Höchstpersönliche Ansprüche und Rechte bei lebzeitigen Vermögenszuwendungen
Artikel von Notar Sebastian Herrler, NJW 2025, 1235
Lebzeitige Vermögensübertragungen größeren Umfangs sind selten bedingungslos.
Neben Pflichtteilsanrechnungen und gelegentlichen Gegenleistungen behalten sich Übergeber oft Nutzungsrechte vor und
verbinden damit Wohlverhaltenserwartungen, den Ausschluss des Zugriffs Dritter und steuerliche Ziele.
Die gesetzlichen Rückforderungsrechte (§§ 528 ff. BGB) greifen hier nur begrenzt.
Insbesondere die Anforderungen an groben Undank (§ 530 I BGB) sind hoch und streitanfällig.
Das Gesetz schützt weder vor Gläubigerzugriff noch bei Nichterreichen steuerlicher Ziele.
Daher empfiehlt sich die Erörterung weitergehender vertraglicher Rückforderungsrechte.
Eine generelle Amtspflicht dazu besteht nicht (§ 17 I BeurkG), bei ehebedingten Zuwendungen wird eine Belehrungspflicht über Rückforderungsklauseln im Scheidungsfall aber tendenziell befürwortet.
Verzichten die Parteien auf weitergehende Rechte, sollte dies beweiskräftig dokumentiert werden.
Die Ausgestaltung der Rückforderbarkeit kann zweistufig erfolgen.
Eine auflösend bedingte Schenkung oder eine aufschiebend bedingte Rückübertragung sind denkbar, bei Immobilien bedarf es jedoch stets der Rückauflassung (§ 925 II BGB).
Oft entspricht ein automatischer Rückübertragungsanspruch nicht den Interessen, da dem Schenker keine einzelfallbezogene Beurteilungsmöglichkeit bleibt und der Anspruch zur Unzeit entstehen kann.
Zuerst wird ein Rückforderungsrecht für bestimmte Umstände begründet, der Rückübertragungsanspruch entsteht erst durch frist- und formgerechte Ausübung dieses Rechts.
Ein höchstpersönliches Rückforderungsrecht kann nicht durch Vertreter ausgeübt werden, während die Höchstpersönlichkeit des Rückforderungsanspruchs,
wie im aktuellen BGH-Urteil behandelt, etwas anderes ist.
Im besagten Fall übertrugen Eltern ihrem Sohn ein Zweifamilienhaus unter anderem mit der Klausel, dass der überlebende Elternteil den Vertragsbesitz unentgeltlich zurückfordern kann, falls der Sohn vor ihnen verstirbt.
Der Anspruch sollte höchstpersönlicher Natur und nur bei Lebzeiten geltend gemacht übertragbar und vererblich sein.
Nach dem Tod des Sohnes forderte eine Anwältin im Namen der Eltern die Schwiegertochter zur Rückauflassung auf.
Die Klage wurde von den Vorinstanzen abgewiesen, da der Rückübereignungsanspruch nicht fristgerecht höchstpersönlich geltend gemacht worden sei.
Die Vertretung durch die Anwältin sei aufgrund der Höchstpersönlichkeit des Anspruchs rechtsgeschäftlich ausgeschlossen.
Der BGH widersprach dieser Ansicht und verwies die Sache zurück.
Die Höchstpersönlichkeit des Rückübertragungsanspruchs schließe die Stellvertretung bei der Geltendmachung regelmäßig nicht aus.
Ein Vertretungsausschluss könne zwar gesetzlich oder vertraglich vereinbart werden (gewillkürte Höchstpersönlichkeit), sei hier aber eine Auslegungsfrage.
Das OLG habe nicht ausreichend zwischen höchstpersönlichen Ansprüchen und höchstpersönlichen Willenserklärungen unterschieden.
Bei höchstpersönlichen Rechtsgeschäften oder Willenserklärungen ist Stellvertretung ausgeschlossen, während ein höchstpersönlicher Anspruch nicht abtretbar sein muss (§ 399 BGB).
Die fehlende Abtretbarkeit schließt aber nicht automatisch die Geltendmachung durch einen Bevollmächtigten aus,
wie bei Unterlassungsansprüchen im Persönlichkeits- und Urheberrecht anerkannt ist.
Entscheidend sei, dass kein Optionsmodell vereinbart wurde, bei dem der Rückübertragungsanspruch erst durch Ausübung eines Gestaltungsrechts entsteht.
Hier wurde ein einfach bedingter Rückübereignungsanspruch eingeräumt.
