Immaterieller Schadensersatz bei voreiliger Schufa-Einmeldung
Gerne fasse ich das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 13. Mai 2025 (VI ZR 67/23) zum immateriellen Schadensersatz bei einer voreiligen Schufa-Einmeldung zusammen.
Der BGH hat entschieden, dass eine Person, deren personenbezogene Daten (wie eine titulierte Forderung) rechtswidrig und voreilig an die Schufa gemeldet wurden, Anspruch auf immateriellen Schadensersatz nach Art. 82 Abs. 1 der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) haben kann.
Das Gericht stellte klar, dass an die Darlegung eines solchen immateriellen Schadens keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen und dass bereits konkrete negative Folgen für den Betroffenen ausreichen können.
Ein Inkassounternehmen meldete eine gegen den Kläger titulierte (gerichtlich festgestellte) Forderung eines Stromlieferanten am selben Tag des Vollstreckungsbescheids an die Schufa.
Der Kläger sah die Meldung als rechtswidrig an, da das Inkassounternehmen nicht die Einspruchsfrist gegen den Vollstreckungsbescheid abgewartet hatte. Eine solche voreilige Meldung verstößt gegen datenschutzrechtliche Grundsätze, da dem Schuldner eine angemessene Frist zur Begleichung oder zum Einspruch zusteht.
Der daraus resultierende Negativeintrag bei der Schufa führte beim Kläger zu massiven Konsequenzen, die er als immateriellen Schaden geltend machte (u.a. Kündigung von Kreditkarten, Androhung der Kündigung der gesamten Geschäftsbeziehung durch seine Bank, drohendes Scheitern einer Immobilienfinanzierung).
Das Berufungsgericht (OLG Koblenz) hatte die Klage abgewiesen, weil es der Meinung war, der Kläger habe den Eintritt eines tatsächlichen immateriellen Schadens nicht ausreichend dargelegt. Es meinte, die bloße Gefahr eines Schadens oder Unannehmlichkeiten reichten nicht aus.
Der BGH hob das Urteil des OLG Koblenz auf und verwies den Fall zur erneuten Prüfung zurück. Er stellte dazu fest:
Autonome Auslegung: Der Begriff des „immateriellen Schadens“ muss eigenständig nach EU-Recht und nicht nach nationalen Vorschriften ausgelegt werden.
Es gibt keine Mindestgrenze oder Erheblichkeitsschwelle für den Schaden. Ein bloßer Verstoß gegen die DS-GVO reicht zwar nicht, aber jeder tatsächliche Schaden, der durch den Verstoß verursacht wurde, ist ersatzfähig.
Der Begriff ist weit auszulegen, um den Zielen der DS-GVO gerecht zu werden. Auch ein „Verlust der Kontrolle“ über die eigenen Daten kann ein Schaden sein.
Das OLG hatte überzogene Anforderungen an die Darlegung gestellt. Der Kläger hat mit dem Hinweis auf die Kündigung von Kreditkartenverträgen, auf die er beruflich angewiesen war, und die Androhung der Kündigung der gesamten Geschäftsbeziehung durch seine Bank, konkrete negative Auswirkungen benannt.
Diese konkreten Folgen manifestieren eine Beeinträchtigung der Kreditwürdigkeit und damit des wirtschaftlichen guten Rufs des Klägers, was bereits den Eintritt eines immateriellen Schadens gemäß Art. 82 Abs. 1 DS-GVO darlegt.
Die Tatsache, dass der Kläger die ursprüngliche Forderung erst nach deren Titulierung beglichen hat (was zum Vollstreckungsbescheid führte), ist für die Frage, ob ihm durch die rechtswidrige Voreiligkeit der Meldung ein immaterieller Schaden entstanden ist, irrelevant.
Dieses BGH-Urteil ist wichtig, weil es die Hürden für den Anspruch auf immateriellen Schadensersatz bei fehlerhaften Schufa-Meldungen senkt.
Betroffene müssen nicht mehr eine Vielzahl von extrem schwerwiegenden, final eingetretenen Nachteilen nachweisen. Es reicht aus, wenn sie konkrete negative Folgen (wie Kündigung von Kreditkarten, Ablehnung von Krediten, erhebliche Bemühungen zur Schadensbegrenzung) aufgrund der fehlerhaften Datenverarbeitung nachweisen können, die ihren guten Ruf oder ihre finanzielle Dispositionsfreiheit beeinträchtigt haben.
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