Herausgabevermächtnisse in der Vermögensnachfolge

Herausgabevermächtnisse in der Vermögensnachfolge

Zusammenfassung des Aufsatzes von Becker

„Erbschaft- und grunderwerbsteuerliche Chancen und Risiken von Herausgabevermächtnissen in der Gestaltung der Vermögensnachfolge“

ZEV 2024, 205

RA und Notar Krau

Herausgabevermächtnisse stellen ein komplexes, aber äußerst nützliches Instrument in der Nachfolgeplanung dar.

Sie bieten Gestaltungsmöglichkeiten, die weit über die herkömmlichen Vermächtnisse hinausgehen und sowohl erbschaft- als auch grunderwerbsteuerliche Vorteile bieten können.

Grundlagen und Funktionsweise

Ein Herausgabevermächtnis verpflichtet den Erben, einen bestimmten Gegenstand an einen Dritten herauszugeben.

Herausgabevermächtnisse in der Vermögensnachfolge

Dies ermöglicht eine zeitlich gestreckte Vermögensübertragung, bei der der Erbe zunächst den Gegenstand erhält, ihn aber zu einem späteren Zeitpunkt an den Vermächtnisnehmer herausgeben muss.

Steuerliche Besonderheiten

Die steuerliche Behandlung von Herausgabevermächtnissen ist eng mit der Nacherbfolge verknüpft, da beide Konstrukte eine zweistufige Vermögensübertragung vorsehen.

Dabei ist entscheidend, ob das Herausgabevermächtnis beim Tod des Beschwerten fällig wird, da in diesem Fall die Regelungen

zur Nacherbfolge analog angewendet werden und es zu einer Doppelbesteuerung kommen kann.

Chancen von Herausgabevermächtnissen

• Steuerstundung: Durch die zeitliche Streckung der Vermögensübertragung kann die Steuerbelastung für den Vermächtnisnehmer reduziert werden, da der Steuerentstehungszeitpunkt hinausgeschoben wird.
• Flexibilität: Herausgabevermächtnisse ermöglichen eine flexible Gestaltung der Vermögensnachfolge, da der Erblasser den Zeitpunkt und die Bedingungen für die Herausgabe des Gegenstandes festlegen kann.
• Vermeidung von Doppelbesteuerung: Bei richtiger Gestaltung kann die Doppelbesteuerung, die bei Nacherbfolge und beim Tod des Beschwerten fälligen Vermächtnissen droht, vermieden werden.

Herausgabevermächtnisse in der Vermögensnachfolge

• Sicherung des postmortalen Freibetrags: Durch die zeitliche Streckung des Erwerbs kann der Vermächtnisnehmer den persönlichen Freibetrag mehrfach nutzen.
• Steuerung der Progressionsstufen: Die zeitliche Streckung des Erwerbs kann auch dazu genutzt werden, die Steuerprogression zu steuern und so die Steuerbelastung zu reduzieren.
• Vermeidung der Nachversteuerung bei Nutzungsaufgabe des Familienheims: Durch ein Herausgabevermächtnis kann verhindert werden, dass bei Nutzungsaufgabe des Familienheims die Steuerbefreiung rückwirkend entfällt.
• Herausgabevermächtnis als Steuerklausel: Herausgabevermächtnisse können als Steuerklauseln eingesetzt werden, um auf veränderte steuerliche Rahmenbedingungen zu reagieren.
• Nießbrauchsähnliche Besteuerung: Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine nießbrauchsähnliche Besteuerung erreicht werden, die die Steuerbelastung reduziert.
• Grunderwerbsteuerbefreiung: Die Herausgabe von Grundbesitz im Rahmen eines Herausgabevermächtnisses ist grunderwerbsteuerfrei.

Risiken von Herausgabevermächtnissen

• Doppelbesteuerung: Bei fehlerhafter Gestaltung, insbesondere wenn das Herausgabevermächtnis beim Tod des Beschwerten fällig wird, kann es zu einer Doppelbesteuerung kommen.

Herausgabevermächtnisse in der Vermögensnachfolge

• Nichtanerkennung der Gestaltung: Die Finanzverwaltung kann die Gestaltung als missbräuchlich ansehen und die steuerlichen Vorteile versagen.
• Stichtagsdivergenzen: Es kann zu Stichtagsdivergenzen zwischen Erben und Vermächtnisnehmern kommen, die zu steuerlichen Nachteilen führen können.
• Schuldübernahme: Bei Schuldübernahme durch den Vermächtnisnehmer ist zu prüfen, ob ein wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne des § 10 Abs. 6 ErbStG besteht und ob die Schuldübernahme nachsteuerschädlich ist.

Gestaltungsmöglichkeiten im Detail

• Supervermächtnis: Das Supervermächtnis ist ein Herausgabevermächtnis, bei dem die Fälligkeit des Vermächtnisses an einen Zeitpunkt geknüpft ist, der vor dem Tod des Beschwerten liegt. Dadurch kann die Doppelbesteuerung vermieden werden.
• Veränderung des Anfallszeitpunkts: Durch die Veränderung des Anfallszeitpunkts kann die Anwendung des § 14 ErbStG vermieden werden, der eine Zusammenrechnung von Erwerben innerhalb von zehn Jahren vorsieht.
• Veränderung des Fälligkeitszeitpunkts: Durch die Wahl eines späten Fälligkeitszeitpunkts kann die Steuerbelastung für den Vermächtnisnehmer reduziert werden.
• Rollentausch von Erst- und Endbedachten: Durch den Rollentausch von Erst- und Endbedachten können steuerliche Vorteile erzielt werden, insbesondere im Zusammenhang mit der Steuerbefreiung für das Familienheim.
• Alternative zu Pflichtteilsansprüchen: Herausgabevermächtnisse können als Alternative zu Pflichtteilsansprüchen eingesetzt werden, um die Steuerbelastung zu reduzieren.
• Besondere Herausgabegegenstände: Herausgabevermächtnisse können für besondere Herausgabegegenstände wie das Familienheim oder Betriebsvermögen eingesetzt werden, um steuerliche Vorteile zu erzielen.

Herausgabevermächtnisse in der Vermögensnachfolge

Fazit

Herausgabevermächtnisse bieten ein breites Spektrum an Gestaltungsmöglichkeiten in der Vermögensnachfolge.

Bei richtiger Gestaltung können sie zu erheblichen steuerlichen Vorteilen führen.

Allerdings ist die Materie komplex und es bestehen auch Risiken, die bei der Gestaltung berücksichtigt werden müssen.

Eine sorgfältige Planung und Beratung durch einen erfahrenen Steuerberater sind daher unerlässlich.