphäre erheblich, jedoch handelte der Kläger nicht mit Vorsatz und die Beeinträchtigung traf die Mieter nicht im Kern ihrer Persönlichkeit.

Fazit:

Das Urteil des BGH stärkt den Schutz der Privatsphäre von Mietern.

Vermieter dürfen nicht heimlich Videoüberwachungen durchführen, um den Verdacht von Vertragsverletzungen aufzuklären.

Die Gerichte dürfen rechtswidrig erlangte Erkenntnisse nicht verwerten.

Zusätzliche Anmerkungen:

  • Das Urteil befasst sich auch mit der Frage, ob ein Sachvortragsverwertungsverbot im Zivilprozess gilt. Diese Frage ließ der BGH jedoch offen, da sie im konkreten Fall nicht relevant war.
  • Der BGH betont die Bedeutung der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) für die Beurteilung der Zulässigkeit von Videoüberwachungen und die Verwertbarkeit der daraus gewonnenen Erkenntnisse.
  • Das Urteil verdeutlicht, dass auch im Zivilprozess die Grundrechte der Betroffenen zu beachten sind und die Gerichte bei der Entscheidungsfindung an diese gebunden sind.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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