Ein Ausschluss der Stellvertretung bei der Geltendmachung wäre zwar möglich, hätte aber einer unmissverständlichen Regelung bedurft.
Wortlaut, Systematik und Interessenlage deuteten hier nicht auf einen solchen Ausschluss hin.
Das Interesse des Erwerbers an einer persönlichen Entscheidung der Veräußerer werde durch den Ausschluss der Abtretbarkeit und Vererblichkeit weitgehend gewahrt.
Durch einen rechtsgeschäftlichen Vertreter bleibe die Entscheidung beim Veräußerer.
Die Frage einer möglichen Interessenkollision bei einer bestehenden Generalvollmacht wurde offengelassen.
Der BGH betonte das anerkennenswerte Interesse älterer Veräußerer, sich bei der Rückforderung vertreten lassen zu können.
Die BGH-Entscheidung überzeugt und illustriert die Vorteile des zweistufigen Optionsmodells.
Hier ist der Rückforderungsanspruch doppelt aufschiebend bedingt: durch ein äußeres Ereignis und durch die Geltendmachung des Rückforderungsrechts.
Die Höchstpersönlichkeit bezieht sich hier auf die Geltendmachung, der aktivierte Rückübertragungsanspruch ist in der Regel übertragbar und vererblich.
Ein Verzicht auf den Rückforderungsanspruch vor dessen Ausübung stellt keine Schenkung dar (§ 517 Var. 2 BGB).
Bei der Gestaltung sollte über den rückforderungsberechtigten Personenkreis nachgedacht werden.
Oft ist die Geltendmachung unbeschränkt möglich, manchmal auf den Veräußerer beschränkt.
Sinnvoll ist es aber, die Umsetzung der Rückforderungsentscheidung durch einen Bevollmächtigten, insbesondere einen Anwalt, zu ermöglichen.
Die Einbeziehung gewillkürter Vertreter hängt von den Familienverhältnissen ab.
Dem Ehegatten sollte die Ausübung grundsätzlich gestattet sein, es sei denn, die Ehegatten leben getrennt.
Bei Generalvollmachten, insbesondere an Erwerber nahestehende Personen, können Interessenkonflikte entstehen.
Bei Zwangsvollstreckung und Insolvenz sollte Stellvertretung uneingeschränkt möglich sein.
Um die Rückübertragung nach dem Tod des Übergebers zu erleichtern, sollte eine postmortale Vollmacht im Überlassungsvertrag aufgenommen werden.
Diese berechtigt den Übergeber, die Rückauflassung in Vertretung der Erben vorzunehmen.
Dies entbindet aber nicht von der form- und fristgerechten Ausübung des Rückforderungsrechts gegenüber dem Erben.
Die Bestellung eines Empfangsbevollmächtigten für das Rückforderungsverlangen kann Schwierigkeiten vermeiden.
Bei Überlassungen durch Ehegatten oder von Miteigentumsanteilen kann dem längerlebenden Ehegatten ein eigenes Forderungsrecht für den fremden Schenkungsgegenstand eingeräumt werden.
Entsprechende Regelungen können auch für andere Personen getroffen werden.
Die Pfändbarkeit höchstpersönlicher Rückforderungsrechte war nicht Gegenstand der Entscheidung.
Die herrschende Meinung bejaht bei ehe- und familienbezogenen Gründen Pfändungsbeschränkungen analog § 852 I, II ZPO.
Bei Rückforderungsrechten für Vollstreckungszugriff oder Insolvenz ist dies unklar.
Eine grundsätzlich höchstpersönliche Ausgestaltung empfiehlt sich oft, schließt aber nicht jede Mitwirkung Dritter aus.
Zusammenfassend empfiehlt es sich bei lebzeitigen Immobilienübertragungen, über die gesetzlichen Rechte hinauszugehende Rückforderungsrechte zu vereinbaren,
idealerweise in einem zweistufigen Optionsmodell.
Die Höchstpersönlichkeit des Rückforderungsrechts sollte präzisiert werden, um lediglich den gesetzlichen Vertreter und gegebenenfalls
den Generalbevollmächtigten (mit Ausnahme des getrennt lebenden Ehegatten) auszuschließen, während ansonsten Stellvertretung zulässig sein sollte.
Bei Zwangsvollstreckung und Insolvenz sollte uneingeschränkte Stellvertretung möglich sein.
Die Einräumung eigener Forderungsrechte für weitere Personen ist ebenfalls in bestimmten Konstellationen sinnvoll.