Herausgabe von Schmiergeldern – Vertragspflichtverletzung – BAG 8 AZR 171/19

August 2, 2021

Herausgabe von Schmiergeldern – Vertragspflichtverletzung – BAG 8 AZR 171/19

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Hintergrund und Kontext:
Die Klägerin, eine Muttergesellschaft eines großen deutschen Automobilzulieferers, erhob Ansprüche gegen ihren ehemaligen Mitarbeiter, den Beklagten.

Es geht um die Herausgabe von Schmiergeldern und Schadensersatzansprüche aus eigenem und abgetretenem Recht.

Zudem erhob der Beklagte eine Widerklage wegen eines angeblich ungerechtfertigten Arresturteils.

Sachverhalt:
Der Beklagte war als Senior Purchaser bei der Klägerin angestellt und verantwortete den Einkauf von Ruß.

Er verhandelte und schloss Rahmenverträge mit Zulieferern, darunter auch polnische M-Gesellschaften, die durch Schmiergelder beeinflusst worden sein sollen.

Die Klägerin warf dem Beklagten vor, er habe über die Gesellschaften R/Jersey und R/Zypern Beratungsverträge mit den M-Gesellschaften abgeschlossen und dafür Schmiergelder in Höhe von mindestens 9.513.114,61 Euro erhalten.

Herausgabe von Schmiergeldern – Vertragspflichtverletzung – BAG 8 AZR 171/19

Juristische Aspekte:

Herausgabeanspruch und Schadensersatz:

Die Klägerin verlangte die Herausgabe der Schmiergelder gemäß § 687 Abs. 2, § 667 Alt. 2 BGB und Schadensersatz aufgrund von Vertragsverletzungen und unerlaubten Handlungen (§ 280 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 299 Abs. 1 StGB, § 826 BGB).

Abtretung von Ansprüchen:

Die Klägerin machte zusätzlich Ansprüche aus abgetretenem Recht anderer Konzerngesellschaften geltend.

Verfallklausel im Arbeitsvertrag:

Der Beklagte berief sich auf eine Ausschlussfrist im Arbeitsvertrag, die eine Geltendmachung von Ansprüchen innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit vorschrieb.
Prozessverlauf:

Erste Instanz:

Das Arbeitsgericht gab der Klage statt.

Herausgabe von Schmiergeldern – Vertragspflichtverletzung – BAG 8 AZR 171/19

Berufung:

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen hob das Urteil auf und wies die Klage ab, gab jedoch der Widerklage statt.

Revision:

Der Bundesarbeitsgericht (BAG) hob das Urteil des Landesarbeitsgerichts auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung zurück.

Entscheidungsgründe des BAG:

Zulässigkeit und Bestimmtheit der Klage:

Die Klage war hinreichend bestimmt und die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben.

Ausschlussklausel und Verfall von Ansprüchen:

Die Ausschlussklausel im Arbeitsvertrag war unwirksam, da sie auch Ansprüche wegen vorsätzlicher Vertragsverletzungen und unerlaubter Handlungen erfasste, was gegen § 202 Abs. 1 BGB verstößt.

Die Klägerin muss die unwirksame Klausel nicht gegen sich gelten lassen.

Schadensdarlegung und -schätzung:

Das Landesarbeitsgericht hätte eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO vornehmen können, ohne detaillierte Angaben über die einzelnen Rußlieferungen der Konzerngesellschaften zu verlangen.

Herausgabe von Schmiergeldern – Vertragspflichtverletzung – BAG 8 AZR 171/19

Widerklage:

Die Widerklage durfte nicht mit der Begründung stattgegeben werden, dass die Anordnung des Arrests ungerechtfertigt war, da die Ansprüche der Klägerin nicht verfallen waren und Schadenersatzansprüche weiterhin bestehen könnten.

Weitere Hinweise des BAG:

Bei der Prüfung des Herausgabeanspruchs wegen Geschäftsanmaßung (§ 687 Abs. 2, § 667 Alt. 2 BGB) und Schadensersatzansprüchen aus eigenem Recht (§ 280 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 299 Abs. 1 StGB, § 826 BGB) ist das Landesarbeitsgericht aufgefordert, den Sachverhalt umfassend zu würdigen.

Im Hinblick auf eine mögliche teilweise Erledigungserklärung des Rechtsstreits wegen eines Vergleichs mit einer der Beteiligten (L) ist das Landesarbeitsgericht angewiesen, die Kostenentscheidung nach § 91a ZPO zu treffen.

Zusammenfassung:

Der Fall BAG 8 AZR 171/19 dreht sich um komplexe arbeitsrechtliche und zivilrechtliche Fragen, insbesondere um die Wirksamkeit von Ausschlussklauseln, die internationale Zuständigkeit, die Darlegung und Schätzung von Schäden sowie um die rechtliche Bewertung von Schmiergeldzahlungen und daraus resultierenden Ansprüchen.

Das BAG entschied, dass die Ausschlussklausel unwirksam sei und dass das Landesarbeitsgericht den Sachverhalt erneut prüfen müsse, insbesondere hinsichtlich der Schadensschätzung und der Wirksamkeit der Abtretungen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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