Insolvenzanfechtung Gläubigerkenntnis bei Zahlungseinstellung des Schuldners
OLG Frankfurt am M 16 U 176/15
Urt. v. 06.04.2016,
Bewertung eigener Erklärungen des Schuldners, nicht zahlen zu können
vorgehend: LG Hanau – 17.07.2015 – AZ: 9 O 1281/14
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG Frankfurt) hatte in diesem Fall über die Klage eines Insolvenzverwalters gegen einen Gläubiger der insolventen Firma zu entscheiden.
Der Insolvenzverwalter focht Zahlungen an, die die insolvente Firma (nachfolgend „Insolvenzschuldnerin“)
in den Monaten vor der Insolvenzeröffnung an den Gläubiger geleistet hatte.
Die Insolvenzschuldnerin hatte sich im Juli 2009 gegenüber dem Gläubiger schriftlich zur Zahlung
ihrer Schulden in Höhe von 34.303,- € verpflichtet, jedoch gleichzeitig mitgeteilt, dass sie
„aufgrund der momentanen Geschäftssituation/Wirtschaftslage“
den Betrag „zur Zeit nicht anweisen“ könne.
Daraufhin wurde eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen, die die Insolvenzschuldnerin jedoch nicht einhielt.
Nach Androhung gerichtlicher Schritte durch den Gläubiger leistete die Insolvenzschuldnerin in den Folgemonaten mehrere Zahlungen,
bis sie im August 2010 den gesamten Betrag beglichen hatte.
Im Dezember 2011 wurde über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet.
Der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt.
Er focht die an den Gläubiger geleisteten Zahlungen an und verlangte deren Rückzahlung.
Das Landgericht Hanau wies die Klage ab, da es keinen Benachteiligungsvorsatz der Insolvenzschuldnerin erkennen konnte.
Gegen dieses Urteil legte der Insolvenzverwalter Berufung beim OLG Frankfurt ein.
Entscheidung des OLG Frankfurt:
Das OLG Frankfurt hob das Urteil des Landgerichts auf und verurteilte den Gläubiger zur Rückzahlung der erhaltenen Zahlungen an den Insolvenzverwalter.
Begründung:
Das OLG Frankfurt stellte fest, dass die Zahlungen der Insolvenzschuldnerin an den Gläubiger eine objektive Gläubigerbenachteiligung darstellten,
da andere Gläubiger der Insolvenzschuldnerin aufgrund der Insolvenz nicht befriedigt werden konnten.
Entscheidend für die Anfechtbarkeit der Zahlungen war die Frage, ob die Insolvenzschuldnerin bei Leistung der Zahlungen mit Benachteiligungsvorsatz handelte.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) handelt ein Schuldner in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz, wenn er zahlungsunfähig ist und dies weiß.
Dies gilt insbesondere dann, wenn der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit gegenüber dem Gläubiger eingeräumt hat.
Das OLG Frankfurt sah in der schriftlichen Erklärung der Insolvenzschuldnerin vom 30. Juli 2009, „zur Zeit nicht“ zahlen zu können, ein eindeutiges Indiz für ihre Zahlungsunfähigkeit.
Diese Erklärung habe dem Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin offenbart.
Darüber hinaus wertete das OLG Frankfurt weitere Umstände als Indizien für die Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin:
Das OLG Frankfurt kam zu dem Schluss, dass die Insolvenzschuldnerin bereits im Juli 2009 zahlungsunfähig war und dies auch wusste.
Da sie ihre Zahlungsunfähigkeit dem Gläubiger mitgeteilt hatte, handelte sie bei den späteren Zahlungen mit Benachteiligungsvorsatz.
Die Zahlungen waren daher anfechtbar und der Gläubiger musste die erhaltenen Beträge an den Insolvenzverwalter zurückzahlen.
Fazit:
Das Urteil des OLG Frankfurt verdeutlicht die strengen Anforderungen der Insolvenzordnung an die Anfechtbarkeit von Zahlungen, die ein Schuldner in der Krise leistet.
Erklärt ein Schuldner gegenüber einem Gläubiger seine Zahlungsunfähigkeit, so weiß dieser in der Regel, dass er durch die Annahme von Zahlungen andere Gläubiger benachteiligt.
In einem solchen Fall muss der Gläubiger die erhaltenen Zahlungen im Falle einer späteren Insolvenz des Schuldners zurückzahlen.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.