BAG 6 AZR 451/12

April 3, 2020

Insolvenzanfechtung – inkongruente Deckung bei Erfüllung unter dem Druck der Zwangsvollstreckung – BAG Urteil vom 3.7.2014 – 6 AZR 451/12

Zusammenfassung RA und Notar Krau


Tenor:

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 22. März 2012 wird teilweise aufgehoben.


Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.640,06 Euro nebst Zinsen seit dem 1. Mai 2007 zu zahlen.

Die restliche Klage wird abgewiesen.


Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 18% vom Kläger und zu 82% vom Beklagten getragen.


Tatbestand:


Der Kläger ist Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der S GmbH (Schuldnerin).

Der Beklagte war bis Oktober 2006 als Maler bei der Schuldnerin beschäftigt.

Die Schuldnerin zahlte in den letzten drei Monaten vor dem Insolvenzantrag insgesamt 4.440,06 Euro an den Beklagten, darunter Vollstreckungskosten und Arbeitsentgelt.

Der Kläger focht diese Zahlungen nach den §§ 129 Abs. 1, 131 Abs. 1 InsO an und forderte die Beträge zurück.

Insolvenzanfechtung – inkongruente Deckung bei Erfüllung unter dem Druck der Zwangsvollstreckung – BAG Urteil vom 3.7.2014 – 6 AZR 451/12

Klage:


Der Kläger vertrat die Auffassung, dass die gezahlten Beträge nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 InsO zurückzugewähren seien.

Tarifliche Ausschlussfristen seien auf Ansprüche des Insolvenzverwalters nicht anzuwenden.

Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und argumentierte, dass tarifliche Ausschlussfristen auch für Ansprüche aus gesetzlichen Schuldverhältnissen gelten würden.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Klägers hatte überwiegend Erfolg:

Zulässigkeit der Klage:


Die Klage war zulässig und hinreichend bestimmt nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Begründetheit der Klage:


Die Klage war teilweise begründet, da die Rückgewähransprüche für Zahlungen vom 27. November 2006, 5. Januar 2007 und 29. Januar 2007 bestanden.

Anfechtungsgegner:


Der Beklagte war der Anfechtungsgegner, da die Zahlungen an ihn oder durch seine Beauftragten geleistet wurden.

Insolvenzanfechtung – inkongruente Deckung bei Erfüllung unter dem Druck der Zwangsvollstreckung – BAG Urteil vom 3.7.2014 – 6 AZR 451/12

Inkongruente Deckung:


Die Zahlungen vom 27. November 2006 und 5. Januar 2007 wurden aufgrund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen geleistet und stellten somit eine inkongruente Deckung dar.

Die Zahlung vom 31. Januar 2007 erfolgte freiwillig und war insolvenzfest.

Tarifliche Ausschlussfristen:


Die Rückgewähransprüche des Klägers unterliegen nicht den tariflichen Ausschlussfristen.

Diese Fristen gelten nicht für gesetzliche Schuldverhältnisse wie die Ansprüche aus der Insolvenzanfechtung.

Verzinsung:


Der Beklagte musste die Rückgewähransprüche seit dem 1. Mai 2007 mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verzinsen.

Kostenentscheidung:


Die Kosten wurden entsprechend dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens auf die Parteien verteilt.

Schlussfolgerung:


Das Bundesarbeitsgericht bestätigte teilweise die Rückforderung der vom Beklagten erhaltenen Beträge durch den Kläger als Insolvenzverwalter

und stellte klar, dass tarifliche Ausschlussfristen nicht auf Rückgewähransprüche aus der Insolvenzanfechtung anzuwenden sind.

Dies gewährleistet, dass der Masse Vermögenswerte zurückgeführt werden, die durch inkongruente Deckung während der „kritischen Zeit“ vor der Insolvenzeröffnung dem Schuldner entzogen wurden.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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